Staatsminister Erler USA sollten mit Iran verhandeln

Was können Gespräche der USA mit dem Iran bewirken? Kann sich der Uno-Sicherheitsrat doch noch einigen? Im stern.de-Interview skizziert Staatsminister Gernot Erler die deutsche Haltung zum Atomstreit mit Teheran.

US-Außenministerin Condoleezza Rice hat die Drohungen gegenüber dem Iran verschärft. Wenn die Mitglieder des Uno-Sicherheitsrates sich nicht auf die Androhung von Sanktionen einigen können, dann setzten die USA auf eine "Koalition der Willigen", hat sie diese Woche gesagt. Erweist sich der Uno-Sicherheitsrat schon jetzt als Papiertiger?

Die Äußerungen von Frau Rice in einer Fragerunde in Chicago bedeuten, dass die USA die uns bekannten Optionen in vollem Umfang aufrechterhalten, die der amerikanische Präsident in der Iran-Frage für sich in Anspruch nimmt. Das gilt auch für den Fall, dass es zu keinem Beschluss des Sicherheitsrates über die Androhung von Sanktionen kommt. Insofern stellen die Äußerungen von Frau Rice keine neue Qualität dar.

Dennoch sind die USA bereit, den Sicherheitsrat zu umgehen, wenn dieser sich nicht auf Sanktionen einigen kann.

Das gehört zu dem Anspruch zwingend dazu, dass alle Optionen auf dem Tisch liegen. Ich weise jedoch darauf hin, dass bei dem Zitat von Frau Rice ausdrücklich nur von finanziellen oder politischen Maßnahmen die Rede ist, auf die sich so eine mögliche "Koalition der Willigen" verständigen könnte.

Zur Person

Gernot Erler, 61, ist SPD-Abgeordneter im Bundestag und seit November 2005 Staatsminister im Auswärtigen Amt. Der studierte Historiker vertritt seit 1987 den Wahlkreis Freiburg. Im Bundestag hat sich der Parteilinke als Außenpolitiker profiliert. Er ist verheiratet und hat eine Tochter.

Steuern wir in der Iran-Frage auf eine ähnliche Spaltung zwischen den USA und Europa zu wie es sie vor und während des Irak-Kriegs gegeben hat?

Alle, die in den vergangenen Tagen den Verhandlungen der Sicherheits-Rats-Mitglieder in Moskau beigewohnt haben, sehen das anders. Es gibt eine große Entschlossenheit der Weltgemeinschaft, in dieser Frage nicht auseinander zu driften, sondern mit Geduld und gemeinsamer Entschlossenheit eine diplomatische Lösung mit der iranischen Führung zu suchen. Deshalb werden die Gespräche in dem Sechser-Format, das die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates plus Deutschland einschließt, auch weiter gehen – auch über den Zeitpunkt des für den 28. April erwarteten Berichts von IAEO-Direktor Mohammed El Baradei hinaus.

Halten Sie bilaterale Gespräche der USA mit dem Iran für eine Möglichkeit, diesen Konflikt zu entschärfen?

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Es entspricht der Überzeugung der Bundesregierung, dass es gut wäre, wenn es zu direkten Gesprächen zwischen der Weltmacht USA und der iranischen Führung käme - auch über das Thema des iranischen Atomprogramms. Aber offenbar ist dieser Weg augenblicklich nicht der wahrscheinlichste. Realistischer ist, dass eine Lösung auf dem Weg über Verhandlungen der Sechser-Gruppe mit dem Iran versucht wird.

Aber gibt es auf russischer und chinesischer Seite überhaupt einen Einigungswillen? Die Ablehnung von Sanktionen in Moskau und Peking ist doch eindeutig. Wie wollen Sie aus dieser Blockade herauskommen?

Blockiert ist der Sicherheitsrat in der komplizierten Frage, wie man gemeinsamen Forderungen den größtmöglichen Nachdruck verschaffen kann. Diese Schwierigkeiten bei den Sanktionen verdecken aber ein wenig den Blick darauf, dass es eine ungewöhnlich stabile Einigkeit darüber gibt, was die gemeinsamen Ziele angeht. Wir sind uns einig darüber, dass der Iran seine doppelverwertbaren Programme zur Anreicherung und Wiederaufarbeitung suspendieren muss. Das Land muss sich einer vollständigen Kontrolle durch die IAEO öffnen. Insofern muss man aufpassen, dass man die westliche Verhandlungsposition nicht dadurch schwächt, dass man sich nur auf die Frage der Druckmittel konzentriert.

Interview: Florian Güßgen