Wie gefährlich ist die Situation für uns?
Zunächst ist nur die Bevölkerung in den Gebieten gefährdet, in denen sich das Virus schon verbreitet hat, also in den Epidemieregionen in Asien, der Türkei und Rumänien. Obwohl sich Menschen bislang nur schwer anstecken können, sollten dort Einheimische und Touristen den Kontakt zu lebenden Vögeln (zum Beispiel auf Geflügelmärkten, in Farmen) meiden. Das Virus ist vor allem im Kot der Vögel, in ihrem Speichel und in Nasensekreten enthalten.
Welche Tiere können sich mit dem H5N1Virus infizieren?
Vor allem Vögel, wobei die Ausbreitung des Virus nicht auf Hühner und anderes Zuchtgeflügel beschränkt ist. Auch bei Wildvögeln, besonders Enten, wurde der Erreger entdeckt. Dabei müssen diese Tiere nicht erkranken, können das Virus aber dennoch in großen Mengen ausscheiden und so verbreiten. Auch Säugetiere sind nicht gegen das Virus gefeit, vor allem Katzen scheinen anfällig zu sein. In China und Vietnam wurden auch schon infizierte Schweine entdeckt.
Können die Viren außerhalb des Körpers infizierter Tiere lange überleben?
Ja, je nach den Bedingungen für viele Stunden und sogar mehrere Tage. Deshalb ist es vor allem in Epidemiegebieten wichtig, auf höchstmögliche Hygiene zu achten. Sonst könnten Viren zum Beispiel an Schuhsohlen oder über die Reifen landwirtschaftlicher Fahrzeuge verbreitet werden.
Basiswissen
Grippe oder Influenza wird durch Viren verursacht, die Menschen, aber auch Schweine, Pferde und insbesondere Vögel befallen können. Die für Vögel hoch- ansteckenden Erreger der so genannten aviären Influenza (Vogelgrippe) kommen weltweit vor, sind aber nicht alle gleich gefährlich. Einige dieser Viren lösen bei den infizierten Tieren nicht einmal Symptome aus. Besonders aggressive Arten können dagegen vor allem in landwirtschaftlichen Beständen zu einem Massensterben führen (Geflügelpest). Grippeviren kommen in drei Gruppen vor (A, B und C), von denen A die gefährlichste ist. Die zu dieser Gruppe gehörenden Erreger werden nach zwei Eiweißstoffen unterschieden, die wie Stacheln auf der Hülle der kugelförmigen Erreger sitzen: Hämagglutinin (H) und Neuraminidase (N). Bei der Influenza sind bislang 15 H- und neun N-Typen bekannt. Das Virus H5N1, das jetzt in Rumänien und der Türkei identifiziert worden ist, befällt zurzeit fast ausschließlich Vögel. Nur bei engem Kontakt mit lebendem Geflügel kann es auf den Menschen übertreten. Seit einem ersten Fall 1997 in Hongkong haben sich in Asien bislang nur gut 130 Menschen infiziert - davon allerdings starb etwa die Hälfte. Angesichts dieser Aggressivität fürchten Experten Millionen von Toten, falls sich das Virus eines Tages so verändert, dass es leicht von Mensch zu Mensch übertragbar ist.
Ist es jetzt riskant, in Deutschland Geflügelfleisch oder Geflügelprodukte zu essen?
Da für die ganze EU der Import von Geflügel und nicht durcherhitzten Geflügelprodukten aus den Epidemiegebieten verboten worden ist, besteht hierzulande über den Verzehr praktisch keine Gefahr. Wer Wildtiere isst oder bei Zuchtgeflügel ganz sicher gehen will, sollte es durchgaren. Beim Erhitzen auf mindestens 70 Grad wird das Virus in Sekunden abgetötet. Gut gekochtes oder gebratenes Geflügel (nicht mehr rosa) und auch hartgekochte Eier gelten in jedem Fall als ungefährlich. Einfrieren ist hingegen kein Schutz gegen den Erreger.

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Wie gefährlich sind nicht für den Verzehr bestimmte Vogelprodukte?
Prinzipiell könnten zum Beispiel importierte Federn und Daunen mit Exkrementen verunreinigt und darum infektiös sein. Solche Tierprodukte dürfen aber nur noch in die EU importiert werden, wenn die Reinigung der Produkte und Abtötung möglicher Erreger offiziell bescheinigt ist.
Warum warnen Experten vor einem weltweiten Grippeausbruch mit Millionen Toten, obwohl das Ansteckungsrisiko für Menschen gering ist?
Grippeviren verändern sich ständig. Außerdem können sie Teile ihres Erbguts untereinander austauschen, sodass zwei Arten zu einer dritten mit neuen Eigenschaften verschmelzen können. Deshalb ist zu befürchten, dass der bisher fast ausschließlich bei Vögeln vorkommende H5N1-Typ durch einen genetischen Umbau Menschen sehr viel leichter befallen kann als bislang. Zudem besteht durch Veränderungen des Ausgangsvirus die Gefahr einer Übertragung von Mensch zu Mensch - der wahrscheinliche Beginn einer Pandemie.
Welche Maßnahmen sind hierzulande vorgesehen, um im Ernstfall eine Verbreitung des Vogelgrippe-Virus H5N1 oder gar eines neuen Pandemie-Virus zu stoppen?
Seit diesem Jahr gilt in Deutschland ein Influenza-Pandemieplan, der über das Internet beim zuständigen Robert-Koch-Institut in Berlin eingesehen werden kann. Dieser Plan koordiniert die Vorbereitungen von Bund und Ländern auf den Fall eines weltweiten Grippeausbruchs. Er sieht die teilweise schon jetzt geltenden Einfuhrbeschränkungen vor, außerdem Quarantänemaßnahmen und die schnellstmögliche Entwicklung eines passenden Impfstoffs, sobald das neue Pandemie-Virus identifiziert ist. Für Menschen, die bis zu dessen Bereitstellung erkranken, werden antivirale Medikamente angeschafft. Die geplanten staatlichen Lagerbestände sollen für mindestens 20 Prozent der Bevölkerung reichen.
Darüber hinaus werden die jeweiligen nationalen Vorbereitungen mit internationalen Stellen wie der Weltgesundheitsorganisation koordiniert. Auf Influenza spezialisierte Labors haben weltweit die Aufgabe, jede Veränderung der Grippeviren frühzeitig zu erkennen und mögliche Gegenmaßnahmen, vor allem die Entwicklung geeigneter Impfstoffe, zu prüfen und schnellstens in die Wege zu leiten.
Mehr Infos im Internet
www.rki.de Webseite des Robert-Koch-Instituts, über die auch der Pandemieplan von Bund und Ländern abrufbar ist
www.who.int Hintergrund und aktuelle Informationen zur Vogelgrippe
www.fli.bund.de Informationen des Friedrich-Loeffler-Institus für Tiergesundheit
Kann der Einzelne etwas zur Vorbereitung auf eine Grippe-Pandemie tun?
Die Grippeimpfung schützt nicht vor der Vogelgrippe, sondern vor der saisonalen Influenza. Sie ist vor allem wichtig für Menschen über 60, für chronisch Kranke wie Asthmatiker und für alle, deren Immunsystem geschwächt ist. Auch Ärzte, Krankenschwestern und Altenpfleger sowie Menschen, die in Infektionsgebiete reisen, sollten sich impfen lassen. Dadurch verringert sich die Wahrscheinlichkeit, dass verschiedene Virentypen in einem Menschen zusammentreffen und womöglich ein neues bilden.
Ist es sinnvoll, sich vorsorglich Medikamente verschreiben zu lassen?
Antivirale Medikamente hemmen die Ausbreitung von Grippeviren im menschlichen Körper, unabhängig von deren Typ. Es gibt zwei derartige Präparate mit unterschiedlichen Wirkstoffen, "Tamiflu" und "Relenza". Gesundheitsbehörden mahnen, dass diese Medikamente verschreibungspflichtig sind und nur unter ärztlicher Kontrolle eingenommen werden sollen: innerhalb von 48 Stunden nach Auftreten der Symptome. Werden die Verabreichungsregeln nicht eingehalten, besteht die Gefahr, dass sich Viren bilden, denen die Wirkstoffe nichts mehr anhaben können. Dass sich resistente Stämme tatsächlich bilden können, beweist ein erster Fall aus Vietnam. Dort wurden bei einem jungen Mädchen Viren isoliert, die gegen den Wirkstoff von Tamiflu bereits resistent sind.