Koalitionsrunde Regierung will Steuersystem vereinfachen

Wem graut es nicht vor der jährlichen Steuererklärung? Die Regierung nimmt einen neuen Anlauf, um das Steuersystem zu vereinfachen. Die Bürger sollen weniger Belege sammeln müssen und dürfen auf höhere Freibeträge hoffen. Für Unternehmen soll ein großer Batzen Bürokratie wegfallen.

Union und FDP wollen Bürger und Unternehmen nach einem Zeitungsbericht durch eine Vereinfachung des Steuerrechts um mehr als 4,5 Milliarden Euro entlasten. Dies gehe aus einer Beschlussempfehlung für das Treffen der Koalitionsspitzen heute in Berlin hervor, die der "Süddeutschen Zeitung" vorliegt. Hauptnutznießer seien demnach die Firmen, deren Bürokratie-Kosten durch den Verzicht der Finanzämter auf eine Vielzahl von Detailregelungen und schriftlichen Belegen um 4 Milliarden Euro sinken sollen. Hinzu kommen dem Bericht zufolge Steuerermäßigungen für Arbeitnehmer in Höhe von 590 Millionen Euro.

Insgesamt umfasse der Katalog der Steuervereinfachungen, den die Koalitionsrunde verabschieden will, 41 Punkte, schreibt das Münchner Blatt weiter. Ein zentraler Gedanke sei, die Zahl der Papierbelege, die die Steuerzahler sammeln und einreichen müssen, spürbar zu reduzieren.

Weniger Zettelwirtschaft, höhere Pauschalbeträge

Laut Beschlussvorschlag sollen viele schriftliche Nachweise komplett wegfallen, andere könnten künftig elektronisch an die Finanzämter übermittelt werden. So entfalle etwa die bekannte Lohnsteuerkarte aus Pappe. Stattdessen könne der Arbeitgeber Mitarbeiterdaten ab 2012 elektronisch abrufen. Zudem würden Dokumentationspflichten für bestimmte Warenlieferungen sowie für Anbieter von Altersvorsorgeprodukten verringert. Betriebsprüfungen sollten "zeitnah" stattfinden.

Anders als die geringeren Bürokratiekosten für die Betriebe schlagen sich die Entlastungen der Bürger dem Zeitungsbericht zufolge in vollem Umfang in der Staatskasse nieder. Sie sollen daher auf 590 Millionen Euro begrenzt werden. Dank der vielen Vereinfachungen werde die Gesamtbelastung der Arbeitnehmer, Familien und Firmen dennoch deutlich verringert, heißt es in der zehnseitigen Beschlussempfehlung.

Kritik von Steuerexperten

Der CDU/CSU-Finanzexperte Leo Dautzenberg sagte der Zeitung, mit dem Paket würden zielgenau gerade die Steuerzahler von unnötiger Steuerbürokratie befreit, "die ihre Steuererklärung noch selbst ausfüllen. Die Steuererklärung wird künftig einfacher, schneller und auch papierloser gehen." Als "besonders wirksam" bezeichnete Dautzenberg die geplante Anhebung des Arbeitnehmerpauschbetrags von 920 auf 1000 Euro pro Jahr, der die Bürger beim Sammeln von Quittungen entlastet, den Staat allerdings 330 Millionen Euro kostet.

Dieser Darstellung widersprach der Neue Verband der Lohnsteuerhilfevereine (NVL). Nach seinen Berechnungen führt die Entscheidung für Millionen Arbeitnehmer weder zu einer Steuerermäßigung noch zu einer Vereinfachung. Im besten Fall profitiere ein Bürger mit drei Euro im Monat.

DPA · Reuters
swd/DPA/Reuters