In der Bundesregierung tobt ein offener Streit über die Aufstellung des Haushalts 2009. Finanzminister Peer Steinbrück rügte die aus seiner Sicht überzogenen Ausgabenwünsche einzelner Ministerkollegen. Unverhohlen drohte der SPD-Vizechef, Schavan, Wieczorek-Zeul, Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU), und Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) die Etathoheit zu entziehen und ihnen ohne Absprache ein Budget zuzuweisen. Die Betroffenen reagierten teils empört.
Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul zeigte sich sehr verärgert. "Das ist schon ein beispielloser Stil, dass entsprechende Mitteilungen die Minister über die Presse erreichen" sagte die SPD-Politikerin. "Mein Ministerium hat für 2009 nur das angemeldet, wozu sich die gesamte Bundesregierung - mit der Kanzlerin an der Spitze - international verpflichtet hat, zuletzt in Heiligendamm."
Wiezorek-Zeul verwies auf den EU-Plan, der Deutschland dazu verpflichtet, bis 2010 mindestens 0,51 Prozent seines Bruttonationaleinkommens für die Armutsbekämpfung auszugeben. "Ich habe das feste Vertrauen, dass sich die Bundesregierung, die ja über den Haushalt entscheidet, diesen Verpflichtungen nicht entziehen wird", sagte die Ministerin. Die Bundesregierung hatte im vergangenen Jahr beschlossen, die Mittel für Entwicklungshilfe in den Jahren 2008 bis 2011 um jeweils 750 Millionen Euro aufzustocken. Davon entfallen 670 Millionen Euro auf das Entwicklungsministerium und 80 Millionen auf das Auswärtige Amt. Wie viel Geld Wieczorek-Zeul zusätzlich bei ihrem Parteigenossen Steinbrück für 2009 beantragt hat, sagte sie nicht.
Bafög "muss bezahlt werden"
Auch Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) ist über Steinbrücks Verdikt empört. "Ich halte die Reaktion für überzogen und im Ton für völlig unangemessen", sagte Schavan in Berlin. Ihr Ministerium habe unter anderem deswegen einen höheren Finanzbedarf, weil das Bafög 2009 um zehn Prozent steigt. "Das muss jetzt bezahlt werden."
Oberste Priorität habe auch das Ziel, bis 2010 den Etat für Forschung und Entwicklung in Deutschland auf drei Prozent der Wirtschaftsleistung zu erhöhen. "Es gibt einen breiten Konsens im Kabinett über die Wirkung des Drei-Prozent-Ziels, das sich unmittelbar auf Wachstum und Beschäftigung auswirken wird", sagte Schavan, die auch stellvertretende CDU-Chefin ist.
Finanzminister erhält auch Rückenwind
Unterstützung bekam Steinbrück von SPD-Chef Kurt Beck: der Finanzminister "hat die Aufgabe, unsere Ziele umzusetzen", sagte er. Dies seien die Konsolidierung des Haushalts und die Finanzierung wichtiger Zukunftsaufgaben. "Da sind wir absolut einer Meinung." Alles andere sei Sache des Bundeskabinetts und "im Zweifelsfall Sache der Regierungschefin".

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Auch CDU-Haushaltspolitiker Steffen Kampeter (CDU) stellte sich klar vor Steinbrück: "Eine Haushaltsaufstellung ist keine Kaffeerunde, sondern hartes Verhandeln." Der Vorsitzende des Bundestags-Haushaltsausschusses, Otto Fricke (FDP), äußerte im "Deutschlandradio" Verständnis. Die Minister hätten offenbar den Weckruf nicht gehört. Grünen-Expertin Christine Scheel nannte im "MDR" das Gerangel eine "peinliche Geschichte". Linke-Fraktionschef Oskar Lafontaine sagte auf "N24", der Streit sei letztlich "irrelevant, weil das Haushaltsrecht ausschließlich beim Parlament liegt". Der SPD-Haushaltsexperten Carsten Schneider sagte: "Steinbrück ist der Chef im Ring, er trägt die Verantwortung für die Haushaltsplanung."