Es soll sein letzter Sommer werden. Dieses Mal endgültig, ohne weitere Verschiebung. Noch Ende des Jahres werde mit dem Abriss des Palastes der Republik begonnen, sagt Ingeborg Junge-Reyer, Berliner Senatorin für Stadtentwicklung. Bis im Frühjahr 2007 solle der "Rückbau" des umstrittensten Gebäudes der Stadt abgeschlossen sein. Damit verschwindet nicht nur ein weiteres Symbol der DDR, sondern ein Veranstaltungsort, der sich zu einer Kultstätte entwickelt hat - seit die Asbestsanierung 2003 abgeschlossen war.
Auf Booten gondelten Besucher im vergangenen Jahr durch die teilgeflutete Ruine, spektakuläre Konzerte wie das der Einstürzenden Neubauten brachten die frei liegenden Stahlträger zum Vibrieren, die Unternehmensberatung McKinsey feierte hier ihr Firmenjubiläum, es gab Partys, Filmvorführungen, Performances, Tanzveranstaltungen, kurz: Das skelettierte Gebäude, das bis 1990 die Volkskammer beherbergte, wurde zum Volkspalast.
Sogar eingefleischte Gegner wurden zu Fans. "Zu DDR-Zeiten fand ich den Palast furchtbar", sagt Volksbühnen-Regisseur Frank Castorf. Inzwischen setze er sich für den Erhalt der Ruine als Veranstaltungsort ein. Bis Anfang Juli zeigt er hier noch seine Version von Alfred Döblins Roman "Berlin Alexanderplatz".
Und danach gibt es die vielleicht letzte Gelegenheit, "Erichs Lampenladen" - so nannte der Volksmund das kupfern glänzende Gebilde, auf das der DDR-Staatsratsvorsitzende Erich Honecker so stolz war - zu erleben. In den Palast soll ein begehbarer Berg gebaut werden, der ab Mitte Juli bis Ende August über so genannte philosophische Pfade begehbar sein soll. Finanziert wird das 250.000 Euro teure Projekt vom Hauptstadtkulturfonds.
Wenig spektakulärer Abriss
Der Abriss des Palastes, dessen Eigentümer der Bund ist, soll wenig spektakulär verlaufen. Anders als das Stadtschloss wird der Rohbau nicht gesprengt. "Der Palast wird auf Grund der zentralen und sensiblen Lage des Gebäudes im historischen Berliner Stadtkern mit Hilfe von Kränen zurückgebaut", erklärt Junge-Reyer. Um einen Auftrieb der im Wasser stehenden "Gründungswanne" des Palastes zu verhindern, werde Sand eingespült.
So könne die Wanne erhalten und beim Neubau des Stadtschlosses in die Bauplanungen einbezogen werden, sagt die Senatorin. Insgesamt müssen rund 20.000 Tonnen Stahl demontiert werden.
Die Kosten für den Abriss, die zu 64 Prozent vom Bund und zu 36 Prozent vom Land Berlin getragen werden, werden auf 20 Millionen Euro geschätzt. Befürworter sind unter anderem Kulturstaatsministerin Christina Weiss und Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit.
Beschlossen wurde der Abriss bereits im November 2003 vom Bundestag. An seine Stelle soll ein Neubau in der Größe des 1950 gesprengten Stadtschlosses gesetzt werden, der von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, der Zentral- und Landesbibliothek und der Humboldt-Universität genutzt werden soll. An der Nord-,West- und Südseite des Gebäudes soll die Fassade des Schlosses rekonstruiert werden.

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Wegen der desaströsen Haushaltslage stoppte der Bund das Projekt zunächst, sprach sich für die zeitweilige Begrünung des Areals aus. Rund 670 Millionen Euro soll der Bau kosten, 80 Millionen allein die Rekonstruktion der Schlossfassaden. Die geplante Grünfläche stößt jedoch auf Kritik.
Bis zum ersten Spatenstich für das Schloss werde das Areal Baustelle sein, denn allein die archäologischen Arbeiten zur Freilegung der Schlosskeller würden zwei Jahre dauern, prognostiziert Wilhelm von Boddien, Geschäftsführer des Fördervereins Berliner Schloss, in einem Interview. 2007 oder 2008 sei mit dem Baubeginn zu rechnen, zum 25. Jahrestag der Wiedervereinigung, am 3. Oktober 2015, stehe das Schloss.