Nun sag' endlich Ja! Das ist es, was sich die Deutschen von ihrem Bundespräsidenten Horst Köhler wünschen. Ganze 77 Prozent der Bevölkerung sind nach der jüngsten Forsa-Umfrage für den stern und RTL dafür, dass Köhler eine zweite Amtszeit absolviert. Dieser Wunsch zieht sich quer durch die politischen Gesinnungen. Selbst die Anhänger der Grünen (64 Prozent) und der Linken (70 Prozent) sprechen sich für Köhler aus. Unter den FDP-Wählern sind es 76 Prozent, bei den SPD-Wählern 81 Prozent, die Anhängern der Union stehen gar zu 90 Prozent hinter dem Bundespräsidenten. Wer wollte bei diesen Umfragewerten gegen Köhler antreten? Allein die Nominierung eines Gegenkandidaten könnte einer Partei wie der SPD schaden. Deswegen werden vermutlich auch die Sozialdemokraten für Köhler stimmen. Vorausgesetzt, er erklärt sich dazu bereit, nochmal anzutreten.
Die Situation für die Parteien ist weniger eindeutig. Wäre am Sonntag Bundestagswahl, stünden sich die Lager auf Augenhöhe gegenüber. SPD, Grüne und Linkspartei kämen auf 47 Prozent; CDU und FDP auf 48 Prozent. "Es gibt keine strukturelle Mehrheit für das eine oder das andere Lager", stellt Forsa-Chef Manfred Güllner im stern.de-TV-Interview im "Café Einstein" fest. Und er weist darauf hin: Neben dem linken und dem bürgerlichen Lager ist die Fraktion der Nichtwähler zu einer beinahe gleichstarken Kraft heran gewachsen. 30 Prozent der Befragten würden daheim bleiben.
Das neue Durcheinander
In dieser Patt-Situation sind die verschiedensten Konstellationen und Machtoptionen denkbar. Dass sich noch kein führender CDU-Politiker für Sondierungsgespräche mit der Linken ausgesprochen hat, ist schon alles. Eine engagierte Grüne aus dem Hamburger Stadtteil Eimsbüttel brachte es im Vorfeld der Koalitionsverhandlungen mit den Christdemokraten auf den Punkt: "Für den Fall, dass wir mit der CDU zusammenarbeiten, entschuldige ich mich bei allen Wählern. Denn ich habe sie nicht darauf hingewiesen, dass sie mit ihrer Stimme eventuell die CDU unterstützen."
Güllner glaubt, dass das neue Durcheinander nicht jedem schmecken wird. "Es ist auch für die Wähler eine neue Situation. Sie denken ja im Prinzip nicht in Koalitionsarithmetiken wie die Parteien, sie wählen eine Partei und sagen: Die ist gut, die kann ich wählen", sagt Güllner. "Aber natürlich gab es ein paar, die auch geguckt haben: Reicht es für bestimmte Koalitionen, die ich mir wünsche? Und das wird natürlich schwierig. Da wird man abwarten müssen, wie da die Leute darauf reagieren."
"Aufstand der Bürgersöhnchen"
Dass die Grünen jetzt mit der CDU koalieren, ist für Güllner keine große Überraschung. "Ich glaube, die Grünen sind ja immer etwas falsch eingeschätzt worden. Es war keine Bewegung aus dem Proletariat, es war eine Bewegung in bürgerlichen Lagern. Es war der Aufstand der Bürgersöhnchen gegen die Bürgerväter", sagt Güllner. "Und was in Hamburg passiert ist, ist sozusagen eine Wiedervereinigung der Generationen."
Im einzelnen kamen die Parteien nach der Forsa-Umfrage auf folgende Werte: Die FDP büßte im Vergleich zur Vorwoche einen Punkt ein und kommt nun auf zehn Prozent. Alle anderen Werte bleiben stabil: Die Union erreicht 38 Prozent, die SPD stagniert bei 24 Prozent, die Grünen liegen bei neun Prozent und die Linke kann ihr Jahreshoch von 14 Prozent halten.