In Deutschland kannte ihn bisher fast keiner, dabei ist er der reichste Mann in unserem Nachbarland Tschechien und laut dem US-Magazin Forbes einer der 100 wohlhabendsten Menschen der Welt. Petr Kellner legte den Grundstein für sein Vermögen von geschätzt 13 Milliarden Euro, als der Staat in seinem Heimatland nach dem Ende des Kommunismus zahlreiche Betriebe privatisierte. Heute verdient er sein Geld in vielen Ländern dieser Erde, mit Finanzgeschäften und Mobilfunk ebenso wie mit Biotechnologie, Landwirtschaft und Immobilien.
Hier in Deutschland zählt seine PPF Group zusammen mit Partnern aus der Slowakei zu den noch verbliebenen Bewerbern, die künftig die Lkw-Maut betreiben wollen; wir berichten darüber in der heute erschienen Ausgabe des stern. Wie lukrativ dieses Geschäft ist, hatte der stern vor einigen Jahren zusammen mit der Enthüllungsplattform Wikileaks gezeigt. Die heutigen Betreiber des Toll-Collect-Konsortiums - Deutsche Telekom, Daimler und die französische Cofiroute - hatten sich für die ersten zwölf Jahre eine feste Rendite von über einer Milliarde Euro vertraglich zusagen lassen.
Ein Herausforderer für die Deutsche Telekom
Im Wettbewerb um dieses Geschäft ist der Tscheche jetzt ein Herausforderer für den Platzhirschen Deutsche Telekom. Hinter vorgehaltener Hand verbreiten Verkehrspolitiker, dass sie sich Sorgen machen - Sorgen, dass das Angebot von Kellner & Co nicht so leicht vom Tisch zu wischen sein könnte. Und ebenfalls hinter vorgehaltener Hand kommt dann der Verweis auf das starke wirtschaftliche Engagement des Tschechen in Russland.
In der Tat gehören Kellner mehrere dutzend Firmen in Russland, wie etwa ein Blick in den jüngsten Jahresbericht seiner tschechischen Mobilfunkfirma O2 zeigt. Russisch ist überdies eine der vier Sprachen, in der die PPF Group ihre Website anbietet. Die Sprecherin des Milliardärs weist den Vorwurf zu großer Russland-Nähe dennoch als "irreführend" zurück. Kellners Firmen in Russland stünden nur für 13 Prozent des Vermögens der Gruppe.
Verwirrspiel bei Braunkohle-Geschäft
Allerdings macht es Kellner einem nicht immer leicht, all seine Beteiligungen zu durchschauen. Zumindest gab es jahrelang ein gewisses Mysterium rund um Kellners Beteiligung am früheren deutschen Braunkohle-Geschäft des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall. 2016 hatte Kellners PPF Group das zusammen mit einem weiteren Partner aus Tschechien namens EPH übernommen. Seitdem ist die PPF Miteigentümerin von vier Braunkohle-Tagebauen und ebenso vielen Kraftwerken in Ostdeutschland.
Kellners Gruppe hatte diese Investition auf dem Umweg über Zypern eingefädelt, über die Firma Gemcol Limited in Nikosia. Und bereits kurz nachdem der Einstieg im Jahr 2016 beschlossen war, konnte man in deutschen Medien irreführende Meldungen lesen. Im April 2016 vermeldete etwa der öffentlich-rechtliche Sender RBB ohne Angabe von Quellen, Kellner habe sich "zwischenzeitlich aus der Gesellschafterriege verabschiedet“.
Das war vermutlich geeignet, die Gemüter zu beruhigen, denn Kellners Name wurde damals gerade im Zusammenhang mit den Enthüllungen über die "Panama Papers" genannt. Kellner unterhielt - und unterhält - Firmen in Steueroasen wie den British Virgin Islands oder den Cayman Islands. Irgendwelche Gesetzesverstöße wurden ihm in diesem Zusammenhang nicht vorgeworfen.
Das Verwirrspiel um Kellner und die Lausitz dauerte aber an. Bis heute verbreitet die LEAG, die als Dachgesellschaft für die Lausitz-Beteiligung von PPF und EPH fungiert, ihr Miteigentümer sei die PPF Investments Limited auf Jersey. Diese wiederum versichert, sie arbeite "unabhängig" von Kellners PPF. Die Kontrolle als Anteilseigner übe hier ein Mann namens Tomas Brzobohaty aus. Details der eigenen "Investorenstruktur" könne man nicht offenlegen, das sei eine in der Branche "übliche Praxis", sagt die Firma auf Jersey auf ihrer Website.
Die Rolle von Petr Kellner blieb unklar
Nach dem Einstieg der Tschechen versuchte der freie Leipziger Fachjournalist Stefan Schröter, das Geheimnis aufzuklären. Laut Schröters Website teilte ihm ein Sprecher von Kellners PPF Group mit, dass man "keinen Anteilsbesitz bei PPF Investments" auf Jersey habe. Damit, so Schröter, sei "unklar, wer der tatsächliche Finanzpartner von EPH beim Kauf des Braunkohlegeschäfts von Vattenfall ist". Brzobohaty? Oder doch Kellner?
Auch die Umweltorganisation Greenpeace hielt in einem zuletzt im Jahr 2017 aktualisierten "Schwarzbuch“ zu dem Braunkohle-Deal fest, es bleibe "unklar", warum "das Steuerparadies Zypern eingebunden wurde und welche Rolle der tschechische Milliardär Kellner wirklich spielt".
Als wir jetzt versuchten, dem Rätsel auf den Grund zu gehen, hatten wir es leichter. Seit Ende 2017 haben auch Journalisten in begründeten Fällen Zugang zum neu eingerichteten Transparenzregister des Bundes. Hier müssen Firmen die Namen ihrer wirtschaftlich Berechtigten offenlegen, falls sie dies nicht etwa schon im Handelsregister getan haben.
Heute steht der Name des Tschechen im Transparenzregister
Ergebnis unserer Recherche: Laut offiziellem deutschem Register ist Petr Kellner selbst bis heute mit 49,46 Prozent an der Lausitz Energie Verwaltungs GmbH beteiligt. Der ominöse Tomas Brzobohaty wird hier zwar ebenfalls erwähnt - aber nur als der Mann, der die Stimmrechte für 50 Prozent verwaltet.
Gestützt auf diese Informationen fragten wir bei der Sprecherin der PPF Group in Prag nach. Und die bestätigt, dass die PPF Investments auf Jersey die Anteile der Kellner-Firma an den Lausitzer Firmen nur "verwaltet". Die Sprecherin nennt die Eigentümerstruktur dennoch "klar und eindeutig".
Bleibt die Frage, wer seit 2016 dafür verantwortlich war, Medien wie den RBB mit der Falschinformation zu füttern, Kellner sei wieder ausgestiegen.
Welche Rolle spielt die Agentur CNC Communications?
So wie heute bei der Bewerbung für die Lkw-Maut arbeitete übrigens die deutsche PR- und Lobbyagentur CNC Communications bereits bei der Einfädelung des Geschäfts mit Vattenfall für die Tschechen. Dokumente, die Greenpeace recherchiert hat, zeigen es: Auch damals kümmerte sich der ehemalige SPD-Politiker und CNC-Mitgründer Siegmar Mosdorf darum, Termine mit Entscheidungsträgern aus der Politik zu organisieren. Ende November 2014 schrieb er zum Beispiel an einen Parteifreund aus der SPD, den brandenburgischen Wirtschaftsminister Albrecht Gerber ("Sehr geehrter Minister, lieber Albrecht") und informierte ihn, wer bei einem bevorstehenden Treffen mit den Investoren aus dem Nachbarland alles dabei sein werde.
Kellner weiß offensichtlich, wie man Geschäfte mit der deutschen Politik anbahnt. Es lohnt sich, genauer hinzugucken - auch was seine Beziehungen zu Russland betrifft. Noch vor einigen Jahren gehörten ihm größere Anteile an einer Firma, an der auch der russische Oligarch Oleg Deripaska beteiligt war. Einige sagen, dass die von der EU 2014 gegen Russland verhängten Sanktionen Kellners dortiges Geschäft bremsten. Schon seit 2012 reduzierte die PPF Group sukzessive ihre Anteile von ursprünglich über 20 Prozent an der in Jersey registrierten großen Bergbaufirma Polymetal, die in Russland nach Gold und Silber schürft und deren Chef Alexander Nesis als einer der reichsten Russen gilt.
Finanzhilfen für den Klimaskeptiker und Putin-Fan Vaclav Klaus
Zugleich fällt auf, dass Petr Kellner bis heute ein bekennender Anhänger des ehemaligen tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus ist. Kellner bezuschusst seit Jahren den Thinktank von Klaus. Der Ex-Präsident ist als Euro- und als Klimaskeptiker bekannt, wie auch als Verteidiger des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Sogar an der Annexion der Krim hatte Vaclav Klaus wenig auszusetzen. Die Ukraine sei ein Land "ohne Tradition der Staatlichkeit", schrieb Klaus einmal. Und er pries im September 2017 die AfD in Deutschland als "eine mutige Gruppe", die sich "trotz totalitärer politischer Korrektheit laut auszusprechen traut, was sie denkt".
Die PPF Group wiederum bestätigt, dass sie ganz "offen" den Thinktank des ehemaligen Präsidenten Vaclav Klaus unterstütze - "in der gleichen Weise, in der andere öffentlich den ehemaligen Präsidenten Vaclav Havel unterstützen", ließ eine PPF-Sprecherin wissen.
Ex-Präsident Klaus dankte dem Milliardär bereits 2014 in einem Interview für dessen Unterstützung: Er sei ihm sehr dankbar.