Der Website von Schalke 04 verdanken wir die Information, worum es dem russischen Staatskonzern Gazprom vor allem geht: um mehr Transparenz! So ist das eben mit den Vorurteilen. Ganz leicht sind sie völlig falsch. Viele hätten sicher vermutet, dass es den Gazprom-Managern in erster Linie um die Auffüllung ihrer Nummernkonten auf den British Virgin Islands geht. Sowie zweitens um die Ausschaltung der Pressefreiheit in Russland und drittens um die Unterwerfung der Ukraine. Aber alles falsch.
Lesen Sie selbst bei Schalke 04: "Höchstes strategisches Ziel der OAO GAZPROM ist die Erhöhung der Kapitalisierung der Gesellschaft, die Vervollkommnung des Systems des Unternehmensmanagements sowie die Erhöhung der Transparenz des Unternehmens."
Es klingt ein bisschen wie: Vorwärts zur Erfüllung der Transparenzbeschlüsse des 73.Parteitags der KPdSU!
Aber es ist nun mal so, dass Gazprom die Nachfolgeorganisation des sowjetischen Gas-Ministeriums ist. Beim Thema Transparenz betritt die Gesellschaft also Neuland. Obwohl man in Moskau bereits seit geraumer Zeit den Kontakt zu führenden westlichen Transparenzexperten (Gerhard Schröder, Silvio Berlusconi etc) sucht, geht in der Praxis bei der Umsetzung der neuen Transparenzschritte immer mal wieder was schief.
Weil einfach keiner den Gazprom-Leuten rechtzeitig gesagt hat, wie man es richtig macht. Kann man ihnen da wirklich Vorwürfe machen, wenn sie schon wieder Gelder über verschachtelte Tarnfirmen in Zypern leiten? Oder Gewinne an den Aktionären vorbeischleusen? Um die Penunzen anschließend in die Taschen einiger anonymer Millionäre fliessen zu lassen, die sich rechtzeitig bei einer von der Gazprombank kontrollierten Fondsgesellschaft in Liechtenstein eingekauft haben?
Dass man bei Gazprom durchaus bereit ist, beim Thema Transparenz dazu zu lernen, kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Vor ein paar Wochen schaffte ich es nur mit Mühe, die Pressestelle der Gazprombank zu erreichen. Auf ihrer Website hatte die Finanztochter des Energieriesen die Kontaktdaten leider nicht veröffentlicht. Aber kaum hatte ich das gegenüber einem Sprecher der Gazprombank kritisch angemerkt, griffen die Russen meinen Vorschlag sofort auf. Jetzt findet jeder die Email-Adresse und Telefonnummer auf der Homepage. Dank mir, man denke.
Über die mir inzwischen bekannten Wege konnte ich nun schon mehrfach längere Listen mit Fragen an die Gazprombank richten - wegen der verschachtelten Tarnfirmen in Zypern etc. Ein echter Sieg der Transparenz!
Geantwortet oder gar nur reagiert hat die Gazprombank allerdings bisher auf keine einzige Frage.

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Aber bei der Transparenz ist es halt wie mit allen anderen Dingen auch: Übertreibung schadet nur.