Vor wenigen Tagen beschloss das Bundeskabinett, dass künftig Benzinpreiserhöhungen und Einkaufspreise an eine Kontrollstelle beim Bundeskartellamt gemeldet werden müssen, um dadurch Preisexzesse besser erkennen und ahnden zu können. Die Benzinbranche läuft dagegen Sturm. Auch der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende und Verkehrsexperte Florian Pronold sieht die Pläne kritisch.
Herr Pronold, die Bundesregierung will mit einer sogenannten Benzinpreiskontrolle den Anstieg der Spritpreise besser in den Griff bekommen. Dazu soll eine neue Mammutbehörde geschaffen werden. Was halten Sie davon?
Das ist mindestens der vierte Versuch der schwarz-gelben Bundesregierung, die Benzinpreise in den Griff zu bekommen. Und keiner hat funktioniert. Jetzt herrscht hektische Betriebsamkeit vor der wichtigen Landtagswahl in NRW, um der FDP ein bisschen mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. Für den Geldbeutel der Autofahrer wird die Aktion nullkommanull bringen. Die Steuerzahler werden aber viel Geld für ein neues Bürokratiemonster ausgeben, das am Ende nur sich selbst verwaltet und nichts bewirkt.
Florian Pronold
Der Politiker ist stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender und Landesvorsitzender der Bayern-SPD. Zudem ist Pronold Verantwortlicher für den Bereich Verkehr in der Bundestagsfraktion seiner Partei.
Sie rechnen also nicht mit einer besseren Spritpreiskontrolle oder gar sinkenden Benzinpreisen?
Überhaupt nicht. Die Politik muss den Autofahrern endlich reinen Wein einschenken: So lange es das Oligopol von vier großen Konzernen gibt, hat Politik kaum Einfluss auf den Benzinpreis. Das ist keine angenehme Botschaft. Aber die Erdölpreise werden steigen und wir müssen uns mittelfristig vom Öl unabhängiger machen.
Ihr bayerischer CSU-Konkurrent, Verkehrsminister Ramsauer, sagt immerhin, ihm sei jedes Mittel recht, die Benzinpreise an die Kette zu legen. Und Sie sagen, das geht gar nicht.
Herr Ramsauer ist der Ankündigungsminister dieser Bundesregierung. Er klopft die meisten Sprüche und setzt am wenigsten um. Ich treffe kaum noch Bürger, die meinen, Politik könnte Benzinpreise beeinflussen. Schon gar nicht durch ein neues Gesetz oder diese geplante Behörde.
Warum?
Das Gesetz soll den freien Tankstellen helfen. Deren Spitzenverband protestiert am lautesten dagegen, weil damit den kleinen, freien Tankstellen noch mehr Bürokratie aufgeladen wird. Denn es wird nur am Ende der Wertschöpfungskette angesetzt - beim Benzinpreis an den Tankstellen. Die Ölkonzerne verdienen aber von der Förderung über die Verarbeitung bis hin zum Verkauf. Sie verdienen, bevor das Benzin auf den Markt kommt, am meisten. Der größte Teil der Gewinne der Öl-Multis entsteht in der Wertschöpfungskette aber außerhalb der Reichtweite des Einflusses deutscher Politik.
Also aus Ihrer Sicht nackte Wahlhilfe für die FDP, weil das Projekt unter der Verantwortung von FDP-Bundeswirtschaftsminister Rösler läuft?
Leider ja. Auf dem Benzinmarkt existiert kein echter Wettbewerb. Das kann selbst einem Herrn Rösler nicht verborgen geblieben sein. Seine Aktion wird die Politikverdrossenheit fördern. Spätestens wenn die Öl-Multis die Spritpreise zur nächsten Urlaubszeit wieder erhöhen, sehen die Autofahrer, dass Rösler ihnen nur was vorgegaukelt hat.
Was müsste geschehen, um die freien Tankstellen gegen den Druck der Öl-Multis zu schützen? Zuweilen machen die Großen die Kleinen ja dadurch kaputt, dass die in der Umgebung der Kleinen Benzin zu Kampfpreisen verkaufen.
Das muss man kartellrechtlich sauber beweisen. Doch die Kartellwächter sagen selbst, dass ihnen das rechtssicher nicht gelingt.

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Wieso fordert die SPD jetzt nicht eine Erhöhung der Pendlerpauschale, um Spritpreise über 1,70 Euro für den Arbeitnehmer erträglicher zu machen?
Das wird an der Preistreiberei wenig ändern. Röttgen, Seehofer und Rösler haben ja vor den Wahlen ihr Herz für Pendler entdeckt und Verbesserungen versprochen. Passiert ist nichts und der eigene Finanzminister und die Kanzlerin haben diese Forderung klar abgelehnt. Die Pendlerpauschale ist wichtig für Arbeitnehmer im ländlichen Raum, aber in der bisherigen Ausgestaltung kommt sie bei Klein- und Mittelverdienern kaum an. Sie muss an die reale Kostenentwicklung angepasst werden, aber sie muss auch gerechter werden.
Was halten Sie von einem Pendlergeld?
Das wird zum Beispiel in Österreich für Fernpendler in manchen Bundesländern praktiziert. Aber der Personenkreis, der die bekommt, ist sehr klein, anders ist es kaum zu bezahlen. Schwarz-Gelb soll den Ankündigungen von Röttgen & Co. endlich einen Gesetzentwurf zur Verbesserung der Pendlerpauschale folgen lassen. Sobald das der Fall ist, wird die SPD gerne bei einer gerechteren Ausgestaltung der Pendlerpauschale mithelfen.
Steuern machen rund 50 Prozent des Spritpreises aus. Und der Staat verdient noch einmal mit, weil auch die Mehrwertsteuer steigt. Dennoch sehen Sie keine Chance auf eine Steuersenkung beim Benzin?
Ja, das stimmt. FDP und CDU/CSU haben in der Opposition immer versprochen, die Ökosteuer zu senken und es als Regierung trotzdem nie getan. Die Autofahrer sind nicht das Klientel von FDP und CSU, die sorgen sich nur um die Villenbesitzer am Starnberger See und die Hoteliers. Bestimmt würden Steuersenkungen beim Benzin auch nicht lange wirken, die Ölkonzerne würden die Spielräume für Extraprofite sofort nutzen - bald wären die Preise wieder genauso hoch. Nur das Geld wäre in den Tresoren der Öl-Multis und würde für Straßenbau und in der Rentenkasse fehlen.