Sarrazin schwächt seine Thesen ab SPD uneins über Parteiausschluss

Die SPD macht Ernst mit dem Ausschlussverfahren für Thilo Sarrazin wegen seiner Integrations-Thesen. Fraktionschef Steinmeier sieht keine Gesprächsgrundlage mehr mit dem Noch-Mitglied. Der Ex- Bundesbanker hat sein umstrittenes Buch in Teilen leicht abgemildert.

Der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinrück (SPD) hat den Umgang seiner Partei mit Ex-Bundesbanker Thilo Sarrazin kritisiert. Der "Bild"-Zeitung (Onlineausgabe) sagte Steinbrück: "Ich bin gegen einen Parteiausschluss. Die SPD vermittelt dadurch dem breiten Publikum den falschen Eindruck, sie wolle die Debatte loswerden. Das Echo zeigt aber, dass viele Bürger über Zuwanderung und vermurkste Integration reden wollen, auch in der SPD." Abgesehen von den letzten Kapiteln könne man weiten Teilen von Sarrazins Analyse kaum widersprechen. Das Echo auf sein Buch gehe darauf zurück, dass sich viele Menschen in ihren Alltagserfahrungen mit konkreten Integrationsproblemen wiedererkennen.

Steinbrück kritisierte auch die bisherige Integrationspolitik: "Bis heute haben wir kein vernünftiges Zuwanderungskonzept. Wir haben zugelassen, dass Millionen Menschen geringer Qualifikation direkt in die Sozialsysteme einwanderten und vom Staat - also der Solidargemeinschaft - unterstützt wurden. Zuwanderer mit vielen Kindern können - ebenso wie Deutsche - über Sozialleistungen ein Familieneinkommen erzielen, das nahe oder sogar über dem Erwerbseinkommen eines arbeitenden Bürgers liegt", sagte Steinbrück. Das schaffe eine gefährliche Schieflage. Manche Zuwanderer könnten sogar Geld an Angehörige in der alten Heimat überweisen. Das seien Fehlanreize, die sich Einwanderungsländer wie Kanada oder Australien nicht leisteten.

Am Sonntag hatte die SPD Thilo Sarrazin einen Ausschlussantrag zukommen lassen. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier warf Sarrazin vor, seine umstrittenen Thesen nicht überdenken zu wollen. Die Debatte über Sarrazins Buch sei ihm in vielerlei Hinsicht ein Rätsel, nicht nur in Bezug auf die "geradezu abenteuerlichen" Interpretationen angeblicher Wissensstände in der Humangenetik. Er habe den Bestseller gelesen, versicherte Steinmeier. "Ich lese vieles, leider auch vieles, was mir nicht gefällt."Sarrazin hat derweil in der Neuauflage seines Buches einige seiner umstrittenen Thesen zu Migration und Genetik abgemildert

Einen Satz zu "genetische Belastungen" von Migranten aus dem Nahen Osten habe Sarrazin komplett gestrichen, berichtet die "Welt am Sonntag". Sie bezieht sich auf einen Vergleich zwischen den ersten Auflagen des Buchs "Deutschland schafft sich ab" mit der zur Zeit im Buchhandel erhältlichen 14. Auflage.

Ein Unterschied beziehe sich auf Ausführungen über die Gebärfreudigkeit von Muslimen, schreibt die Zeitung. "Demografisch stellt die enorme Fruchtbarkeit der muslimischen Migranten eine Bedrohung für das kulturelle und zivilisatorische Gleichgewicht im alternden Europa dar", zitiert die "Welt am Sonntag" aus Sarrazins Erstauflage. In der 14. Auflage hingegen habe Sarrazin die Formel "auf lange Sicht" eingefügt.

In seinem besonders umstrittenen Kapitel über Demografie und Bevölkerungspolitik strich Sarrazin der Zeitung zufolge sogar einen kompletten Satz über die genetischen Belastungen bei Migranten aus dem Nahen Osten. Änderungen nahm er auch bei einer Fußnote und den Dankesworten vor.

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APN/DPA