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CDU fordert Parteiaustritt Der Fall Maaßen dürfte die CDU noch länger beschäftigen

Hans-Georg Maaßen (CDU), ehemaliger Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz
Hans-Georg Maaßen (CDU), ehemaliger Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz
© Patrick Pleul / DPA
Im Fall Hans-Georg Maaßen deutet sich ein zähes Tauziehen an. Die CDU will den früheren Verfassungsschutzchef loswerden – der lässt kaum Zweifel daran, dass er nicht freiwillig gehen wird.

Es sieht nicht danach aus, als könnten die Christdemokraten die Angelegenheit schnell oder einigermaßen geräuschlos abhaken. "Die CDU ist meine Partei", sagte Hans-Georg Maaßen am Dienstagmorgen im Deutschlandfunk, der damit zu Protokoll gab, dass er seine politische Heimat immer noch bei den Konservativen verortet. Seine Partei ist da mittlerweile ganz anderer Meinung – und will ihn lieber früher als später vor die Tür setzen.

Das CDU-Präsidium forderte den früheren Verfassungsschutzpräsidenten einstimmig zum Austritt aus der Partei auf, versehen mit einem Ultimatum: Falls er die Partei bis zum Sonntag, 5. Februar, um 12 Uhr nicht verlasse, solle der Bundesvorstand ein Ausschlussverfahren gegen Maaßen einleiten "und ihm mit sofortiger Wirkung die Mitgliedsrechte entziehen", hieß es am Montag aus dem Konrad-Adenauer-Haus

Maaßen irritiert seit Jahren mit Äußerungen vom rechten Rand, zuletzt mit Aussagen über eine "grün-rote Rassenlehre" oder "eliminatorischen Rassismus gegen Weiße", die den Leidensdruck der CDU nun offenbar überstrapaziert haben. In ihrem Beschluss distanzierte sich die Parteispitze deutlich von Maaßen, der sich immer wieder der Sprache "aus dem Milieu der Antisemiten und Verschwörungsideologen bis hin zu völkischen Ausdrucksweisen" bediene. "Das Maß ist voll", befand CDU-Chef Friedrich Merz. Er wolle sich nicht weiter von "Herrn Maaßen provozieren lassen."

Ob Merz das gelingt, ist fraglich. Maaßen – der 2018 als Chef des Verfassungsschutzes gehen musste, nachdem er rechtsextreme Ausschreitungen in Chemnitz anzweifelte – lässt derzeit nicht erkennen, dass er sein Parteibuch freiwillig aushändigen wird. Damit deutet sich für die CDU ein langwieriges und kompliziertes Parteiausschlussverfahren an, das noch hässlich werden könnte.

Wie bei Sarrazin?  

Die SPD verbrachte viele quälende Jahre damit, den umstrittenen Autor Thilo Sarrazin aus der Partei auszuschließen, der während des mühsamen Verfahrens immer wieder mit Querschüssen in den Fokus der Öffentlichkeit rückte. Auch Maaßen erweckt gerade nicht den Eindruck, als wolle er sich künftig in Zurückhaltung üben: "Das Recht auf Meinungsfreiheit lasse ich mir von niemandem nehmen", ätzte er am Montag bei der "Welt", verteidigte seine Aussagen und räumte dem Verfahren keine Erfolgschancen ein. 

Stattdessen inszeniert er sich als politischer Märtyrer, der seiner Ansicht nach nichts Rassistisches gesagt habe, "sondern das, was viele Menschen im Land denken". Demnach stünden viele einfache Mitglieder sowie Parteifreunde in Südthüringen hinter ihm, sagte er am Dienstag. Er habe nur aus den Medien erfahren, dass er die Partei verlassen solle. Vorwürfe, er würde völkisches Gedankengut verbreiten, wies er unter anderem als "pure Behauptungen" zurück.

Tatsächlich hat Maaßen durchaus Unterstützer. Sein Kreisverband Schmalkalden-Meiningen in Thüringen, der ihn 2021 mit mehreren Kreisverbänden als Direktkandidaten für den Bundestag aufstellte, sieht auch nach den jüngsten Einlassungen keinen Grund für einen Rauswurf, wie der Kreisvorsitzende Ralf Liebauf auf Anfrage von "inSüdthüringen.de" mitteilte. Auch die rechtskonservative "Werteunion", deren Vorsitz Maaßen am Wochenende übernommen hatte, nimmt ihren neuen Chef in Schutz: "Weder die Werteunion noch ihr neuer Bundesvorsitzender Hans-Georg Maaßen lassen sich zum Austritt aus der CDU nötigen; auch nicht durch Ultimaten", hieß es in einer Pressemitteilung von Montag.

Der 2017 gegründete Verein versteht sich als "konservative Basisbewegung" innerhalb der Union und zählt nach eigenen Angaben 4000 Mitglieder, von denen 85 Prozent der CDU/CSU angehörten. Die "Werteunion" zählt allerdings nicht zu den offiziellen Parteigliederungen und ist der Bundespartei zunehmend ein Dorn im Auge. Einst als erzkonservatives Hoffnungsprojekt gestartet – der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) schickte 2018 noch ein Grußwort –, rückte der Verein immer weiter nach rechts. Auch hier scheint nun das Maß voll zu sein.

Friedrich Merz, Hans-Georg Maaßen und der "Kurs der Union"

"Die selbst ernannte 'Werteunion' vertritt bereits seit längerer Zeit Werte, die mit einer Mitgliedschaft in der CDU nicht vereinbar sind", sagte der Vorsitzende der Jungen Union (JU), Johannes Winkel, am Montag zum "Spiegel". Er forderte die Mutterpartei dazu auf, einen Unvereinbarkeitsbeschluss zu verabschieden. Auch die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Karin Prien plädierte am Sonntag dafür, die Mitgliedschaft in der "Werteunion" für unvereinbar mit einer Mitgliedschaft in der CDU zu erklären. Der Verein bewege sich "klar außerhalb der CDU", sagte sie zur "Süddeutschen Zeitung", und maße sich an, "den Diskurs innerhalb der CDU deutlich nach rechts, Richtung AfD, verschieben" zu wollen. Die Wahl Maaßens zum Vorsitzenden sei "nach einer Vielzahl von Entgleisungen nun der letzte Beleg, dass eine Mitgliedschaft in dieser Gruppierung nicht zu christdemokratischen Werten passt". 

Der mögliche Ausschluss von Maaßen einerseits, die offizielle Abgrenzung von der "Werteunion" andererseits: Das bedeutet für die Bundespartei und ihren Vorsitzenden Chance und Risiko zugleich. Merz hatte in der "Bild am Sonntag" versichert, dass man "den Kurs der Union, uns ganz klar nach rechtsaußen abzugrenzen, eisern durchhalten" werde – das könnte man nun beweisen, obendrein in einem Handstreich. Eine Debatte über die Grenzen nach rechts ist allerdings schon jetzt in vollem Gange, die Ab- und Ausgrenzung von Maaßen und seiner "Werteunion" dürfte diese zusätzlich befeuern – und noch für einige Schlagzeilen sorgen. 

Quellen:  Deutschlandfunk, "Tagesschau", "Welt", "Bild am Sonntag", "Der Spiegel", ntv, "inSüdthüringen.de", "Süddeutsche Zeitung"

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