Na endlich! Auch die Bundesbank will ihre Skandal-Nudel Sarrazin loswerden. Ob es gelingt? Man muss es hoffen. Und selbst wenn er nur unter Mitnahme seiner Amtsbezüge ausgemustert werden kann, so sei es halt. Und vielleicht tut er auch noch seiner SPD den Gefallen und gibt sein Parteibuch ohne monatelanges Gezerre zurück. Dann hielte sich der innenpolitische Schaden, aber auch der internationale Ansehensverlust der Bundesrepublik durch den Genforschungsexperten noch halbwegs in Grenzen. Mit Sarrazins Abgang ist das Problem indes noch lange nicht gelöst.
Es trifft ja zu, wenn Wolfgang Schäuble klagt, dass Sarrazin "verantwortungslosen Unsinn" redet. Doch jenseits der Person Sarrazin existiert ein mindestens ebenso schwerwiegendes Problem: Es ist die Politik, die einen Mann wie ihn in der Institution Bundesbank überhaupt erst möglich macht.
Charakterloser Kuhhandel
Im Fall Sarrazin war es die SPD, die ihn jetzt so gerne als Mitglied wieder loswerden möchte, die ihn in einem charakterlosen Kuhhandel in die Höhen eines Vorstandsmitglieds der Zentralbank bugsiert hat. Nicht weil sie dort einen Mann mit stabilem Rückgrat bei der Verteidigung der Unabhängigkeit der Bundesbank etablieren wollte. Die Berliner SPD und der Regierende Bürgermeister Wowereit suchten ihn loszuwerden, weil er immer wieder in ihren politischen Kurs mit Bemerkungen dazwischen quatschte, auf die Wähler damit abschreckend wirkte. Und weil die Länder Berlin und Brandenburg zum Glück bei der Postenvergabe gerade zuständig waren, schob man ihn auf den 220.000-Euro-Jahresjob zur Bundesbank ab.
Die sechs Vorstandsposten werden immer wieder zu dieser Art Luxusversorgung von den Parteien missbraucht. Das Vorstandsmitglied Rudolf Böhmler drückte die CDU durch, weil sie ihn im Stuttgarter Staatsministerium nicht mehr haben wollte. Berufserfahrung im Bereich internationale Geld- und Währungspolitik: Keine. Der amtierende Bundesbank-Vorstand wollte ihn aus fachlichen Gründen nicht haben – es half nichts, er kam rein.
Auch die FDP "entsorgte" einen Abgeordneten
Die FDP boxte ihren Bundestagsabgeordneten Carl-Ludwig Thiele in den Vorstand. Er hatte der FDP-Fraktion lange als finanzpolitischer Sprecher gedient. Kenntnisse in Sachen Geldpolitik und Finanzaufsicht: Keine, studiert hatte er Jura. Mit dem Amt eines Bundesministers konnte ihm FDP-Chef Westerwelle nicht mehr dienen, also drückte er ihn bei Kanzlerin Merkel für die Bundesbank durch.
Letztlich ist die Bundesbank derartiger politischer Mauschelei hilflos ausgeliefert. Und wer ihr reingedrückt wird, genießt einen Schutz durch die Statuten, dass er selbst bei gröbstem Versagen kaum gefeuert werden kann. Auf diesem Wege schützt man nicht die Unabhängigkeit der Institution sondern das verantwortungslose Fehlverhalten jener Führungspersonen, die auf dem Wege der politischen Postenschieberei dorthin gelangt sind. Eine gesetzliche Neureglung der Besetzung der Vorstandsposten bei der Bundesbank ist überfällig.
Letztlich ist es doch ein Alptraum: Dass die Bundesbank Sarrazin nicht los wird, dass er weiterhin hoch bezahlt von jenem Staat lebt, dessen Integrationspolitik er verächtlich macht und dessen Bürger mit Migrationsintergrund er so perfide schmäht. Und dann noch das Recht auf freie Meinungsäußerung in Anspruch nimmt. Die Unabhängigkeit der Bundesbank ist letztlich nur zu sicher, wenn ihr Vorstand nicht länger auf dem Wege der personellen Kuhhändelei unter zuweilen massiver Beteiligung des Kanzleramts zusammenmanipuliert wird. Das geltende Bundesbankgesetz ist eine Farce. Dass dies der Gen-Fall Sarrazin sichtbar gemacht hat, ist die einzig positive Seite des Skandals Sarrazin.