Seit 1996 gedenkt der Deutsche Bundestag jährlich am 27. Januar der Opfer des Nationalsozialismus. An diesem Tag wurde im Jahr 1945 das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau befreit. Tradition ist es dabei, dass ein:e Überlebende:r des Holocaust eine Ansprache im Parlament hält. 2022 hielt Inge Auerbacher, die das Konzentrationslager Theresienstadt überlebt hatte, die Rede.
In diesem Jahr wird Rozette Kats diese Funktion erfüllen. Die Niederländerin wurde nach Angaben des Bundestags 1942 in einer jüdischen Familie geboren. Ihre Eltern wurden nach Auschwitz deportiert und dort von den Nazis ermordet. Sie selbst überlebte nur, weil ein Ehepaar in Amsterdam sie bei sich aufnahm und als ihr eigenes Kind ausgab. Wie es auf der Seite des Bundestag heißt, nahm Kats erst später in ihrem Leben ihre jüdische Identität an.
Bundestag gedenkt queerer Opfer des Nationalsozialismus
Der diesjährige Gedenktag steht im Zeichen des Gedenkens an verfolgte sexuelle Minderheiten im Nationalsozialismus. Darauf will auch Kats in ihrer Rede einen Schwerpunkt setzen, das Thema liege ihr "sehr am Herzen", sagte sie der "Jüdischen Allgemeinen" in einem Interview: "Ich habe viele Freunde, die homosexuell sind, habe dem aber nie Beachtung geschenkt, sie sind einfach meine Freunde. Als ich aus Berlin angefragt wurde, habe ich gern zugesagt. Dem liegt ein sehr schöner Gedanke zugrunde: Solidarität von einer Gruppe zur anderen."
"Man muss einen Menschen erst einmal kennenlernen und darf nicht immer gleich urteilen", betont die Holocaust-Überlebende. Das versuche sie immer wieder auch bei Vorträgen an Schulen und anderen Orten zu vermitteln. Ab 1940 wurden viele homosexuelle Menschen in Konzentrationslager deportiert. Dort mussten sie als Erkennungszeichen einen rosafarbenen Winkel tragen. Mindestens 5000 Homosexuelle wurden in den KZs ermordet.
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Schauspieler präsentieren Texte
Sie selbst gehöre zwar nicht zu dieser Opfergruppe, sagte Rozette Kats der "Jüdischen Allgemeinen", kenne jedoch "vieles von ihrer Problematik". "Das erzähle ich anhand eines Teils meiner eigenen Geschichte und schlage von dort eine Brücke zur Geschichte der homosexuellen Opfer", kündigte Kats an.
Neben der Niederländerin nehmen auch die Schauspielerin Maren Kroymann und der Schauspieler Jannik Schümann an der Gedenkveranstaltung im Bundestag teil. Beide leben offen homosexuell. Kroymann wird einen Text zu der als "Lesbierin" verhafteten und später vergasten Mary Pünjer vortragen. Schümann liest einen Text über den 2003 verstorbenen Karl Gorath vor, der als Homosexueller insgesamt drei Konzentrationslager überlebte.
Quellen: Bundestag / "Jüdische Allgemeine"