Gleich mehrere Ministerien halten sich einem Zeitungsbericht zufolge nicht an die Vorgaben des Sparpakets der schwarz-gelben Bundesregierung. Wie die "Süddeutschen Zeitung" berichtet, stellen sich vor allem das Wirtschafts- und das Justizministerium, aber auch die Ressorts für Verkehr, Soziales und Umwelt quer. "Manche Minister wollen offenkundig von dem, was sie bei der Sparklausur im Juni selbst beschlossen haben, nichts mehr wissen", zitiert die "SZ" aus Regierungskreisen.
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) soll sich bei einer Sitzung des CDU-Präsidiums massiv verärgert über das Verhalten der Kabinettskollegen gezeigt haben. Wie die "SZ" unter Berufung auf Sitzungsteilnehmer schrieb, forderte er alle Beteiligten auf, Disziplin zu wahren und die getroffenen Absprachen umzusetzen. Nach dem bisherigen Fahrplan der Regierung sollen sämtliche Sparvorhaben bis Ende August in Gesetzentwürfe gegossen und vom Bundeskabinett verabschiedet werden.
Widerstand gegen Öko- und Luftverkehrsteuer
Hauptquertreiber ist dem Bericht zufolge Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP), dessen Unterhändler sich vor allem gegen den Abbau von Vergünstigungen bei der Ökosteuer wehren. Sie argumentierten, dass bei einer Umsetzung der Beschlüsse Firmen mit hohem Stromverbrauch bis zu zehn Mal mehr Ökosteuer zahlen müssten als bisher. Das Finanzministerium bestreite das nicht, verweise aber darauf, dass die betroffenen Betriebe derzeit oft nur Kleinstbeträge an den Fiskus überweisen müssten. Der Bundeshaushalt würde 2011 durch die Streichung der Vergünstigungen um eine Milliarde Euro entlastet.
Genauso viel bringen soll die neue Luftverkehrsteuer, gegen die Brüderle nach Informationen der "SZ" ebenfalls zu Felde zieht. In einem internen Papier seines Hauses werde davor gewarnt, dass die Abgabe für den Bund wegen auf Flughäfen im Ausland ausweichender Passagiere und wegfallender Arbeitsplätze zum Minusgeschäft werden könne.
Widerstand gegen Fiskusprivileg
Widerstand gegen einen anderen Sparbeschluss kommt nach Informationen der "SZ" aus dem Justizministerium. Das Haus von Ressortchefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) wehre sich gegen das Vorhaben, im Insolvenzrecht das sogenannte Fiskusprivileg wieder einzuführen. Die Klausel erlaubt es den Finanzämtern, im Falle einer Firmenpleite als Erste auf die Konkursmasse zuzugreifen. Übrige Gläubiger hätten dann womöglich das Nachsehen. Schäuble erhofft sich dadurch Mehreinnahmen von 500 Millionen Euro im Jahr.
Gestritten wird in der Koalition offenbar auch über die vorgesehenen Kürzungen im Sozialetat sowie den Umgang mit der Atombranche. CSU-Chef Horst Seehofer hatte es am Montag strikt abgelehnt, im Falle einer Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken die Zusatzgewinne der Betreiber über die geplante Brennelementesteuer hinaus abzuschöpfen.