In diesen Tagen braucht es nicht viel, um die Aufmerksamkeit des Internets auf sich zu ziehen. Manchmal reicht schon zehn Mal die exakt gleiche Antwort. Vielleicht liegt es am Sommer. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass der Norddeutsche Rundfunk die Chuzpe besessen hat, ein vierminütiges Interview mit dem SPD-Politiker Philipp da Cunha aus Mecklenburg-Vorpommern ungeschnitten zu veröffentlichen.
"Ich muss gestehen, dass ich zum Zeitpunkt des Interviews nicht mit einer solchen Veröffentlichung gerechnet habe", sagt da Cunha nun dem stern, der mit dem Politiker eigentlich direkt sprechen wollte. Doch da Cunha lässt mehrfach auf seinen engen Zeitplan verweisen und antwortet letztlich nur schriftlich.
Hintergrund ist ein Bürgerforum der SPD
Im besagten NDR-Videointerview geht es um eine kommunalpolitische Veranstaltung der SPD-Landtagsfraktion in Mecklenburg-Vorpommern, am Abend des 27. Juni. 250 Gäste, bestehtend aus Mitarbeitenden, Freiwilligen und Parteifunktionären, sind in den "Golchener Hof" geladen, einem Vier-Sterne-Hotel im Landkreis Ludwigslust-Parchim. Auch SPD-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig gibt sich die Ehre.
Eine Woche später fragt der NDR genauer nach. Anlass gibt die vermutete hohe Rechnung. "Wie teuer war denn der Abend, Herr Cunha?", fragt der NDR-Reporter Klaus Göbel mehrfach. Zehnmal, genauer gesagt. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Landtag antwortet: "Die SPD in Mecklenburg-Vorpommern veranstaltet seit 15 Jahren Bürgerforen im ganzen Land, um mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen". Auch das zehnmal. Die eigentliche Frage nach den Kosten beantwortet er nicht, bis der Reporter ein wenig genervt das Interview abbricht.
Die dann folgende Berichterstattung enthält unter anderem das vollständige vierminütige Video, in dem da Cunha diese Antwort wiederholt. Es geht in diesen Tagen viral. Die Reaktionen darauf sind belustigt bis beleidigend. Die herrschende Politikverdrossenheit sei kein Wunder, angesichts solcher Gespräche.
Zum Zeitpunkt des Gesprächs habe die vollständige Kostenübersicht schlicht nicht vorgelegen, sagt der SPD-Politiker dem stern. Nach Vorlage, einen Tag nach dem Interview, habe die Partei umgehend kommuniziert. Mittlerweile ist bekannt, der Abend hat die SPD – und damit die Steuerzahlerinnen und -zahler – 15.000 Euro gekostet.
Philipp da Cunha empfindet das Video als aus dem Zusammenhang gerissen: "Wer das ungeschnittene Video, das warum auch immer gänzlich ohne vorliegenden Kontext und Vorgeschichte ausgespielt wurde, jetzt beispielsweise auf Twitter angezeigt bekommt, dürfte es naturgemäß als wenig erhellend einordnen."

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick
Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!
Daher verstehe er die ärgerlichen Reaktionen. Das Interview sei unglücklich in seiner Wirkung, würde aus seiner Perspektive aber nicht zu Politikverdrossenheit führen. "Einen Grund, mich für das Video zu entschuldigen, sehe ich nicht. Dass die Frage-Antwort-Schleife ohne Kontext ungeschnitten im Netz geteilt wurde, liegt nicht in meiner Verantwortung."
Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass der NDR auf den eigenen Kanälen das Gespräch umfänglich eingebettet hat und durchaus Kontext bietet. Wenn nun lediglich dieses Interview in den Sozialen Netzwerken geteilt wird, ist dafür wohl nicht nur der Sender verantwortlich. Da Cunha dürfte auch bei weitem nicht der einzige Politiker sein, der auf mehrfache Nachfrage eines Journalisten keine Antwort gibt – nur sind seine (Nicht-)Antworten dieses Mal öffentlich geworden.
Veranstaltungsort gehört dem Ehemann der SPD-Vize-Fraktionschefin
Ein weiterer kritischer Aspekt: Der "Golchener Hof" gehört dem Ehemann der SPD-Vize-Fraktionschefin Christine Klingohr, die auf ihrer Website noch auf das Hotel verlinkt. Das ist dem Bund der Steuerzahler in Mecklenburg-Vorpommern zufolge nicht illegal, von außen wirkt es aber mindestens unglücklich. Andere Orte habe es aber nicht gegeben, sagt da Cunha dem stern: "Die Alternative zur Durchführung auf dem Golchener Hof wäre gewesen, das Bürgerforum nicht durchzuführen." Christine Klingohr selbst sei an der Entscheidung nicht beteiligt gewesen.
Ehrenamtlich auf dem Bike, vor Gericht und im Urlaub

Das Ehrenamt für Biker: Motorrad fahren für die gute Sache beim Deutschen Roten Kreuz. So wie Henry Markowski. Neben seinem Vollzeitjob engagiert sich der begeisterte Biker bei der DRK-Zweiradstaffel und absolviert dort gerade die Ausbildung zum Rettungssanitäter.
Wer also von seinem eigenen Zweirad auf eine der speziell ausgerüsteten BMW umsteigen und zudem noch eine fundierte Sanitätsausbildung genießen möchte - hier ist die Gelegenheit. Die ehrenamtlichen DRK-Biker werden als sogenannte First Responder eingesetzt, die noch vor den eigentlichen Rettungskräften eintreffen und die Erstversorgung sicherstellen. Die Motorradstaffeln sind vergleichsweise dünn gesät. In Hamburg und Gelsenkirchen, Herten bei Recklinghausen gibt es Kradstaffeln sowie in Augsburg-Land, Rodgau, Contwig bei Saarbrücken oder Borken (NRW).
Die Kosten für diesen Abend findet der SPD-Politiker übrigens im Rahmen, wiederholt er auf stern-Nachfrage, und: "Wir laden zu diesen Bürgerforen – wie die Hälfte der deutschsprachigen Twitter-Nutzer inzwischen weiß – seit 15 Jahren gesellschaftlich aktive Menschen aus den Regionen ein" – dieses Engagement sei eben nicht selbstverständlich. Der letzte Teil der Antwort wäre möglicherweise auch auf Twitter hilfreich gewesen.
Quellen: Twitter, NDR, NDR Nordmagazin, Christine Klingohr