Bis zur Auslieferung des jahrelang untergetauchten Ex-Staatssekretärs Holger Pfahls aus Frankreich können nach Einschätzung deutscher Behörden noch Wochen vergehen. "Die Franzosen werden Herrn Pfahls möglicherweise zuerst zum Komplex Elf-Aquitaine befragen", sagte ein Sprecher der Augsburger Staatsanwaltschaft am Mittwoch. Der Auslieferungsantrag soll seinen Angaben zufolge möglichst noch in dieser Woche gestellt werden.
Pfahls, der zu den Schlüsselfiguren im Skandal um Schmiergeldzahlungen des Rüstungslobbyisten Karlheinz Schreiber gezählt wird, soll nach Ermittlungen der Pariser Staatsanwaltschaft auch in die Leuna-Affäre verwickelt gewesen sein. In der Anklageschrift für den Elf-Prozess im vergangenem Jahr wurde Pfahls vorgeworfen, dass rund acht Millionen von den insgesamt fast 40 Millionen Euro schweren Elf-Provisionen für den Kauf der ostdeutschen Raffinerie Anfang der 90er Jahren in seiner Kasse gelandet seien.
Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung
Für das Augsburger Verfahren spielt die Leuna-Affäre nach Angaben von Staatsanwaltschafts-Sprecher Thomas Weith keine Rolle. Die Anklagebehörde wirft dem früheren CSU-Politiker Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung vor. Pfahls habe als Staatssekretär vom Rüstungslobbyisten Karlheinz Schreiber 1991 zwei Millionen Euro Schmiergeld kassiert, um die Lieferung von 36 Fuchs-Spürpanzern aus Beständen der Bundeswehr nach Saudi-Arabien möglich zu machen. "Wir werden dafür sorgen, das der Auslieferungsantrag so schnell wie möglich an die Franzosen geht", fügte Weith hinzu.
Unterdessen entschied das Augsburger Landgericht, an der für (den morgigen) Donnerstag angekündigten Urteilsverkündung gegen Max Strauß festzuhalten. Der Sohn des 1988 verstorbenen bayerischen Ministerpräsidenten wird beschuldigt, ebenfalls Millionen von Schreiber kassiert und nicht versteuert zu haben. Strauß soll dabei rund 2,6 Millionen Euro aus Airbus-Provisionen und dem umstrittenen Fuchs-Panzer-Geschäft über Schreibers Tarnkonto "Maxwell" erhalten haben.
"Die 10. Strafkammer ist in der Urteilsberatung und möchte das Urteil am Donnerstagmorgen verkünden", sagte eine Justiz-Sprecherin am Mittwoch. Die Staatsanwaltschaft hat für Strauß eine Haftstrafe von mindestens dreieinhalb Jahren ohne Bewährung beantragt. Eine nach Willen der Ankläger um noch ein Jahr höhere Gesamtstrafe mit einem weiteren Urteil wehrte der Politikersohn unterdessen ab: Er bezahlte nach Angaben eines Münchner Justizsprechers eine Geldstrafe über 300.000 Euro, zu der ihn das Münchner Landgericht Mitte April wegen Beihilfe zum Betrug in der Affäre um die Anlagefirma Wabag verurteilt hatte.
BKA kam Pfahls auf die Spur
Das Bundeskriminalamt bestätigte am Mittwoch, dass die Verhaftung von Pfahls im Wesentlichen auf die Arbeit deutscher Zielfahnder zurückging. BKA-Beamte seien Pfahls auf die Spur gekommen, sagte der stellvertretende Sprecher des Amtes, Christian Brockert.
Dazu habe auch ein Artikel der Münchner "Abendzeitung" vor zwei Wochen über ein Lebenszeichen von Pfahls beigetragen. Demnach bemühte sich der Gesuchte von Paris aus per Fernschreiben um einen deutschen Anwalt. "Letztendlich hat das mit einen Anstoß gegegeben", sagte Brockert. "Die Fahndung ist auf Grund dessen nochmal intensiviert und ausgeweitet worden." Die BKA-Zielfahnder hätten insgesamt eine Erfolgsquote von 90 Prozent.

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Zu näheren Einzelheiten der Festnahme von Pfahls und ersten Vernehmungen wollten sich die Behörden zunächst nicht äußern.