Online-Durchsuchungen Bayern kommt Schäuble zuvor

Bayern will das Urteil des Karlsruher Verfassungsgerichts zu den umstrittenen Online-Durchsuchungen nicht abwarten. Nach Medienberichten will der Freistaat im Alleingang ein Gesetz auf den Weg bringen, um Online-Durchsuchungen zu ermöglichen.

Bayern plant bei den umstrittenen Online- Durchsuchungen von Computern einen Alleingang. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) will noch in diesem Februar einen Gesetzentwurf auf den Weg bringen, um den Verfassungsschützern des Landes solche heimlichen Durchsuchungen von Computern Terrorverdächtiger via Internet zu ermöglichen. Einen entsprechenden Bericht des Nachrichtenmagazins "Focus" bestätigte ein Ministeriumssprecher. FDP und Linke kritisierten den Vorstoß.

Gefahr ist "sehr real"

"Wir warten nicht mehr", sagte Herrmann dem Magazin. "Unabhängig von etwaigen Entscheidungen in Berlin" werde er die bayerischen Behörden in die Lage versetzen, einen genauen Blick auf gefährliche Festplatten zu werfen. Man dürfe nicht länger warten, "weil die Gefahr terroristischer Anschlagsplanungen im Internet leider nicht virtuell, sondern sehr real ist". Etwaige Vorgaben aus Karlsruhe könne man während der parlamentarischen Beratungen im Landtag in die Gesetzgebung einfließen lassen.

Der Innenexperte der FDP-Bundestagsfraktion, Max Stadler, kritisierte dies dennoch als "grobe Respektlosigkeit gegenüber dem Bundesverfassungsgericht". Die Online-Durchsuchung sei ein so massiver Eingriff in die Grundrechte, "dass Hau-Ruck-Aktionen und übertriebener Ehrgeiz hier völlig fehl am Platz sind", kritisierte er am Samstag in Berlin in einer Mitteilung. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, Petra Pau, erklärte in Berlin: "Auch der Freistaat Bayern ist nicht frei von den Geboten des Grundgesetzes."

Zypries und Schäuble streiten noch

Die auch von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble geplante Ausspähung von Computern ist ein Dauer-Streitthema in der Bundesregierung. Der CDU-Politiker liegt mit Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) über weitere Details des Gesetzentwurfs zur Reform des Bundeskriminalamtes (BKA) im Zwist.

In einem von mehreren Zeitungen am Samstag zitierten Brief an Zypries beschuldigt Schäuble seine Ministerkollegin indirekt der Indiskretion. Mit Blick auf das Bekanntwerden neuer Abhörvorschläge aus seinem Haus sprach Schäuble von "mutwilligen Verletzungen vereinbarter Verfahren" und "Störungen des gedeihlichen Miteinanders". In einem Antwortschreiben wies Zypries dies den Berichten zufolge als "nicht hilfreiche" Unterstellungen zurück.

Anlass sind Überlegungen im Innenministerium, das BKA-Sicherheitsgesetz zu verschärfen. Demnach soll in Ausnahmefällen der besondere Abhörschutz für Abgeordnete, Verteidiger und Priester fallen. Das Ministerium hatte am Mittwoch bestätigt, dass der Referentenentwurf eine entsprechende Passage enthalte. Es betonte aber, der Entwurf sei noch in der Abstimmung innerhalb der Regierung. Schäuble selbst habe noch nicht entschieden.

DPA
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