SPD-Sonderparteitag Die große Stunde des Genossen Beck

Die SPD ist in Berlin zu einem Sonderparteitag zusammengekommen, um Kurt Beck zum neuen Parteivorsitzenden zu wählen. Erst kurz vor dem Parteitreffen wurde ein interner Konflikt mit der Parteilinken entschärft, dennoch wird auch eine Steuer-Debatte erwartet.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck folgt in dem Amt Matthias Platzeck, er den Chefposten im April nach knapp fünf Monaten aus gesundheitlichen Gründen abgegeben hatte. Beck soll am Nachmittag gekürt werden, seine Wahl gilt als sicher. Auf dem Delegiertentreffen in Berlin will Beck in seiner Rede das Profil der SPD schärfen und die Sozialdemokraten stärker von der Union abgrenzen. In einem Leitantrag soll auf dem eintägigen Treffen auch die Position der SPD zur Steuerpolitik präzisiert werden. Die Parteilinken hatten bei der für 2008 geplanten Unternehmenssteuerreform strikte Aufkommensneutralität verlangt. Das hatte zu einer parteiinternen Debatte geführt.

In dem Leitantrag ist jetzt von "weitgehender Aufkommensneutralität" bei der zum Januar 2008 geplanten steuerlichen Entlastung der Wirtschaft die Rede. Auch spricht sich die SPD in dem Papier für eine Reform der Erbschaftsteuer unter stärkerer Einbeziehung großer Vermögen aus. Platzeck will sich auf dem Parteitag mit einer Rede verabschieden. Vor genau sechs Monaten war er in das höchste Parteiamt mit dem Traumergebnis von 99,4 Prozent gewählt worden. Der Finanzminister aus Sachsen-Anhalt, Jens Bullerjahn, soll zum neuen stellvertretenden Parteivorsitzenden gewählt werden. Er wäre der einzige Ostdeutsche in der vierköpfigen Stellvertreterriege.

Der parteiinterne Steuerstreit konnte erst unmittelbar vor dem Parteitag entschäft werden. Die Parteilinke verzichtet darauf, einen eigenen Antrag mit genauen Vorgaben für Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) zur geplanten Unternehmenssteuer zur Abstimmung zu stellen. In der Antragskommission wurde einstimmig ein Leitantrag der Parteiführung gebilligt. Neu eingefügt in den Text wurde die Passage, dass die Kommunen weiter eine sichere und solide Finanzbasis benötigen. Deshalb müsse über die Zukunft der Gewerbesteuer im Zusammenhang mit der Unternehmenssteuerreform in enger Abstimmung mit Städten und Gemeinden entschieden werden.

Schulterschluss mit der Gewerkschaft

Bekräftigt werden in dem Antrag frühere SPD-Parteitagsbeschlüsse, wonach die SPD für die stärkere Einbeziehung von großen Vermögen in die Finanzierung von öffentlichen Aufgaben stehe. Dazu gehöre auch die Reform der Erbschaftssteuer. Im außenpolitischen Teil des Leitantrags wurde der Appell an die USA und Iran zu direkten Gesprächen über eine Lösung des Atomkonflikts neu aufgenommen. "Die SPD ist und bleibt die Partei der sozialen Gerechtigkeit", heiß es in dem zehnseitigen Text. "Die Große Koalition hat Chancen, und wir wollen ihren Erfolg", wird weiter betont.

Kurz vor dem Parteitag hat sich der angehende SPD-Chef demonstrativ an die Seite der Gewerkschaften gestellt. Unmittelbar vor Beginn des SPD-Treffens am Sonntag sprach Beck auf einer Solidaritätskundgebung der Gewerkschaften für die Streikenden im öffentlichen Dienst. Er bekräftigte seinen Widerstand gegen Angriffe auf Arbeitnehmerrechte und die Tarifautonomie: "Das akzeptieren die Sozialdemokraten nicht", sagte er in einer kurzen Rede, die von den mehreren hundert Demonstranten mit Applaus, aber auch mit Protestrufen begleitet wurde.

Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Michael Sommer, forderte erneut ein Ende des monatelangen Tarifkonflikts im öffentlichen Dienst. "Nach 13 Wochen muss endlich Schluss sein, die Arbeitgeber müssen sich bewegen", sagte er mit Blick auf die für Donnerstag geplante Tarifrunde. Zu der Kundgebung vor dem Parteitagshotel der SPD hatten der DGB und die Gewerkschaft Verdi aufgerufen.

AP · DPA · Reuters
AP/DPA/Reuters