Roland Koch "Linkspartei bald stärker als SPD"

Die Reaktion kam prompt: Kaum hatte Hessens SPD-Chefin Andrea Ypsilanti ihren zweiten Anlauf auf die Macht verkündet, meldete sich Noch-CDU-Ministerpräsident Roland Koch: "Wenn sie es falsch macht, wird es dazu führen, dass die Linkspartei stärker wird als die SPD."

Nach der Ankündigung der SPD-Landeschefin in Hessen, Andrea Ypsilanti, einen zweiten Anlauf auf die Macht zu nehmen, ließ die Reaktion nicht lange auf sich warten. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch forderte ein Machtwort von der Bundes-SPD. "Die Frage ist, ob die SPD noch die Kraft hat, sich der politischen Geiselnahme von Frau Ypsilanti zu erwehren", sagte der amtierende Regierungschef der "Mitteldeutschen Zeitung" aus Halle. In jeder normal funktionierenden Partei müsste ein Machtwort der Bundesführung einen solchen "Spuk" beenden.

Die SPD könnte nach Einschätzung von Koch bundesweit hinter die Linke zurückfallen, wenn sie sich in seinem Bundesland mit der Partei einlässt. "Das aufkommende Fünf-Parteien-System zwingt die SPD, zur Linkspartei prinzipieller Stellung zu nehmen", sagte der CDU-Politiker der Zeitung weiter. Koch erklärte: "Wenn sie es falsch macht, wird es dazu führen, dass die Linkspartei stärker wird als die SPD." Er verwies auf eine Umfrage, nach der der Abstand zwischen SPD und Linkspartei nur noch sechs Prozent betrage. Der Ausgang in Hessen werde entscheidenden Einfluss auf die nationale Politik haben. "Und nach Hessen kann der SPD nicht mehr geglaubt werden, dass sie etwas anders machen würde als in Hessen."

Auch die Linkspartei, die Ypsilanti zur Macht verhelfen soll, ist sich offenbar noch nicht ganz klar darüber, wie sie mit den Sozialdemokraten umgehen will. Die Partei streitet offen über den Umgang mit der SPD in Hessen. Fraktionschef Willi van Ooyen sagte der "Frankfurter Rundschau", dass es inhaltliche Verabredungen mit SPD und Grünen "weit über den Tellerrand der Ypsilanti-Wahl hinaus" geben müsse. Er widersprach damit dem hessischen Bundestagsabgeordneten der Linken, Wolfgang Gehrcke. Dieser hatte gesagt, die SPD könne sich nur auf die Stimmen für die Wahl von Parteichefin Andrea Ypsilanti zur Ministerpräsidentin im Landtag verlassen und nicht mehr.

Van Ooyen sagte, auf einen Haushalt müsse man sich verständigen. Allerdings sei klar: "Wir werden nicht alles schlucken und unsere sechs Stimmen abliefern." Auch die Ministerliste eines rot-grünen Kabinetts müsse man am Ende billigen. Dabei sei es aber vernünftig, dass man darüber rede.

Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Linken, Klaus Ernst, begrüßte das Vorgehen der hessischen SPD. Der zweite Anlauf zur Regierungsbildung sei mutig, sagte er der "Frankfurter Rundschau". Damit habe Ypsilanti ihrer Partei die einzig mögliche Zukunft eröffnet. "Die müssen endlich mal - sofern sie überhaupt noch sozialdemokratische Positionen wollen - begreifen, dass das nur noch gemeinsam mit den Linken geht." Ypsilantis Vorgehen sei eine Annäherung an die Realität. "Die Umsetzung einer linken Politik in Hessen wird jedenfalls nicht an meiner Partei scheitern", wird Ernst zitiert.

Die hessische SPD-Spitze hatte Ypsilanti am Mittwochabend Rückendeckung für ein Bündnis mit der Linkspartei gegeben. Der Vorstand beschloss einen Zeitplan für einen Regierungswechsel. So soll der nächste Parteitag vom 13. September auf den 4. Oktober verschoben werden. In der Zeit bis dahin sollen die möglichen Optionen für einen Machtwechsel auf vier Regionalkonferenzen mit der Parteibasis besprochen werden.

Landeschefin Ypsilanti sprach von einem "ergebnisoffenen Prozess", der in Gang gesetzt werde. Den Wählern sei man den Politikwechsel schuldig. "Wir wollen die Klöße einen nach dem anderen schlucken, damit wir uns nicht verschlucken", sagte sie nach der Sitzung. In der Diskussion werde es auch um den Umgang mit der Linkspartei und eine mögliche Minderheitsregierung gehen. In diesem Zusammenhang soll der geschäftsführende Landesvorstand einen Kriterienkatalog erarbeiten, der als Grundlage für die Klärung weiterer offener Fragen im Umgang mit den Linken dienen soll.

Über die Ergebnisse der Beratungen soll nach ihren Worten der außerordentliche Parteitag Anfang Oktober entscheiden. Dann könne es ein Startsignal für Koalitionsverhandlungen mit den Grünen und Gespräche mit den Linken geben. Auch jetzt sei man bereits mit Abgeordneten der Linken in Kontakt. Das sei aber in der parlamentarischen Arbeit normal.

AP
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