Die Bemühungen der Ampel haben sich gelohnt! So klingt es, wenn Wirtschaftsminister Robert Habeck über die rückläufigen Emissionen in Deutschland spricht. Keine Frage, der Rückgang ist beachtlich. Allerdings darf die Ampel-Regierung nicht alle Lorbeeren dafür einsammeln. Schließlich ist ihr Anteil an dem Erfolg gering. Dass es überhaupt so weit gekommen ist und Deutschland seine Klimaziele wahrscheinlich einhalten kann, liegt an etwas anderem, urteilt die Presse.
Emissionsrückgang ist nur bedingt der Ampel zu verdanken
"Frankfurter Rundschau": "Es gibt noch gute Nachrichten von der Ampel. Rund zehn Prozent weniger CO2-Ausstoß binnen nur einem Jahr. Das hat noch keine Regierung seit 1990, dem Basisjahr der Bilanzierung, geschafft. Sogar für die nächste Etappe, 2030, sieht es gut aus. Nach der Projektion des Umweltbundesamtes ist das deutsche Klimaziel von minus 65 Prozent gegenüber 1990 erreichbar. Chapeau! Schön wäre es, wenn man das so stehen lassen könnte. Denn so einfach ist es nicht. Dass die CO2-Fracht so stark gesunken ist, liegt zwar auch an einer guten Ampel-Politik, vor allem beim Ausbau von Solar- und Windkraft. Für andere Faktoren kann sie die Urheberschaft nicht beanspruchen – und wenn, dann ist es eher peinlich. Es war sehr warm, und die Preise für Gas und Heizöl hoch, so wurde wenig geheizt. Und die Wirtschaft brach ein. Das nützt zwar der CO2-Bilanz, ist aber kein Klimakonzept. Vor allem zeigt sich erneut, dass zwei Sektoren ihre Klimaziele reißen: Verkehr und Gebäude. Hier müssen die Ministerien umsteuern."
"Junge Welt": "Die Treibhausgasemissionen der Bundesrepublik sind im vergangenen Jahr um gut zehn Prozent zurückgegangen, also so stark wie seit 1990 nicht mehr. Das sind zunächst erfreuliche Nachrichten, zumal die Anzeichen einer sich entfaltenden Klimakrise immer mehr zunehmen. Beim näheren Hinsehen ist das sprichwörtliche Glas aber nicht einmal halbvoll. Und zwar, weil die Ursachen für den starken Rückgang meist nicht nachhaltig sind und weil die deutschen Klimaschutzziele für 2030, die durch den jüngsten Rückgang erst realistisch erscheinen, bei weitem nicht ausreichen. Für einen auch nur halbwegs angemessenen deutschen Beitrag zum Klimaschutz müssten die hiesigen Emissionen Jahr für Jahr so stark sinken wie 2023, damit sie Mitte des nächsten Jahrzehnts bei null ankommen."
"Neue Presse": "Natürlich ist es gut, dass die Emissionen aktuell sinken. Eine der Ursachen dafür ist, dass der Ausbau erneuerbarer Energien so gut vorankommt. Dass die Klimabilanz besonders für die Industrie so positiv ausfällt, liegt aber auch an der schlechten Wirtschaftslage. Wo weniger produziert wird, laufen weniger Maschinen. Das ist der Nebeneffekt einer ungelösten Krise."
"Was so positiv klingt, ist nur ein kleiner Lichtblick"
"Rhein-Zeitung": "Bei der jüngsten Entwicklung der Treibhausgasemissionen muss man festhalten: Der eingeschlagene Kurs der Bundesregierung ist richtig. Deutschland kann seine Klimaziele bis 2030 einhalten, wenn dieser Pfad weiter eingehalten wird. Die zulässigen Emissionsmengen, gemessen an den selbst gesteckten Zielen, könnten bis 2030 sogar unterschritten werden. Das ist ein Signal, das zuversichtlich stimmt. Und es sollte nicht durch haltlose Unkenrufe schlechtgeredet werden, dass die Dekarbonisierung zur vermeintlichen Deindustrialisierung des Landes führe. Ohne Klimaschutz würden die Wirtschaft und unsere gesamte Gesellschaft auf Dauer viel mehr leiden. Nur mit mehr Klimaschutz können wir Wohlstand und Freiheit sichern. Um dieses übergeordnete Ziel zu erreichen, bleibt weltweit noch sehr viel zu tun."
"Straubinger Tagblatt" / "Landshuter Zeitung": "Zum ersten Mal überhaupt zeigen die Zahlen: 'Deutschland ist auf Kurs.' – Was bei Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) so positiv klingt, ist in Wirklichkeit nur ein kleiner Lichtblick. In der deutschen Klimaschutzpolitik liegt noch vieles im Argen – vor allem, wenn es darum geht, die Unternehmen und die Bürger mitzunehmen. (...) Es kann nicht sein, dass die Kosten der Energiewende nur bei den Verbrauchern landen, ohne sie auf der anderen Seite zu entlasten. Das wird dazu führen, dass irgendwann die Mehrheit in der Gesellschaft die Klimaziele nicht mehr mitträgt. Für die Politik heißt das: Das lange versprochene Klimageld muss endlich kommen."
"Nürnberger Zeitung": "Die Zahlen sehen im Wesentlichen deshalb gut aus, weil die Industrie, vor allem die Bauindustrie, unter Auftragsmangel litt, deshalb weniger produziert und weniger Schadstoffe in die Luft geblasen hat. Wer nun meint, weniger Wirtschaftswachstum sei die Lösung, um das Klima zu retten, irrt. Weniger Wachstum führt nur zu: weniger Anstrengung, weniger Innovation. Es braucht aber gerade technische Innovationen, damit Wachstum nicht auf Kosten des Klimas erfolgt."