Wahlkampf "Wald und Mülltrennung" - De Maizière erntet Kritik und Spott zu Leitkultur-Vorschlägen

Thomas des Maizière
Thomas de Maizière: "Ein aufgeklärter Patriot liebt sein Land und hasst nicht andere"
© Michael Kappeler/DPA
Wahlkampf oder ernsthafte Debatte über die deutsche Leitkultur? Innenminister de Maizière erntet mit seinem Vorstoß viel Kritik. Vor allem in den sozialen Medien macht man sich über die Vorschläge lustig.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat mit seinen zehn Punkten zu einer deutschen Leitkultur vielfältige Kritik provoziert. Die politischen Gegner sehen in der Debatte um eine deutsche Leitkultur vor allem Wahlkampf und rechte Stimmungsmache. Aus den eigenen Reihen kam hingegen viel Zustimmung.

De Maizère hatte die Bundesbürger aufgerufen, sich selbstbewusst zu einer deutschen Leitkultur zu bekennen und sie vorzuleben. "Wer sich seiner Leitkultur sicher ist, ist stark", schrieb er in der "Bild am Sonntag". Wenn diese eigene Kultur "uns im besten Sinne des Wortes leitet, dann wird sie ihre prägende Wirkung auf andere entfalten. Auch auf die, die zu uns kommen und bleiben dürfen."

Thomas de Maizière: "Wir sind nicht Burka"

De Maizière nannte einen Katalog von zehn Punkten, der jenseits von Grundrechten und Grundgesetz nach seiner Einschätzung die Leitkultur ausmacht. Dies seien keine Rechtsregeln, "sondern ungeschriebene Regeln unseres Zusammenlebens", die durchaus um weitere Punkte ergänzt werden könnten, argumentierte der Innenminister. Unter anderem hob er hervor, dass Deutschland eine "offene Gesellschaft" sei. "Wir zeigen unser Gesicht. Wir sind nicht Burka."

In Deutschland sei "Religion Kitt und nicht Keil der Gesellschaft". Kirchliche Feiertage "prägen den Rhythmus des Jahres. Kirchtürme prägen unsere Landschaft". Gleich wohl sei Deutschland weltanschaulich neutral. "Für uns sind Respekt und Toleranz wichtig." Zum Mehrheitsprinzip gehöre der Minderheitenschutz. Gewalt werde grundsätzlich nicht akzeptiert. "Wir verknüpfen Vorstellungen von Ehre nicht mit Gewalt." Die Deutschen "sind aufgeklärte Patrioten. Ein aufgeklärter Patriot liebt sein Land und hasst nicht andere."

Zur Leitkultur gehörten zudem ein gewisses Bildungsideal, der Leistungsgedanke, das Erbe der deutschen Geschichte mit dem besonderen Verhältnis zu Israel und der kulturelle Reichtum, so de Maizière.

Martin Schulz: "Das Grundgesetz ist die Leitkultur"

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz bezeichnete den Vorstoß von de Maizière mit Verweis auf die Verfassung als unsinnig. "Die deutsche Leitkultur ist Freiheit, Gerechtigkeit und ein gutes Miteinander, so wie es im Grundgesetz steht", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". FDP-Chef Christian Lindner sagte, de Maizière wolle lediglich Wahlkampf machen: "Der Beitrag von Herrn de Maizière ist ein Ablenkungsmanöver. Die CDU bringt eine moderne Einwanderungspolitik mit gesetzlicher Grundlage nicht zustande. Stattdessen werden jetzt alte Debatten aufgewärmt." 

Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry ging den Innenminister über Twitter persönlich an: "Modell de Maizière: Deutsche Leitkultur während der Legislatur torpedieren, zwei Wochen vor der Wahl den großen Kulturverteidiger spielen", schrieb sie.

Zustimmung kam aus CDU und CSU. CDU-Vize Thomas Strobl sagte der "Heilbronner Stimme": "Der Einwurf des Bundesinnenministers ist goldrichtig." Er fügte hinzu: "Wenn ich mir anschaue, wie die in Deutschland lebenden türkischen Staatsbürger beim Referendum abgestimmt haben, muss ich sagen: Das ist auch eine Folge gescheiterter Integration." Das CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn erklärte: "CDU und CSU stehen für ein klares Bekenntnis zu unserer Leitkultur. Gerade weil wir durch Zuwanderung und gesellschaftliche Offenheit vielfältiger werden, brauchen wir die Leitkultur als das einigende Band." 

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Reaktionen im Netz

In den sozialen Medien spiegeln sich die unterschiedlichen Meinungen zur Leitkultur-Debatte wider. Aber vor allem die Kritiker nutzen das Internet, um de Maizières Vorschläge zurückzuweisen oder sich über sie lustig zu machen. Eine kleine Auswahl von Tweets.

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DPA
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