Die SPD wechselt ihre Führungsmannschaft aus. Bundeskanzler Gerhard Schröder gibt den Parteivorsitz an SPD- Fraktionschef Franz Müntefering ab. Der umstrittene Generalsekretär Olaf Scholz tritt zurück. Die Parteispitze hat sich auf seinen Nachfolger verständigt, wollte den Namen aber nicht nennen. Dies sagten Schröder und Müntefering am Freitag auf einer Pressekonferenz in Berlin.
Schröder will die Personalien an diesem Samstag dem Bundesvorstand seiner Partei vorschlagen. Gewählt werden soll Müntefering - ebenso wie der noch nicht bekannte Nachfolger von Scholz - auf einem Sonderparteitag Ende März, sagte Schröder.
Müntefering rief die Sozialdemokraten auf, ihre Verantwortung für die Erneuerung der Gesellschaft wahrzunehmen. Der designierte neue Parteichef sagte, alle müssten sich am Reformprozess beteiligen. Dabei sollten die Sozialdemokraten zeigen, dass sie sich nicht nur in die Vergangenheit zurückwendeten. Den Parteivorsitz "hatte ich auch vor kurzem nicht in meinem Kopf", sagte Müntefering.
Parteiinterner Streit
Dem Amtsverzicht Schröders vorausgegangen war ein öffentlich ausgetragener Streit in der SPD. Die hessische SPD-Vorsitzende Andrea Ypsilanti hatte Gerhard Schröder nahegelegt, den Parteivorsitz der SPD niederzulegen. Nach einem Bericht der "Rheinischen Post" sprach sie sich für eine Trennung der Funktionen von Parteivorsitz und Kanzler aus. Sie habe dabei auf die enorme Arbeitsbelastung Schröders verwiesen, schrieb die Zeitung. Dies sei aber nicht ihr Hauptanliegen. Schröder müsse endlich sozialdemokratische Politik machen.
Mehrere Spitzenpolitiker der Partei hatten zudem von Bundeskanzler Schröder einen Wechsel der Politik und vereinzelt einen Austausch von Ministern gefordert.
Franz Müntefering auf der Pressekonferenz
"Das ist das schönste Amt neben dem Papst - Vorsitzender der SPD zu sein."
"Die Partei muss wissen, dass Opposition zur Demokratie gehört - dass Opposition aber die anderen machen sollen, und nicht wir."
"Die Partei ist insgesamt ganz gut drauf."
Westerwelle: Bundeskanzler ist gescheitert
Mit dem Rücktritt von Kanzler Gerhard Schröder als SPD-Chef steht die Bundesregierung nach Ansicht des FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle vor dem Aus. "Dies ist der Anfang vom Ende der rot- grünen Bundesregierung. Die SPD hat dem Bundeskanzler für seine Politik das Vertrauen entzogen", sagte Westerwelle am Freitag. "Eine Regierungspartei, die das Minimalprogramm der Agenda 2010 schon überfordert, ist gescheitert." Schröder solle "dem Siechtum seiner Regierung ein Ende bereiten und den Weg zu Neuwahlen freimachen".

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Glos fordert Schröders Rücktritt auch als Kanzler
Nach dem Rückzug von Bundeskanzler Gerhard Schröder vom SPD-Vorsitz fordert die CSU nun auch seinen Amtsverzicht als Bundeskanzler und Neuwahlen im Bund. "Der Bundeskanzler, der das Vertrauen in den eigenen Reihen offensichtlich verloren hat, wäre gut beraten, auch vom Amt des Bundeskanzlers zurückzutreten", erklärte CSU-Landesgruppenchef Michael Glos am Freitag in Berlin. "Sofortige Neuwahlen wären der richtige Weg für unser Land." Mit Schröders Rückzug von der SPD-Spitze erlange der "Zerfallsprozess von Rot-Grün" eine neue Dimension. Schröder sei nicht mehr in der Lage, weitere Reformen für Deutschland durchzusetzen. "Das Totenglöckchen von Rot-Grün beginnt zu läuten", meinte Glos.