Zwickauer Zelle Neonazi-Trio hatte offenbar Helfer im Westen

Die Ermittler tappten jahrelang im Dunkeln, doch die rechtsradikale Szene wusste offenbar Bescheid: Das Neonazi-Trio soll bei seinen Mordtaten von Helfern aus dem Westen unterstützt worden sein.

Die mutmaßlichen Mörder der Zwickauer Terrorzelle sollen im Westen Unterstützer gehabt haben. Der Ermittlungseinheit "Trio", die zehn Morde und zwei Sprengstoffanschläge aufklären soll, liegt nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" die Zeugenaussage eines Rechtsradikalen vor, der nach eigenen Angaben in einem Fall mit Kameraden aus dem Westen Örtlichkeiten für einen Mord ausspioniert haben will. Er sei aber, bevor das Anschlagsziel festgelegt worden sei, abgesprungen. Kurz darauf sei ein türkischer Kleinunternehmer von den Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos erschossen worden.

Taten des Zeugen sind bereits verjährt

Nach Darstellung des Zeugen ist das Trio aus dem Osten bei der harten rechtsextremistischen Szene im Westen bekannt gewesen. Man habe gewusst, dass die Killer hinter den Morden an acht türkischstämmigen und einem griechischen Kleinunternehmer steckten. Der Mann, dessen Identität von den Behörden geschützt wird, kann selbst nicht wegen Unterstützung der Terroristen strafrechtlich belangt werden. "Seine Tat wäre jetzt verjährt", sagte ein Ermittler der Zeitung. Der Zeuge habe nur über den Zeitraum gesprochen, der für ihn strafrechtlich ohne Konsequenzen bleibe.

Der Unbekannte ist laut "SZ" bislang der einzige Rechtsradikale, der sich im Rahmen der in der Vorwoche ausgelösten Öffentlichkeitsfahndung bei den Behörden gemeldet und wesentliche Angaben gemacht hat. Nach Darstellung von Ermittlern deckten sich seine Angaben mit vorläufigen Ermittlungsergebnissen.

Es gebe Indizien für eine Zusammenarbeit zwischen dem in Jena 1998 untergetauchten Neonazi-Trio und Kameraden aus dem Westen. Bewiesen sei das jedoch noch nicht, betonte der Fahnder, aber die These von einer Zusammenarbeit sei "mehr als nur eine Hypothese". "Wir ermitteln jetzt verstärkt in diese Richtung." Die Gruppe sei offenkundig bekannt gewesen und die Morde seien akzeptiert worden: "Möglicherweise wurden die auch als Helden gefeiert." Mundlos und Böhnhardt sind inzwischen tot. Das dritte mutmaßliche Mitglied der Terrorzelle, Beate Zschäpe, sitzt in Untersuchungshaft.

Union und SPD fordern Neonazidatei

Unterdessen dringen Union und SPD auf den raschen Aufbau einer Verbunddatei über gewaltbereite Rechtsextremisten. Politiker beider Parteien forderten Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) in der "Mitteldeutschen Zeitung" auf, ihre Bedenken gegen das Vorhaben aufzugeben. Über das Thema beraten heute auch die Innenminister von Bund und Ländern auf ihrer Konferenz in Wiesbaden. "Die Bundesjustizministerin ist gut beraten, den Ernst der Lage zu erkennen und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen", sagte der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), der "Mitteldeutschen Zeitung". "Denn wir haben ein Defizit in unserer föderalen Sicherheitsarchitektur. Und dieses Defizit muss durch eine Verbunddatei überwunden werden, damit die Gefährlichkeit von Rechtsextremisten bei allen zuständigen Sicherheitsbehörden ankommt."

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, bot Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) "sofortige Gespräche an - in Sachen Verbunddatei und auch bei anderen Themen". Wenn die Union das Vorhaben nicht mit ihrem Koalitionspartner FDP umsetzen könne, dann eben mit der SPD. Die erste Lesung des entsprechenden Gesetzes könne noch vor Weihnachten stattfinden.

Friedrich möchte als Konsequenz aus der Neonazi-Mordserie eine Verbunddatei, in der die Informationen aller Sicherheitsbehörden zu gewaltbereiten Rechtsextremisten zusammengefasst werden. Leutheusser-Schnarrenberger will die Speicherung von Daten enger fassen und auf gewalttätige Extremisten beschränken.

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swd/DPA