Hamburgs CDU-Regierungschef Ole von Beust wird nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa wahrscheinlich bei einer Vorstandssitzung am Nachmittag seinen Rückzug verkünden. Die SPD in Hamburg forderte für diesen Fall Neuwahlen. Ob Beust sich im Anschluss an die Vorstandssitzung oder später im Rathaus äußern wird, war zunächst unklar. Im Rathaus werden am Sonntagabend die Stimmen des Volksentscheids zur Schulreform ausgezählt. Laut "Bild"-Zeitung will Beust zum 25. August zurücktreten.
Mit Beust würde der sechste CDU-Landesregierungschef in einem Jahr gehen. Zunächst trat im Herbst Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus zurück. Danach wechselte Baden-Württembergs Regierungschef Günther Oettinger in die EU-Kommission, Roland Koch erklärte in Hessen seinen Rücktritt, Christian Wulff (Niedersachsen) wurde Bundespräsident und Jürgen Rüttgers (Nordrhein-Westfalen) abgewählt.
Als wahrscheinlichster Nachfolger Beusts gilt Innensenator Christoph Ahlhaus. Der 40-Jährige leitet die Behörde seit zwei Jahren und steht dem einflussreichen CDU-Kreisverband Nord in der Hansestadt vor. Partei- und Fraktionschef Frank Schira hatte erklärt, er strebe keine weiteren Ämter an.
Beust hatte immer wieder betont, seine politische Zukunft sei unabhängig vom Ausgang des Volksentscheids. Eine Bürgerinitiative will das Kernstück der umstrittenen Schulreform in der Hansestadt, die sechsjährige Primarschule, kippen. Es wird ein knappes Ergebnis erwartet. Bis Samstag hatten mehr als 400 000 der 1,3 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben.
Beusts grüner Koalitionspartner war bis zum Samstagnachmittag nicht über einen möglichen Rücktritt informiert worden. Der Hamburger SPD-Landeschef Olaf Scholz forderte Neuwahlen im Falle eines Rücktritts. "Die Hamburger werden es nicht gerne sehen, wenn jetzt ein neuer Bürgermeister eingesetzt würde, ohne sie zu fragen", sagte Scholz den Zeitungen "Bild am Sonntag" und "Welt am Sonntag". Der frühere Hamburger Innensenator Scholz gilt als erster Anwärter auf die SPD-Spitzenkandidatur.