Regierungserklärung Schröder fordert Verteidigungsunion

Als Konsequenz aus dem Irak-Krieg hat Bundeskanzler Gerhard Schröder den Ausbau der EU zu einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsunion gefordert.

Bundeskanzler Gerhard Schröder hat als Konsequenz aus dem Irak-Krieg den Ausbau der EU zu einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsunion gefordert. Schröder sagte in einer Regierungserklärung vor dem Bundestag, trotz der Meinungsunterschiede in der Europäischen Union zum Golfkrieg gebe es zur Stärkung der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik "keine vernünftige Alternative". Auch die NATO und die Vereinten Nationen hätten als multilaterale Organisationen keineswegs ausgedient.

Forderungen für Nachkriegsordnung

Schröder stellte auch Forderungen für eine Nachkriegsordnung in Irak auf. Die territoriale Integrität Iraks, seine Unabhängigkeit und Souveränität müssten vollständig erhalten bleiben, sagte er. Das irakische Volk müsse über seine politische Zukunft selbst bestimmen, die Rechte der dort lebenden Minderheiten müssten gewahrt werden. Die Ölvorkommen und andere Ressourcen des Landes müssten im Besitz und unter der Kontrolle des irakischen Volkes bleiben, erklärte Schröder. Zudem müsse im Nahen und Mittleren Osten ein politischer Stabilisierungsprozess in Gang kommen.

UNO und NATO weiter von Bedeutung

Bei der humanitären Hilfe und der Neuordnung des Landes nach Ende des Krieges müssten die UN die zentrale Rolle spielen, betonte Schröder: "Die Vereinten Nationen sind nicht 'irrelevant' geworden." Ihr Gewaltmonopol in internationalen Konflikten müssten sie behaupten. Auch "die NATO hat als Bündnis gemeinsamer Verteidigung und gegenseitigen Beistands keineswegs ausgedient", unterstrich der Kanzler unter Verweis auf die Meinungsverschiedenheiten zum Irak-Krieg zwischen den USA und Großbritannien einerseits sowie Deutschland und Frankreichs andererseits.

"Europäische Sicherheits- und Verteidigungsunion"

"Jede Krise bietet auch eine Chance", sagte Schröder. Europa müsse wieder in die Lage versetzt werden, mit einer Stimme zu sprechen. Zwar sei hier ein langwieriger Prozess zu erwarten, doch gebe es zu ihm keine Alternative. Um die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zu stärken, müssten "wir ernsthaft über unsere militärischen Fähigkeiten nachdenken". In der Perspektive sei die Fortentwicklung der gemeinsamen Sicherheitspolitik "zu einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsunion" anzustreben. "Denkbar ist, als einer der ersten Schritte, dass sich in Zukunft europäische statt nationale Truppen an Blauhelm-Einsätzen der Vereinten Nationen beteiligen." Schröder verwies auch auf die erste gemeinsame europäische Militärmission in Mazedonien als bescheidenen Anfang.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Einbindung Großbritanniens

Besonders zeigte sich der Kanzler bereit, in die neue europäische Sicherheitspolitik auch Großbritannien einzubeziehen, das an der Seite der USA in Irak Krieg führt. Schröder verwies darauf, dass von Großbritannien in den vergangenen Jahren immer wieder wichtige Impulse für die gemeinsame europäische Sicherheitspolitik ausgegangen seien. "Niemand darf und kann ausgeschlossen werden", betonte er.

Entsendegesetz nach Golfkrieg

Der Kanzler zeigte sich erneut bereit, nach dem Golfkrieg ein Gesetz zur Entsendung deutscher Soldaten ins Ausland auf den Weg zu bringen. Dabei werde es nicht darum gehen "aus einem Parlamentsheer eine Regierungsarmee zu machen". Das Entsendegesetz müsse aber Flexibilität für Regierungshandeln schaffen. Schröder rief die Opposition dazu auf, das Gesetz gemeinsam zu erarbeiten.