Wahlkampf-ABC A wie Abgeordneten-Ausstattung

Rund 600 Mandate im Bundestag sind derzeit ausgeschrieben. Es gibt mehrere tausend Bewerber. stern.de hat aufgelistet, was für Annehmlichkeiten der Job mit sich bringt - neben dem real existierenden Dauerstress natürlich.

Nein, hier soll kein Neid geschürt werden, es geht nicht um eine billige Polemik gegen den Luxus, dem sich der gemeine Abgeordnete hingeben darf. Im Gegnteil. Wir erkennen an, dass der Job Stress ist. Der Bundestags-Politiker an sich muss in einem nervenaufreibenden Prozess erst einmal zusehen, dass er den Job bekommt. Dann muss er dauernd zwischen Berlin und seinem Wahlkreis pendeln, es Bürgern recht machen, es den Kollegen recht machen, sich in ein Sachgebiet einarbeiten - und auf allen Weihnachtsfesten der gesamten Heimatregion fröhlich den Politik-Nikolaus mimen. Nein, es geht also nicht um Neid, sondern um die Frage: Was für Vorteile hat dieser Job überhaupt. Was für eine "Ausstattung" erhält jeder Abgeordnete, sobald er dem Bundeswahlleiter gesagt hat, dass er sein Mandat annimmt?

Eine Diät in Höhe von 7009 Euro pro Monat

Nun ja, also zum einen erhalten die Abgeordneten Diäten. Das sind "Aufwandsentschädigungen" in Höhe von 7009 Euro pro Person pro Monat - seit 1977 muss dieser Betrag sogar versteuert werden. Dazu gibt's eine monatliche Kostenpauschale von 3.589 Euro. Die ist steuerfrei und soll dazu dienen, dass der Parlamentarier die ganzen Sonderausgaben bezahlen kann, die er so hat - die Zweitwohnung in Berlin, das Büro im Wahlkreis, den Fußball, den er dem heimatlichen Fußball-Verein spendet, den Pokal für das Wett-Fischen. Die Pauschale wird jedoch nicht komplett auf das Konto des Abgeordneten überwiesen, sondern erhält es teils auch in Form von "Sachleistungen" - Bleistiften und Druckerpapier, zum Beispiel. Gibt er mehr als die besagten 3.589 Euro aus, so kann er diese Mehrausgaben nicht von der Steuer absetzen. Scheidet ein Abgeordneter aus dem Bundestag aus, hat er Anspruch auf ein Übergangsgeld, das ihm die Wiedereingliederung in den früheren Beruf erleichtern soll. Für jedes Jahr im Parlament wird das Übergangsgeld in Höhe der Diät einen Monat lang gezahlt, höchstens aber 18 Monate. Ab dem zweiten Monat werden sonstige Einkünfte vollständig auf das Übergangsgeld angerechnet.

Eine gute Rente ist fast sicher

Im Bundestag lässt es sich recht gut auf die Rente warten. Die Abgeordneten erhalten eine üppige Altersentschädigung: Sie wird gezahlt, sobald ein Abgeordneter mindestens zwei Legislaturperioden im Bundestag saß - die gegenwärtige, verkürzte Legislaturperiode wird übrigens voll angerechnet. Der Anspruch erhöht sich pro Jahr um einen Betrag in Höhe von drei Prozent der Diät - bis zu einer Höchstsumme von insgesamt 4836 Euro, zahlbar nach 23 Jahren im Bundestag, ab einem Alter von 55 Jahren. Nach zwölf Jahren im Bundestag erhält ein ehemaliger Abgeordneter so heute 36 Prozent der Abgeordnetenentschädigung. Der stern hat vor kurzem ausrechnen lassen, dass etwa der CDU-Abgeordnete Friedrich Merz derzeit Anspruch auf 3575 Euro Rente hätte, zahlbar ab dem 57. Lebensjahr. Zwischen 1989 und 1994 war Merz Mitglied des Europäischen Parlaments, seit 1994 Mitglied des Bundestags. Ein Durchschnittsverdiener müsste 136 Jahre in die Rentenkasse einzahlen, um dieselben Ansprüche wie der heute 49-jährige Merz zu erwerben. Die Altersentschädigung ist voll zu versteuern. Ist ein Abgeordneter weniger als zwei Legislaturperioden im Parlament, wird er bei der Rentenversicherung nachversichert. Er kann auch auf die Rentenleistung verzichen und sich stattdessen dafür entscheiden, einen gleichwertigen Betrag ausbezahlt zu bekommen.

Mitarbeiter für 9.900 Euro im Monat

Ein Abgeordneter braucht Helfer - für die Parlamentsarbeit in Berlin, aber auch für die Bürger-Betreuung zu Hause im Wahlkreis. Deshalb darf er bis zu einer Gesamtsumme von 9.900 Euro pro Monat Mitarbeiter einstellen. Es ist ihm dabei selbst überlassen, wie er das Geld zwischen Wahlkreis und Hauptstadt-Büro aufteilt und wie viele Mitarbeiter er einstellt. Allerdings gibt es bestimmte Grenzen. So darf der Abgeordnete beispielsweise einer einzigen Schreibkraft nicht einfach die vollen 9.900 Euro zahlen. Die Auszahlung des Geldes und die Regelung des Beschäftigungsverhältnisses übernimmt er auch nicht selbst. Darum kümmert sich die Bundestagsverwaltung.

Zugang zu Lufthansa-Sessellandschaften

Ein Abgeordneter ist viel unterwegs. Deshalb erhält er vom Bundestag eine Netzkarte der Bahn, natürlich erster Klasse. Mit dieser kann er im gesamten Streckennetz der Bahn bis auf wenige Ausnahmen ohne Aufpreis zu jeder Zeit fahren. Im freien Handel kostet die entsprechende Karte derzeit 5.400 Euro pro Jahr. Der Abgeordnete ist im Prinzip verpflichtet, die Netzkarte nur für mandatsbedingte Termine zu nutzen. Kontrolliert wird das allerdings nicht. Muss der Parlamentarier fliegen, kommt der Bundestag ebenfalls für die Kosten auf. Allerdings muss hier jedes Ticket einzeln abgerechnet werden. Zusätzlich erhält jeder Abgeordnete automatisch die Lufthansa SenatorCard, die ihm neben anderen Annehmlichkeiten den Zugang zu den schicken Airport-Lounges der Fluglinie ermöglicht. Dort heißen die Wartesitze "Sessellandschaften", und der exquisite Alkohol ist umsonst. Normalerweise gewährt die Fluglinie diese Privilegien nur exzessiven Vielfliegern. Reist ein Parlamentarier als Mitglied einer offiziellen Delegation ins Ausland, hat er Anspruch auf einen Diplomaten-Pass. Sein Gepäck darf dann im Prinzip nicht durchsucht werden.

In Berlin sorgt die Fahrbereitschaft für Mobilität

Auch in der Hauptstadt ist für die Mobilität der Abgeordneten gesorgt. Es gibt eine "Fahrbereitschaft", das ist ein Fahrdienst, der Abgeordnete im Berliner Stadtgebiet zu jeder Tages- und Nachtzeit zu jedem gewünschten Ziel bringt. Meist hat der Fahrer im Fonds ein Büchlein liegen, in dem die Fotos aller Abgeordneten drin sind. So kann er sicherstellen, dass es sich auch wirklich um den Parlamentarier handelt. Allerdings gehören die Wagen formal nicht zu dem Fuhrpark des Bundestags. Das Parlament hat die Fahrbereitschaft im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung "ausgesourct" - also an einen externen Anbieter vergeben. Warten müssen die Fahrer auf die Abgeordneten übrigens nicht. Entweder gibt der Abgeordnete einen konkreten Zeitpunkt an, zu dem er abgeholt werden will - oder er ruft kurz vorher an.

Immunität und Indemnität

Neben dieser Ausstattung genießen Abgeordnete noch bestimmte Privilegien - die Immunität und die Indemnität. Die Immunität schützt sie davor, dass sie ohne Genehmigung des Bundestages wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Verantwortung gezogen oder verhaftet werden. Nur, wenn ein Parlamentarier just bei der Begehung der Tat erwischt wird - oder im Laufe des folgenden Tages - darf er festgenommen werden. Soll die Immunität des Abgeordneten aufgehoben werden, so muss die Strafverfolgungsbehörde den Bundestagspräsidenten über das Ermittlungsverfahren informieren. Dieser leitet daraufhin das Ersuchen an den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung weiter, der dem Plenum einen Beschlussvorschlag unterbreitet. Indemnität bedeutet, dass ein Abgeordneter nach dem Grundgesetz zu keiner Zeit wegen seines Abstimmungsverhaltens oder wegen einer Äußerung, die er im Bundestag oder in einem der Ausschüsse des Bundestages gemacht hat, gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder in anderer Weise außerhalb des Bundestages zur Verantwortung gezogen werden. Dieser Schutz gilt auch für Äußerungen in den Fraktionen oder in der Gruppe.

Exklusiver Club in der Nachbarschaft des Reichstags

Ein zusätzliches Privileg haben Abgeordnete des Bundestags noch mit Landtagsabgeordneten und Diplomaten gemein. Sie alle können Mitglied der "Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft" (DPG) werden, eines exklusiven Clubs, der direkt gegenüber dem Reichstag residiert. 1951 wurde dieser Club gegründet, um den Abgeordneten die Möglichkeit zu geben, sich ungestört oder jenseits des politischen Alltagsgeschäfts austauschen zu können. Journalisten etwa werden in diese Räume nur vorgelassen, wenn sie eine persönliche Einladung vorweisen können. Im Keller der Parlamentarischen Gesellschaft befindet sich auch ein Restaurant, in dem die Volksvertreter unter ihresgleichen entspannen können - in Bonn soll es sogar einen gegeben haben, der dann, zu später Stunde, regelmäßig selbst verfasste Gedichte vorgetragen hat.