Hans-Martin Tillack Durch die Putin-Presse gedreht

Weil Gazprom in diesem Blog nicht genügend gepriesen wurde, hat eine russische Zeitung ein bisschen nachgeholfen. Und ihre Leser angeschwindelt, der stern habe Gazprom gelobt. Vor fünf Tagen hatte ich mich an dieser Stelle über den russischen Staatskonzern Gazprom amüsiert, der "Transparenz" verspricht und zugleich seine Gelder durch briefkastenlose Briefkastenfirmen in Zypern schleust. Auch darüber, dass die Pressestelle der Gazprombank zwar neuerdings ihre Kontaktdaten auf der Website angibt - aber Fragen über die Briefkastenfirmen dann dennoch nicht beantwortet.

Gleich am Tag darauf zitierte mich die als renommiert geltende russische Internetzeitung gazeta.ru. "Stern: Gazprom lernt transparent zu sein", titelten die Journalisten.

Und schrieben weiter, unter Berufung auf den stern: Bei der Gazprombank versuche man "ein neues Verständnis von Transparenz zu vermitteln" und gehe "auf Kontakte ein". Kaum habe ich, der stern-Reporter, fehlende Kontaktdaten auf der Homepage moniert, "tauchten auf der Seite sowohl die E-Mail-Adressen als auch die Telefonnummern aller Mitarbeiter auf".

Aus einem Text, der Gazprom kritisierte, pickte sich gazeta.ru also einen Aspekt heraus, der den Konzern in gutem Licht erscheinen lässt. Und übertrieb ihn maßlos. Und ließ alles andere weg.

Wo ich geschrieben hatte, dass man Gazprom-Managern vor allem zutraue, Gelder auf Nummernkonten auf den British Virgin Islands zu leiten - da zitierte gazeta.ru die "Kontonummern der führenden Manager", die "irgendwo auf den britischen Inseln aufbewahrt" würden. Die von Gazprom betriebene "Ausschaltung der Pressefreiheit in Russland" übersetzte gazeta.ru leicht verändert so: Gazprom habe angeblich "keinerlei Vorstellung davon, was Transparenz bedeutet".

So also funktioniert die Presse in Wladimir Putins besenreiner Demokratie (würde sie in Deutschland genauso funktionieren, wäre wahrscheinlich auch Putins Kumpel Gerhard Schröder immer noch Bundeskanzler). Als Schröders Nachfolgerin Angela Merkel beim Gipfel in Samara den Kreml kritisierte, ließen die russischen TV-Stationen ja auch alles weg, was als Kritik verstanden werden konnte - und sendeten den Rest.

Wie man hört, gehört gazeta.ru dem russischen Magnaten und Gazprom-Manager Alisher Usmanov. Insofern war die Manipulation wahrscheinlich auch Teil des Transparenzfeldzuges von Gazprom - von dem wir ja dank des von den Russen bezahlten Fußballclubs Schalke 04 wissen.

Siehe mein Beitrag vor fünf Tagen. Es gilt die deutsche Fassung.