Namen sind alles, nur keine Privatsache. Ich habe nichts gegen meinen Nachnamen, möchte aber nicht mehr so heißen. Denn es ist nicht mein Geburtsname. Aktuell verbietet dummerweise das deutsche Namensrecht Scheidungskindern wie mir, den eigenen Geburtsnamen nach einer Scheidung von Eltern(-teilen) wieder anzunehmen.
So wie mir geht es vielen Menschen in Deutschland. 39 Prozent der Ehen werden geschieden, jedes siebte Kind ist – Überraschung – ein Scheidungskind. Es ist gut, dass sich Menschen aus Partnerschaften befreien dürfen, die nicht gut für sie sind. Aber warum stecken die damit verbundenen Kinder mit Nachnamen fest, die nicht die ihren sind? Justizminister Marco Buschmann will das Namensrecht jetzt anpassen, es wird Zeit.
Das deutsche Namensrecht ist veraltet
Bisher dürfen Namensänderungen nur aus "wichtigem Grund" realisiert werden. Nach "objektiven Kriterien" muss eine "unzumutbare Belastung" gegeben sein, teilt die in Hamburg für Namensänderungen zuständige Behörde für Inneres und Sport auf stern-Nachfrage mit. Persönlich-emotionale Gründe wären damit keine unzumutbare Belastung. Stattdessen darf ein Nachname laut Bundesinnenministerium vor allem aufgrund von "familienrechtlichen Statusänderungen" angepasst werden. Also: Ehe, Scheidung, Geburt, Adoption.
Seit dem 1. April 1994 darf sich durch die Änderung des Familienrechts immerhin ein verlobtes Paar entscheiden, welchen Namen die Beteiligten annehmen möchten. Das kann entweder ein gemeinsamer Name sein, oder eine Person behält den Namen und die andere nimmt einen Doppelnamen an. Das beide einen gemeinsamen Doppelnamen annehmen ist bisher nicht vorgesehen. Auch diverse Familienkonstellationen, von denen es in der deutschen Gesellschaft immer mehr gibt, haben im Namensrecht das Nachsehen.
Ein Nachname ist für viele Menschen Bestandteil ihrer eigenen Identität
Das könnte sich dank Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) ändern. Vorausgesetzt, die Ampel-Koalition kann ihre diversen Streitthemen beiseite legen und die Maßnahmen ihres eigenen Koalitionsvertrags endlich umsetzen. Angekündigt hatte Buschmann eine Änderung bereits 2022, passiert ist danach nichts. Die Reform des Namensrechts sei überfällig, twitterte Buschmann am Wochenende, es werde der Vielfalt der Lebensentwürfe nicht mehr gerecht: "Mit der Liberalisierung des Namensrechts schaffen wir mehr Flexibilität und neue Freiheiten, nehmen aber niemandem etwas weg." Auf Twitter machen sich Menschen trotzdem darüber lustig, ob wir nicht dringendere Probleme hätten. Diesen Whataboutism einmal beiseite gelassen – wann dürfen Eheleute eine freiere Entscheidung treffen, und Scheidungskinder wie ich endlich entscheiden, ob sie ihren Geburtsnamen wieder annehmen dürfen, oder nicht?
Namen erscheinen vor allem dann wichtig, wenn sie mit Straftaten verbunden sind, vermeintlich nicht-deutsch klingen oder in fragwürdigen Anfragen der Alternative für Deutschland verwurstet werden. Dabei stellt man sich jeden Tag vor und identifiziert sich täglich mit einer belanglos erscheinenden Reihenfolge an Buchstaben. "Ich bin ...", und würde mich gerne für den Namen entscheiden, der mir zu meiner Geburt einmal gegeben wurde.
Die Ampel könnte mit einer Änderung des Namensrechts ihrem selbst verpassten Titel der "Fortschrittskoalition" endlich gerechter werden.
Quellen: Bundesinnenministerium, Gesellschaft für deutsche Sprache