NSU-Ermittlungen Zschäpe steht Mordanklage bevor

Beate Zschäpe muss sich offenbar bald vor Gericht wegen Mittäterschaft bei zehn NSU-Morden verantworten. Bei der Aufarbeitung der Fälle wurden derweil neue Vorwürfe gegen Thüringer Behörden bekannt.

Die mutmaßliche NSU-Terroristin Beate Zschäpe muss sich wohl bald wegen Mordes vor Gericht verantworten: Das Oberlandesgericht München hat die Anklage gegen die 38-Jährige nach übereinstimmenden Medienberichten in vollem Umfang zugelassen. Der Prozess könne bereits im Frühjahr beginnen, berichtet "Spiegel Online".

In der fast 500 Seiten starken Anklageschrift wird Zschäpe die Beteiligung an den Mord- und Sprengstoffanschlägen des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) sowie besonders schwere Brandstiftung, Gründung einer terroristischen Vereinigung und Beihilfe zum Raub vorgeworfen.

Das Gericht ließ demnach auch die Anklage gegen vier mutmaßliche Unterstützer und Helfer der Gruppe zu, und zwar bis auf wenige Details unverändert. Im Eröffnungsbeschluss des 6. Strafsenats heißt es nach Angaben des "Tagesspiegel", die Angeklagten seien der ihnen vorgeworfen Straftaten hinreichend verdächtig. Nach vorläufiger Wertung bestehe die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung.

U-Ausschuss: Vorwürfe gegen Thüringer Behörden

Bei den Ermittlungen zu den Straftaten der NSU hat es nach Erkenntnissen des Untersuchungsausschusses im Bundestag schwere Fehler bei den Sicherheitsbehörden in Thüringen gegeben. Ein Zielfahnder belastete das Landesamt für Verfassungsschutz: Es habe Anfang 1998 die Polizei gebeten, nicht im rechtsradikalen Umfeld zu ermitteln, "um keine Unruhe in die Szene zu bringen".

Zum damaligen Zeitpunkt war das mutmaßliche Terroristentrio Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe erst wenige Wochen untergetaucht. Eine in einer Garage in Jena zusammen mit Sprengsätzen gefundene Adressenliste hätte die Fahnder auf die Spur des Trios bringen können, wurde aber nicht weitergegeben, sagte der Zielfahnder. Auch in den Akten tauchte diese "Garagenliste" später nicht auf. Erst Anfang 2013 habe er sie in den Unterlagen plötzlich entdeckt, sagte der Kriminalhauptkommissar.

"Die Polizei hat versagt"

Die Linken-Obfrau im Untersuchungsausschuss, Petra Pau, zeigte sich "entsetzt" darüber, dass sich die Polizei vom Verfassungsschutz habe sagen lassen, wo sie ermitteln dürfe. Der Grünen-Obmann Wolfgang Wieland urteilte: "Die Polizei in Thüringen hat versagt." Der Ausschuss-Vorsitzende Sebastian Edathy sagte mit Bezug auf frühere Aussagen von Verfassungsschützern, wonach alle Informationen weitergegeben worden seien: "Entweder der Verfassungsschutz hat gelogen, oder der Zielfahnder."

DPA · Reuters
fw/DPA/AFP/Reuters