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NSA-Affäre Die Handlanger der US-Spione in Deutschland

Sie arbeiten der NSA und CIA zu, aber auch dem Militär: Die USA betreiben nach stern-Recherchen in Deutschland ein dichtes Netz von US-Firmen, die im Bereich der Geheimdienstarbeit tätig sind.

Die USA haben sich in Deutschland in den letzten Jahrzehnten ein dichtes Spionagenetz aus Geheimdiensten und militärischen Einheiten aufgebaut, in dem auch private Firmen eine zentrale Rolle spielen. Mindestens 90 private US-Unternehmen waren nach Recherchen des stern in den letzten Jahren in Deutschland im Bereich der Geheimdienstarbeit tätig. Sie arbeiten Geheimdiensten wie der CIA oder NSA zu, aber auch den nachrichtendienstlichen Einheiten des US Militärs.

Die meisten dieser Unternehmen liefern unterstützende Serviceleistungen, warten die IT oder sichern Gebäude. Rund 30 Firmen aber sind den stern-Informationen zufolge in reguläre Spionageaktivitäten eingebunden: Sie helfen mit, Agenteneinsätze zu koordinieren, abgefangene Gespräche zu analysieren oder Soldaten in Techniken der Spionage zu trainieren. Mutmaßlich sind sie sogar daran beteiligt, von Stuttgart aus tödliche Drohneneinsätze in Afrika zu koordinieren.

Die meisten Mitarbeiter dieser Unternehmen haben eine sogenannte Secret clearance oder Top secret clearance, da sie mit geheimen oder streng geheimen Informationen arbeiten. Lernen sie in Deutschland Nicht-Amerikaner kennen, muss jeder dieser Kontakte der Firma gemeldet werden.

Zu den größten Firmen gehört Snowdens Ex-Arbeitgeber

Grundlagen für die stern-Recherchen waren Stellenausschreibungen dieser Firmen, die zum Teil im Internet veröffentlicht werden, Profile von Mitarbeitern sowie Verträge zwischen US-Regierungsstellen und den beauftragten Unternehmen, die der stern teilweise einsehen konnte.

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Zu den größten dieser Firmen gehört Booz Allen Hamilton, jenes Unternehmen, für das auch der Whistleblower Edward Snowden gearbeitet hat. Die Firma, die weltweit 24.500 Mitarbeiter beschäftigt, analysiert unter anderem für die in Deutschland stationierte US Air Force Geheimdienstinformationen. Die Incadence Strategic Solutions, ein im Vergleich kleineres Unternehmen, sucht derzeit für Stuttgart einen "hoch motivierten“ Mitarbeiter, der "abgefangene Nachrichten sammeln, sortieren, scannen und analysieren“ soll. Die Firma arbeitet im Bereich der "Zielerfassung" (Targeting) zu.

Drohneneinsätze von Deutschland aus überwacht

Das sogenannte Targeting spielt auch eine entscheidende Rolle bei Drohneneinsätzen in Afrika, die nach stern-Recherchen vom in Stuttgart stationierten afrikanischen Kommando des US-Militärs (Africom) maßgeblich mit koordiniert und überwacht werden. Die Stellenausschreibung für einen privaten Dienstleister, der sich um das "Targeting“ kümmern soll, beschreibt die Prozedur detailliert: Von dem Bewerber erwartet man, dass er "neue Personen oder Gegenden“ mithilfe von Powerpoint der Aufklärungsabteilung und dem Kommandeur jeden Montag um 13 Uhr vorstellt. Am Ende der Woche trägt er in eine Datenbank die möglichen Ziele ein, die nach Einschätzung von Militärexperten dann auch für gezielte Tötungen genutzt werden.

Ausgeführt werden diese Operationen von speziellen Einsatzkommandos oder von Kampfdrohnen, die zum Beispiel von einer US-Basis in Dschibuti starten. Der gesamte Flugverkehr über Afrika und Europa wird dabei ebenfalls von Deutschland aus überwacht: im "Combined Air and Space Operation Center“ in Ramstein. Gezielte Tötungen von Terrorverdächtigen verstoßen nach Meinung deutscher Rechtsexperten gegen das Völkerrecht. Die Bundesregierung weiß von den meisten dieser Firmen, sie hat ihre Anwesenheit für die Unterstützung der US-Streitkräfte formal genehmigt. Ihre Mitarbeiter müssen sich in einem Verfahren anmelden, das den Namen Tesa (Technical Expert Status Accreditation) trägt. Doch was diese Firmen tatsächlich machen, wissen die deutschen Behörden offenbar nicht. Als der stern von der amerikanische Armee Genaueres über ihre nachrichtendienstlichen Tätigkeiten in Deutschland erfahren will, antwortet eine Sprecherin der US-Basis in Ramstein: "Wir haben von offizieller Regierungsseite ganz ähnliche Fragen erhalten und arbeiten derzeit daran, Antworten zu liefern.“

Martin Knobbe print

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