SPD-Schiedskommission Eine Rüge - für Steinmeier

  • von Hans Peter Schütz
Wolfgang Clement darf in der SPD bleiben, und das zu Recht. Doch die Entscheidung des Schiedsgerichts ist auch eine Niederlage. Und zwar für den SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier. Der glänzte im Streit um Clement vor allem mit einem: Rückgratlosigkeit.

Damit kann Wolfgang Clement gut leben. Eine Rüge vom Bundesschiedsgericht der SPD - mehr als ein Achselzucken dürfte dem Mann, der fast 40 Jahre der Sozialdemokratie treu gedient hat, das nicht wert sein. Zu Recht. Parteischädigendes Verhalten steht nicht auf seinem Schuldkonto. Er hat vor einer Energiepolitik der hessischen SPD gewarnt, die aus seiner Sicht einen utopischen Ansatz hatte, was sich beim besten Wohlwollen für Andrea Ypsilanti und Hermann Scheer nicht bestreiten ließ.

Aber deswegen ein Parteiausschluss des Mannes, der noch vor kurzem SPD-Superminister für Wirtschaft und Arbeit war?

Vom Ortsverein massiv beleidigt

Der Vorgang spricht nicht für eine normale Diskussionskultur innerhalb der SPD von heute. Eher für eine innerlich tief zerrissene, intolerante Partei. Man blicke zurück und denke etwa daran, wie einst ein Willy Brandt und ein Erhard Eppler dem damaligen Kanzler Helmut Schmidt in der Nato-Nachrüstungsfrage in den Rücken gefallen sind und ihn in einer zentralen außenpolitischen Frage demontiert, letztlich ihn bis zu seinem Sturz beschädigt haben. Oder man denke nur ein paar Monate zurück bis zu den Tagen, an denen der SPD-Vorsitzende Kurt Beck den Wortbruch der hessischen SPD abgesegnet hat, die beim Wähler mit dem Versprechen niemals mit der Linkspartei zu koalieren Stimmen kassiert und dann mit der genau gegenteiligen Politik quittiert hatte.

Letztlich muss man auch noch Clement zugute halten, dass er nicht heftiger auf die massiven Beleidigungen reagiert hat, mit denen er von seinem SPD-Ortsverein Bochum eingedeckt worden ist. Massive politische Fehlleistung haben die Genossen ihm dort vorgeworfen in ihrer Klageschrift an die Schiedskommission. Er habe als Bundesminister "die Armut von Kindern und Familien in Deutschland verstärkt." Habe "unserer SPD großen Schaden zugefügt." Und "zigtausend Wähler und Mitglieder" der SPD habe er vertrieben.

Steinmeier sagt lieber nichts

Unsinniger geht es nicht. Man wird in bälde besichtigen können, wie viele Wähler die Beck-Ypsilanti-Politik mit ihrem Wortbruch die SPD gekostet hat. Es wäre ein Wunder, käme die hessische SPD wieder über 30 Prozent. Der neue SPD-Chef Franz Müntefering hat gewusst, weshalb er mit aller Kraft einen Parteiausschluss eines verdienten Genossen verhindert hat, der in aller Ruhe sein Recht auf freie Meinungsäußerung in Anspruch genommen hat. Und dies auch noch mit einer Formulierung, die bei genauer Betrachtung keineswegs direkt zum Boykott der Kandidatin Ypsilanti aufgerufen hat.

Was unterm Strich des Clement-Verfahrens bleibt, ist der verheerende Eindruck, den dabei Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier abgegeben hat. Im Gegensatz zu Müntefering oder Finanzminister Peer Steinbrück hat er nie klare Position bezogen. Hat nie die SPD davor gewarnt, einen Rauswurf Clements zu versuchen. Schließlich vertrat Clement exakt die politische Position, die Steinmeier selbst vertrat in Sachen Energiepolitik. Man stelle sich vor, wie etwa ein Gerhard Schröder aufgetreten wäre. Was für eine parteischädliche Idiotie hätte der vermutlich bei passender Gelegenheit laut gerufen. Was aber tat der Genosse Steinmeier? Er trat leise vors Publikum und murmelte, man kenne ja seine Haltung. Welche Haltung sagte er nicht. Nichts zu sagen, scheint seine beliebteste Option zu sein. Dafür sollte ihn seine Partei irgendwann einmal ebenfalls rügen.