Politik ist, wenn man trotzdem lächelt. Also stand Katja Wolf am Freitagabend vor dem Saal des BSW im Erfurter Landtag, und bemühte sich, möglichst optimistisch in die Kameras zu blicken.
Kurz zuvor hatte sich die Thüringer Landeschefin der Berliner Parteispitze gebeugt. Sie muss nun doch erst mit CDU und SPD eine Kompromissformulierung zu mehr Friedensbemühungen in der Ukraine und gegen die Stationierung von US-Raketen in Deutschland finden. Erst danach können Koalitionsgespräche beginnen. Der mit den potenziellen Regierungspartnern verabredete Plan, den Streitpunkt ans Ende der Verhandlungen zu vertagen, ist gescheitert.
Damit hat Wolf ein taktisches Gefecht mit Parteigründerin Sahra Wagenknecht klar verloren. Doch wie der Machtkampf am Ende ausgeht, ist längst nicht ausgemacht. Denn dafür ist Thüringen politisch zu unberechenbar – und das BSW-Konstrukt zu volatil.
Aber erst einmal stand Wolf im Landtag und erklärte, dass es "bei aller Freude" über die "BSW-Handschrift" in der Sondierungsvereinbarung leider "einen Knackpunkt" gebe. Und dieser Knackpunkt sei: Man habe eine "sehr klare Rückmeldung aus dem Landesvorstand bekommen", dass man auch "ein geeintes Papier zum Thema Krieg und Frieden in der Hand halten möchte". Deshalb könne das BSW "zum jetzigen Zeitpunkt" nicht in Koalitionsgespräche eintreten.
Doch das, was Wolf sagte, war mindestens unvollständig. Denn die "sehr klare Rückmeldung" hatte es insbesondere von der Bundesspitze gegeben. Mehrere Mitglieder waren bei der Sitzung zugeschaltet und setzten die Linie Wagenknechts durch.
Der Konter gegen Sahra Wagenknecht
Allerdings, Wolf beugte sich nur halb. Wenig später verschickte die Landespartei eine Pressemitteilung mit der Überschrift: "BSW-Landesvorstand stimmt dem Sondierungspapier einstimmig zu". Es gebe, hieß es weiter, jetzt halt eine Bedingung: "Wir wollen Koalitionsverhandlungen führen, aber vorher muss klar sein, dass wir in der Friedensfrage Klarheit bekommen." Denn das sei man, was sonst, den eigenen Wählern ja schuldig.
Damit versucht Wolf, die Situation zu wenden. Schafft sie es, sich schnell mit CDU-Fraktionschef Mario Voigt und dem SPD-Landeschef Georg Maier auf das Update zum Sondierungspapier zu einigen und es dann im Landesvorstand zu beschließen, hätte sie ihre Bundesvorsitzende ausgekontert. Dann wäre die gemeinsame Landesregierung, die Wagenknecht als strategisches Risiko für ihren Bundestagswahlkampf betrachtet, schon so gut wie gebildet.

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Grundlage für die Krieg-und-Frieden-Klausel dürfte der Text sein, den Voigt gemeinsam mit dem sächsischen CDU-Ministerpräsidenten Michael Kretschmer und dem Brandenburger SPD-Regierungschef Dietmar Woidke verfasst hatte. Darin forderten sie von der Bundesregierung "mehr erkennbare Diplomatie" und erklärten, man hätte die Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen "besser erklären und breiter diskutieren müssen".
Auf die Frage des stern, ob diese Sätze Verwendung finden könnten, antwortete Wolf: "Wir empfinden das als ausgesprochen gute Brücke, die da gebaut wurde."
Jetzt stellt sich nur die Frage, ob es die Thüringer am Ende über diese letzte Brücke schaffen, oder ob Wagenknecht das tut, was sie am besten kann: sie abbrennen.