Wahlanalyse Bundespolitik in Bremen nicht entscheidend

Der große Gewinner der Bremen-Wahl ist nach übereinstimmender Meinung der Politiker aller Parteien Henning Scherf. Nicht die SPD habe gesiegt, sondern der amtierende Regierungschef Henning Scherf.

Die SPD hat ihren Triumph bei der Bürgerschaftswahl in Bremen in erster Linie dem hohen Ansehen ihres Spitzenkandidaten Henning Scherf zu verdanken. 68 Prozent der Befragten wollten ihn als Regierungschef behalten, nur 18 Prozent wünschten sich seinen CDU- Rivalen und Finanzsenator Hartmut Perschau in diesem Amt, hieß es in einer Analyse der Forschungsgruppe Wahlen für die Deutsche Presse- Agentur (dpa) vom Sonntagabend. Selbst unter CDU-Anhängern lag Scherf als Wunschkandidat leicht vor Perschau. Die Reformdebatte und die schlechte Stimmung für Rot-Grün im Bund spielten kaum eine Rolle.

Landesthemen entscheiden

Von der Mehrheit der Bürger in Bremen und Bremerhaven wurde die Wahl laut Forschungsgruppe als Abstimmung über die Politik in ihrem Bundesland angesehen: Für 65 Prozent der Wähler war die Politik in Bremen wichtiger für ihre Entscheidung als die Bundespolitik, für 30 Prozent war es umgekehrt. Die großen Parteien im Land erhielten klar bessere Werte als die Bundesparteien. Während SPD und CDU im Bund mit 0,1 und 0,3 auf einer Skala von plus 5 bis minus 5 beurteilt wurden, lag die Bremer SPD bei 1,6 und die Bremer CDU bei 1,1.

Große Zustimmung für Große Koalition

In Bremen und Bremerhaven gab es eine hohe Zustimmung zur von Scherf geführten großen Koalition. 59 Prozent wünschten deren Fortsetzung, 34 Prozent sprachen sich für Rot-Grün aus. Vom taktischen Wahlverhalten derjenigen, die die große Koalition wollten, hat vor allem die SPD profitiert, schreibt die Forschungsgruppe.

Vergleich der Spitzenkandidaten: Scherf klar vorne

Für die klare Mehrheit der Bremer (71 Prozent) waren Scherf und Perschau ein gutes Team. Im direkten Vergleich lag Scherf klar vorne: Er galt als der Glaubwürdigere, Tatkräftigere, Sympathischere, als der Kandidat mit eindeutig mehr Bürgernähe und als Siegertyp. Zwar wurde der CDU bei der Lösung der wichtigen Themen Arbeitsplätze, Wirtschaft und Finanzen mehr zugetraut als der SPD, aber dieses kam ihr in einem Wahlkampf ohne thematische Profilierung nur teilweise zugute.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick

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Frauen wählen SPD

Die SPD erzielte bei Frauen ein weitaus besseres Ergebnis als bei Männern, während die CDU bei Männern etwas besser abschnitt. Die größten Zugewinne gab es für die SPD bei den über 60-Jährigen und hier vor allem bei den älteren Frauen (plus 13). Die CDU hatte starke Verluste bei den 45-Jährigen und Älteren, weit überdurchschnittlich fielen diese bei den über 60-jährigen Frauen aus (minus 16).

Grüne gewinnen bei unter 45-Jährigen

Die Grünen gewannen vor allem bei den unter 45-Jährigen (unter anderem plus 10 bei den unter 30-Jährigen). Sie profitierten von den Wählern, die mit der großen Koalition unzufrieden waren und lieber Rot-Grün gesehen hätten. Auch die FDP und die Schill-Partei profitierten von acht Jahren großer Koalition. Die Schill-Partei wurde wesentlich häufiger von Männern als von Frauen gewählt. Die DVU, die nur in Bremerhaven eine Rolle spielte, erhielt dort die größte Unterstützung von den Arbeitslosen.

Die Forschungsgruppe Wahlen hatte in der Woche vor der Wahl und am Wahltag rund 1 000 Wahlberechtigte befragt.