Nach monatelangen Vorwürfen, sie würde Koalitionsstreitigkeiten nur aussitzen, hat Angela Merkel am Montag in mehreren Punkten die Richtung vorgegeben. So beschloss die Bundeskanzlerin, dass das umstrittene Gesetz zur Mehrwertsteuersenkung für Hoteliers nicht mehr geändert werde. Auch die Zusatzbeiträge für die Krankenkassen werden vorerst nicht auf den Prüfstand gestellt. An die Steuersünder-Datei aus der Schweiz will die CDU-Vorsitzende allerdings unbedingt heran.
Die Mehrwertsteuersenkung für Hoteliers, die seit Januar in Kraft ist, war vor allem in Nordrhein-Westfalen unter Beschuss geraten. Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Andreas Pinkwart forderte eine Rücknahme des Gesetzes, weil es vor allem einen unzumutbaren bürokratischen Mehraufwand bedeute. Dafür erhielt er Rückendeckung von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers von der CDU. Merkel stellte unmissverständlich klar: "An diesem Gesetz wird jetzt nichts geändert." Es habe keinen Sinn, über die einzelnen Elemente des facettenreichen Wachstumsbeschleunigungsgesetzes zu sprechen, das die Mehrwertsteuersenkung für Hoteliers enthält. An die Adressen von Rüttgers und Pinkwart fügte sie hinzu: "Das weiß auch die Regierung von Nordrhein-Westfalen, insbesondere der Ministerpräsident." Merkel zeigte sich lediglich bereit, über "mögliche vernünftige Ausführungsbedingungen zwischen Bund und Ländern" zu reden.
Ihr Vizekanzler, FDP-Chef Guido Westerwelle, stärkte ihr den Rücken, indem er Pinkwarts Haltung als "Einzelmeinung" herabstufte. Auch Westerwelle will lediglich bürokratische Nebenwirkungen abfedern. So müssten die "Nebenleistungen" zur Hotelübernachtung in einem Paket zusammengefasst werden, damit Reisende keine Probleme bei der Abrechnung hätten, sagte er. Für Dienstreisende ergeben sich Schwierigkeiten aus der Tatsache, dass Übernachtung und Frühstück auf der Rechnung wegen des unterschiedlichen Mehrwertsteuersatzes nun getrennt aufgeführt werden.
Auch Zusatzbeiträge unausweichlich
Auch die Kritik an den Zusatzbeiträge für die Krankenkassen ficht Merkel nicht an. Sie ließ verbreiten, dass die Beiträge nun einmal Teil der Gesundheitsreform seien, die die Große Koalition in Kraft gesetzt hat. Die Sprecherin des Gesundheitsministeriums sekundierte, indem sie vor "Aktionismus" warnte. Um eine weitere Reform, mit der mögliche soziale nachteilige Auswirkungen abgefedert werden können, soll sich eine Kommission in den nächsten Monaten kümmern.
In dieser Frage kann Merkel allerdings nicht auf die Rückendeckung ihres Vizekanzlers zählen. Westerwelle forderte die Regierung indirekt auf, die Zusatzbeiträge zurückzunehmen. Wenn die Union zu einer Abschaffung oder Aussetzung der Zusatzbeiträge die Initiative ergreife, "stehen wir für Gespräche zur Verfügung", bot er an. Schließlich wolle er "diese Erblast von Schwarz-Rot nicht verteidigen".
Klartext Nummer drei
Einen klaren Standpunkt vertrat Merkel auch in der Frage der Steuersünder-Datei aus der Schweiz - hier kann sie immerhin auf Erfahrung aus der Großen Koalition zurückgreifen. Bereits der damalige Finanzminister Peer Steinbrück hatte Daten aus Liechtenstein mit ihrer Billigung gekauft. Zu dem neuen Fall sagte sie: Es müsse "alles versucht werden, um an die Daten heranzukommen". Denn natürlich müsse Steuerhinterziehung geahndet werden. Dazu müsse man vor allem Gespräche mit den betroffenen Ländern führen, um den Weg dazu zu ebnen.
Der Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble deutete an, dass der Staat die Datei wahrscheinlich kaufen werde. Die Entscheidung, wie man vorgehe, werde sich am Liechtensteiner Fall orientieren und zügig fallen. Vor zwei Jahren hatte der BND einen Millionenbetrag für eine Datensammlung aus Liechtenstein gezahlt, die Hunderten deutschen Bürgern Steuerhinterziehung nachwies.
Im neuen Fall geht es um eine CD mit brisanten Steuerdaten über rund 1500 Deutsche, die Geld in der Schweiz angelegt haben. Umstritten ist, ob sie für rund 2,5 Millionen Euro vom Staat angekauft werden soll. Hier mahnte Westerwelle mahnte allerdings eine "rechtstaatlich saubere" Vorgehensweise an. Der Staat würde sich sonst zum Mittäter von Dieben machen, warnte er.