Mit dem offenen Eingeständnis eigener Mängel und Fehler hat die schleswig-holsteinische SPD nach den Wahldebakeln des Vorjahres Auswege aus ihrer tiefen Krise gesucht. Partei- und Fraktionschef Ralf Stegner erntete auf einem Sonderparteitag am Samstag in Neumünster für eine leidenschaftliche Rede rhythmischen Beifall, musste aber auch Kritik einstecken. Einige Delegierte forderten mehr Mitbestimmung für die Mitglieder. Umstritten bleiben in der Landespartei auch Forderungen, den Landes- und Fraktionsvorsitz zu trennen.
Die Gründe für die Niederlage am 27. September - die SPD stürzte im Land auf 25,4 Prozent ab - hätten nicht primär im Land gelegen, sagte Stegner. Er räumte aber Defizite ein: "Wenn man alles richtig gemacht hätte, würde man solche Wahlergebnisse nicht bekommen." Im Rückblick auf die Wahlniederlagen der vergangenen Jahre sagte der SPD-Bundesvorsitzende Sigmar Gabriel, die Wähler hätten bewusst entschieden: "Die Leute wollten uns in der Opposition haben." Sie kämen auch nicht allein deshalb zur SPD zurück, weil Union und FDP eine verheerende Politik machten.
In einem am Samstagnachmittag mit großer Mehrheit beschlossenen, maßgeblich von Stegner geprägten Leitantrag heißt es zu den dramatischen Mitglieder- und Wählereinbußen: "Die SPD steckt angesichts solcher gravierender Verluste in einer tiefen Krise." Die Partei müsse Kompetenz, Glaubwürdigkeit und vor allem Vertrauen zurückgewinnen. Die Mitglieder sollten stärker in Entscheidungen eingebunden werden. Statt ineffektiver Gremienarbeit soll es mehr konkrete Projektarbeit geben.
Stegner forderte von seinen Kritikern solidarisches Miteinander und warnte vor Flügelkämpfen. Keine Partei rede so schlecht über sich selbst wie die SPD. "Einen Teil der Kritik fand ich auch ein bisschen feige, weil sie nämlich nicht gesagt hat, was sie wirklich meint", sagte der SPD-Landeschef. Kein anderer Landesverband habe sich so intensiv mit den Wahlniederlagen befasst, bescheinigte Gabriel der Nord-SPD. Die Partei insgesamt müsse wieder die Deutungshoheit über die "Mitte" gewinnen, die kein fester Ort sei.