Seine Kritik nimmt nicht ab. Von Neuem hat Wolfgang Kubicki seinem umstrittenen Partei-Chef Guido Westerwelle mangelnde Selbstkritik und Versäumnisse vorgeworfen. Gleichzeitig beteuerte der schleswig-holsteinische Fraktionschef, Westerwelle nicht stürzen zu wollen. "Es geht nicht um einen Putsch", sagte Kubicki der Tageszeitung "Die Welt". Einen Führungsposten in der Bundes-FDP strebe er nicht mehr an, sagte Kubicki: "Meine politische Karriere hat in Schleswig-Holstein ihre Vollendung gefunden." Aber ihn treibe die Sorge um die Partei um. "Einem Liberalen, dem bei dem grassierenden Vertrauensverlust der Bürger in diese Partei nicht schwummrig wird, ist nicht mehr zu helfen."
Er hätte in der Dreikönigsrede Westerwelles "ein wenig von der Selbstkritik erwartet, die unser Generalsekretär Christian Lindner geliefert hat", so Kubicki. Niemand habe "einen zerknirschten Westerwelle erwartet, aber doch einen nachdenklichen". Zu Westerwelles Appell an die Geschlossenheit der FDP sagte das Vorstandsmitglied: "Ich will ihm ja folgen, Geschlossenheit ist wichtig. Aber man muss wissen, wofür man kämpfen soll und in welche Richtung man marschiert."
Allein mit der Beschwörung der Erfolge der FDP in der schwarz-gelben Regierung komme man nicht weiter, sagte Kubicki. "Zu sagen, dass man entgegen der Stimmung in der Bevölkerung das Richtige tut, ist ein Absolutheitsanspruch, der einem Liberalen fremd sein sollte." Stattdessen müsse man einräumen: "Wir haben selbst schlimme Fehler gemacht. Die Menschen erwarten Einsicht und Einkehr."
Der FDP-Bundesspitze bescheinigte Kubicki Defizite in der Außendarstellung. "Alle verlassen sich darauf, dass es Guido Westerwelle schon machen wird, statt selbst in die Bütt zu gehen." Er sei "der festen Überzeugung, dass einige Führungspersönlichkeiten der FDP ihre Funktion in nicht ausreichender Weise wahrgenommen haben".
Dabei bezog sich Kubicki besonders auf die Fraktionsvorsitzende der FDP im Bundestag, Birgit Homburger. "Wenn sich der Außenminister als Kabinettsmitglied zurückhalten muss, dann muss diese Scharte parlamentarisch ausgeglichen werden durch ein wirklich wahrnehmbares Auftreten der Fraktionschefin." Die Fraktionsspitze sei "nicht optimal besetzt."
Auch die Führungsreserve der Partei, zu der Kubicki Gesundheitsminister Philipp Rösler, Generalsekretär Christian Lindner und den NRW-Landesvorsitzenden Daniel Bahr zählt, müsse kurz- oder mittelfristig noch stärkere Führungsverantwortung übernehmen. "Ich würde mir in der Tat wünschen, dass diese Personen sich öffentlich wahrnehmbar noch stärker äußern als bisher." Er fügte mit Blick auf die kommenden Landtagswahlen hinzu: "Wenn wir die Wahlen versenken, haben wir keine Personaldiskussion auf dem nächsten Parteitag, sondern eine Existenzdiskussion."
Kubicki gilt in der FDP seit langem als Querdenker, der mit Kritik am Zustand der Bundespartei immer wieder für Schlagzeilen sorgt. Mit seinen jüngsten Attacken hatte er Mitte Dezember die Debatte über Westerwelles politische Zukunft in Gang gebracht.
Westerwelle selbst sagte am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin" in Richtung seiner Kritiker, die FDP habe nur dann Erfolg "wenn man sich mit den Problemen der Bürger beschäftigt und jegliche Selbstbespiegelung unterlässt". Der bayerische Vize-Ministerpräsident Martin Zeil (FDP) warf Kubicki substanzlose Selbstinszenierung vor. Er sagte dem "Münchner Merkur" (Montag), Kubickis Strategie, diese Debatte öffentlich zu führen, sei selbstzerstörerisch.

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