Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee will noch in diesem Jahr einen Klimapass für alle Neufahrzeuge einführen. Ähnlich wie etwa bei Kühlschränken solle dieser Ausweis die Kunden deutlich sichtbar über die Umweltverträglichkeit eines Autos informieren, sagte der SPD-Politiker der "Bild"-Zeitung. Der Klimapass solle Auskunft darüber geben, wie viel klimaschädliches Kohlendioxid ein Fahrzeug ausstoße, und in welchem Verhältnis der Ausstoß zur Nutzlast stehe. Ziel sei mehr Transparenz als Grundlage für vernünftige Kaufentscheidungen.
Bislang sei der CO2-Wert nur als absolute Zahl angegeben, sagte Tiefenseee. Davon könne sich aber niemand ein ausreichendes Bild machen, ob der Wert hoch oder niedrig sei. "Mein Ziel ist es, dass die Verbraucher noch in diesem Jahr diese nützliche Informationen beim Autokauf erhalten."
"Deutschland muss mitziehen"
Ob dieses Vorhaben allein ausreicht, den Ausstoß von CO2 zu reduzieren ist fraglich. Und auch das Selbstbild der Deutschen als umweltfreundliche Nation teilt nicht jeder. Zumindest EU-Umweltkommissar Stavros Dimas hat Deutschland nun zu mehr Engagement für den Klimaschutz aufgefordert. "Die Klimaschutzziele der Europäischen Union können nur dann durchgesetzt werden, wenn mit Deutschland auch die größte Volkswirtschaft Europas mitzieht", sagte er der "Welt".
Deutschland erfülle in wichtigen Bereichen wie den erneuerbaren Energien eine Vorreiterrolle, in anderen Bereichen wie dem Bodenschutz gebe es hingegen Nachholbedarf. Auch die deutsche Autoindustrie könne noch mehr tun. Die Zukunft liege in sparsamen und umweltfreundlichen Autos und nicht in großen Fahrzeugen, die Energie verschwendeten.
Verheerende Schäden früher zu erwarten
Die Vereinten Nationen (UN) hatten jetzt den zweiten Teil ihres Weltklimaberichts vorgestellt und darin vor katastrophalen Folgen der globalen Erwärmung für die unterschiedlichen Weltregionen gewarnt. Der Klimawandel wird demnach auf allen Kontinenten viel früher zu weit verheerenderen Schäden führen als bislang angenommen.
Auch die Grünen kritisieren die Umweltpolitik der großen Koalition scharf. "Es ist ein Skandal erster Ordnung, dass die Regierung immer noch plant, den Klimakiller Braunkohle zu privilegieren", sagte Parteichef Reinhard Bütikofer der "Welt am Sonntag. "Wenn wir alle Kohlekraftwerke bauen, die derzeit geplant sind, werden unsere CO2-Emissionen ansteigen."

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Umweltbundesamt will Strategie entwickeln
Aus Sicht des Umweltbundesamtes müssten nun Konsequenzen aus dem Klimawandel gezogen und eine Anpassungsstrategie entwickeln werden. "Wir sollten den Klimawandel jetzt einplanen", sagte der Präsident der Behörde, Andreas Troge. "Im Küstenschutz haben wir es vorgemacht, nun müssen andere Bereiche folgen, wie Raum- und Stadtplanung, Gesundheitswesen, Naturschutz und Finanzwirtschaft."
Der Grünen-Fraktionschef im Bundestag, Fritz Kuhn, forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel zudem dazu auf, den Klimaschutz auf dem Gipfel der sieben führenden Industrienationen und Russlands zur Chefsache zu machen. Dazu müsse der Druck auf die USA, aber auch auf Russland und China erhöht werden. Die Industrienationen müssten die Entwicklungsländer auch stärker bei der Bewältigung des Klimawandels unterstützen. "Mit Geld und mit modernen Technologien", so Kuhn.
China will sich an Kyoto-Nachfolgeprotokoll beteiligen
China zumindest reagiert bereits auf den UN-Klimabericht: Der weltweit zweitgrößte Luftverschmutzer will sich den Verhandlungen um eine Nachfolgeregelung für das Kyoto-Klimaschutzprotokoll anschließen. Ministerpräsident Wen Jiabao wolle dies am Rande seines Japan-Besuchs bekanntgeben, berichtete eine japanische Zeitung. Im Gegenzug wolle Japan China mit Technologie für erneuerbare Energien unterstützen.
China, das binnen eines Jahres die USA als größten Treibhausgasproduzenten ablösen kann, hat das bis 2012 laufende Kyoto-Protokoll nicht unterzeichnet. Experten fordern allerdings seit langem, große Luftverschmutzer wie China, die USA und Indien mit ins Boot zu holen, um einer Kyoto-Nachfolgeregelung zum Erfolg zu verhelfen.
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) indes setzt sich dafür ein, die Klimaschutzpolitik von Entwicklungsländern finanziell durch das Aufkommen aus dem Emissionshandel zu unterstützen. Er sagte in einem NDR-Interview: "Das sind zum Teil sehr arme Länder. Wenn wir denen sagen 'ihr müsst in erneuerbare Energien investieren', dann sagen die 'wovon eigentlich?'." Gabriel weiter: "Mein Vorschlag ist, dass wir uns beim Emissionshandel in Europa in den kommenden Jahren darauf verständigen, die Versteigerung der Zertifikate in ganz Europa gemeinsam vorzunehmen."
Die großen Stromunternehmen hätten die Emissionsrechte ohnehin schon einkalkuliert und beim Stromkunden abgeholt. "Dann, finde ich, kann man sie auch dort abschöpfen, und das sind wesentliche Mittel, die wir brauchen, um den Entwicklungsländern zu helfen", so der Umweltminister. Damit würde auch gezeigt, dass die Klimaschutzpolitik kein Trick sei, um Wachstum in den Entwicklungsländern zu verhindern.
Australien ficht Bericht nicht an
Australien als einer der größten Umweltsünder im pazifischen Raum zeigt sich vom neuesten Weltklimabericht der Vereinten Nationen unbeeindruckt. Premierminister John Howard sieht in dem Bericht "wenig Neues" und bekräftigte das Nein seiner Regierung zum Kyoto-Protokoll. Nach Darstellung von Umweltminister Malcolm Turnbull sei eine Begrenzung des Schadstoffausstoßes für Australien wenig verständlich, wenn zugleich von Entwicklungsländern wie Indien oder China keine Einschränkung der Emissionen erwartet werde. "Wir können ein globales Problem nicht lösen, wenn die größten Schadstoff-Produzenten der Welt nicht Teil der Lösung sind."