Die EU-Kommission zahlt nicht für die mit dem Verlust von Tausenden von Arbeitsplätzen verbundene Verlegung des Nokia-Werks aus Bochum nach Rumänien. "Natürlich wäre es nicht akzeptabel, Fördermittel der Europäischen Union für Verlagerungen innerhalb der EU einzusetzen", sagte EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso.
Landes- und Bundespolitiker hatten, nach der Bekanntgabe der Produktionsverlagerung aus Kostengründen, befürchtet, dass Nokia EU-Hilfen kassieren könnte. Die NRW-Landesregierung prüft, ob bereits geflossenes Fördergeld wegen der Werkschließung von dem Handy-Riesen zurück gefordert werden können. Durch das Ende der Produktion in Bochum sind der IG Metall zufolge über 4000 Arbeitsplätze gefährdet.
Barosso verteidigt gemeinsamen Markt
Nokia werde für das neue Werk in Rumänien weder Geld aus dem Regionalfonds noch aus dem Strukturfonds erhalten, betonte Barroso im Europäischen Parlament in Straßburg. Der Kommissionschef unterstrich zugleich, dass Deutschland von der Erweiterung der EU über steigende Exporte profitiere. Dadurch entstünden neue Arbeitsplätze in der Bundesrepublik.
Barroso forderte Politiker - und "besonders unsere deutschen Freunde" - auf, "den Mut zu haben, auch über die Vorteile der EU-Erweiterung aufzuklären". Wenn Betriebe von Finnland nach Deutschland verlagert werden könnten, sollte es auch möglich sein, diese von Deutschland nach Rumänien zu verlegen, sagte Barroso.
Die Bundesregierung pochte ebenfalls darauf, dass Nokia für den Umzug keine Subventionen erhalten dürfe. Sie erklärte zugleich, "intensive Gespräche" mit Nokia führen zu wollen, wenn der Konzern seine Entscheidung noch einmal überdenken wolle.
Werkszufahrten von Mitarbeitern blockiert
Der Konzern hatte am Dienstag überraschend angekündigt, zur Jahresmitte sein Werk in Bochum mit 2300 Mitarbeitern zu schließen. Die Produktion wird in andere europäische Nokia-Werke verlagert. "Hauptsächlich nach Rumänien, aber auch nach Ungarn und Finnland", sagte Nokia-Vorstand Veli Sundbäck. Die Arbeitskosten seien in Deutschland fast zehnmal höher als in Rumänien.
Aus Protest gegen die geplante Schließung haben Mitarbeiter und Gewerkschafter die Zufahrten blockiert. Die am Mittag begonnene Blockade solle zumindest bis zum Abschluss des Besuchs von Ministerpräsident Rüttgers am Nachmittag andauern, sagte ein Vertreter der IG Metall, die zu Protesten aufgerufen hatte.
An den Aktionen beteiligten sich auch Mitarbeiter anderer Betriebe. So zogen Beschäftigte von GEA, ThyssenKrupp und Opel vor die Werkstore. Opel-Mitarbeiter hatten im Jahr 2004 mit mehrtägigen Arbeitsniederlegungen gegen Sparpläne der Konzernmutter General Motors protestiert.

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Deutschlands Ende als Handy- Produktionsstandort
Das Aus für Nokia Bochum bedeutet einen weiteren Schlag für die Mobilfunkbranche in Deutschland. Die Bundesrepublik hat damit als Produktionsstandort für Handys endgültig ausgedient. Vor gut einem Jahr hatten durch die BenQ-Mobile-Pleite rund 3000 Menschen ihren Job bei der Ex-Handysparte von Siemens verloren, knapp 2000 davon in Nordrhein-Westfalen.
Die nordrhein-westfälische Landesregierung hatte bereits im Fall BenQ vergeblich versucht, eine Werkschließung zu verhindern. Auch die Pläne von Nokia riefen Ministerpräsident Jürgen Rüttgers auf den Plan. Er wollte am Nachmittag Gespräche mit dem Betriebsrat in Bochum führen. Rüttgers warnte Nokia indirekt vor Absatzverlusten durch einen Imageschaden in Deutschland. "Nokia muss sich überlegen, dass es weiter auf dem deutschen Markt präsent sein will", sagte der CDU-Politiker dem ZDF. Deutschland sei einer der größten Handymärkte der Welt. Zugleich bekräftigte der CDU-Politiker, dass die Landesregierung eine Rückforderung von 60 Millionen Euro Förderung prüfe, die bei der Ansiedlung in Bochum geflossen waren.
Eine Werkschließung könnte die Ruhrgebietsstadt Bochum hart treffen. Die Belegschaft des Bochumer Opel-Werks, einem weiteren großen Arbeitgeber, kämpft dort bereits seit Jahren um ihre Arbeitsplätze. Der IG Metall zufolge könnte eine Schließung des Nokia-Werks weit mehr Stellen kosten als bislang angenommen. Neben 2300 fest angestellten Nokia-Mitarbeitern und bis zu 1000 Leiharbeitnehmern könnten bis zu 1000 Jobs bei Zulieferern wegfallen. Auch für die Deutsche Post könnte die Schließung Folgen haben. Rund 200 Mitarbeiter der Tochter DHL wickeln in Bochum für Nokia die Logistik ab.