Kurt Beck "Haben den Bogen arg gespannt"

In der großen Koalition ist eine Einigung über die Gesundheitsreform nicht in Sicht. SPD-Chef Kurt Beck pocht auf die Umsetzung des Reformwerks. In einem Interview sagt der Parteivorsitzende außerdem, die Menschen müssten mehr Zeit bekommen, um Veränderungen zu verarbeiten. Und er nimmt die "Herren Stoiber und Koch" ins Visier.

Der SPD-Vorsitzende Kurt Beck sieht bei den Reformen die Grenze der Zumutbarkeit für die Bürger erreicht. In einem Interview der Tageszeitung "Die Welt" plädierte er dafür, künftig soziale Elemente stärker zu betonen. Zugleich appellierte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident aber an seine Länderkollegen von CDU und CSU, die in der großen Koalition ausgehandelte Gesundheitsreform nicht zu torpedieren. "Ich glaube, dass wir in der Republik erkennen müssen, dass wir den Bogen in der sozialen Frage arg gespannt haben", wird Beck zur Reformpolitik zitiert.

Insbesondere mit Blick auf weitere Arbeitsmarktreformen kündigte der SPD-Chef neue Akzente an: "Da wird noch manches hinzugefügt werden müssen. Wir brauchen so etwas wie einen sozialen Arbeitsmarkt, um die Leute, die wir ansonsten nicht unterbringen können, zu integrieren", sagte er. Ansonsten gebe es gebe Grenzen der Belastbarkeit, die nicht überschritten werden dürften. "Immer mal langsam mit de Leut! Menschen müssen das auch verarbeiten und verkraften können, was an Veränderungen notwendig ist", fügte Beck hinzu. weiter. Wenn die bisher beschlossenen Reformpläne der großen Koalition auf den Weg gebracht sind, ist nach Ansicht des SPD-Vorsitzenden "die Grenze der Zumutbarkeit" erreicht.

"Das ist, weiß Gott, genug"

"Wir wollen das vollenden, was wir uns vorgenommen haben. Das ist, weiß Gott, genug. Und wir können es nur hinkriegen, wenn die Herren Stoiber, Koch und andere uns nicht wieder alles kaputt machen", sagte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident an die Adresse seiner Amtskollegen von der Union. Diese rief er vor allem im Streit über die Gesundheitsreform zur Räson. "Es wird die Aufgabe der Union sein, klarzumachen, ob es gilt, was ausgehandelt worden ist. Wir werden die Eckpunkte nicht aufkündigen lassen, und ich bin der Überzeugung, dass Frau Merkel das nicht anders sieht", sagte Beck.

Zugleich stärkte er Bundespräsident Horst Köhler nach Kritik an dessen Umgang mit Gesetzen der großen Koalition den Rücken. "Es gehört sich nicht, dass man den Bundespräsidenten kritisiert, ob man jetzt mit ihm einer Meinung ist oder nicht", führte Beck weiter aus. Diese Kritik komme neuerdings auch aus der Union und ebenso aus der SPD. "Für meine Partei habe ich das im Übrigen in Ordnung gebracht und dem Bundespräsidenten klargemacht, dass ich hinter einer solchen Kritik nicht stehe", wird Beck weiter zitiert.

"Schwieriger Zeitplan"

Die CSU bekräftigte ihre Bedenken und meldete Zweifel daran an, ob die Reformen wie geplant kommenden April in Kraft treten können. „Es wird sehr schwierig, diesen Zeitplan noch einzuhalten“, sagte der Vorsitzende der CSU-Landtagsfraktion im bayerischen Landtag, Joachim Herrmann, dem „Münchner Merkur“. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) warf er vor, mit Tricks und Täuschungen bei der Reform private Krankenversicherungen beschädigen zu wollen.

Auch der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) hatte bereits vor Weihnachten an seiner Kritik an der Gesundheitsreform festgehalten. Wie Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) und Hessen Ministerpräsident Roland Koch (CDU) kritisierte Oettinger, sein Land könne durch die Reform finanziell schlechter gestellt werden. Gesundheitsministerin Schmidt müsse diesen Verdacht entkräften, sonst werde Baden-Württemberg der Reform im Bundesrat nicht zustimmen. Schmidt will mit einer neuen Untersuchung nachweisen, dass durch die Reform die wohlhabenderen Länder keine Nachteile befürchten müssen.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Mit der Reform soll den ausufernden Kosten im Gesundheitswesen begegnet werden. Zentrales Element ist der Gesundheitsfonds, in den die Kassenbeiträge fließen sollen und aus dem die gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden sollen. Damit soll eine größere Transparenz bei der Finanzierung des Gesundheitswesens erreicht werden. Einbezogen in die Reform sind die privaten Krankenkassen.

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