Zwischenruf Ein Held und eine Pusteblume

  • von Hans-Ulrich Jörges
In der Nacht der Nächte, als es angeblich um die Rettung von Opel ging, drohte Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) mit Rücktritt. Am Morgen danach telefonierte er mit Parteichef Horst Seehofer - lesen Sie das garantiert echte Protokoll.

Seehofer: Guten Morgen, mein Held!
Guttenberg: Bitte … bloß kein Spott.
S: Naaa … Sie müssen jetzt stehen! Die SPD hat gewonnen, wir dürfen's bloß nicht zugeben. Die Rücktrittsdrohung war jedenfalls goldrichtig. Unsere Leute jubeln.
G: Es ging nicht anders. Ich hatte mir's ja auch vorher gut überlegt. Sie hat sich genau so verhalten, wie ich es erwartet hatte.
S: Ja … ich kenn' sie gut, unsere Angela.
G: Sie lässt sich von der SPD erpressen. Münte sucht den Bruchpunkt, koste es, was es wolle. Den Punkt, an dem wir Nein sagen zu einer Staatshilfe und die dann loslegen: neoliberal, unsozial, arbeitnehmerfeindlich. Die Kanzlerin hat nicht den Mut, dem zu widerstehen. Sie macht alles mit.
S: Ich kenne das Spiel. Da schickt so ein maroder Laden seinen Betriebsrat vor, und die SPD unterwirft sich, weil sie Oskar klein halten will und weil sie uns damit treiben kann. Bis zur Wahl wird dieses Land von Betriebsräten regiert.
G: Die SPD macht Wahlkampf mit Milliarden vom Steuerzahler. Und das geht weiter so. Jetzt steht Karstadt vor der Tür. Münte dreht den Schraubstock immer weiter zu. Bis wir quietschen - und er sein Wahlkampfthema hat. Die Chefin weiß das alles und unterwirft sich. Hat eine Heidenangst, dass es wieder so läuft wie 2005.

S: Das riecht man doch. Dahinter steckt Schröder. Erst bringt er die Russen bei Opel ins Spiel. Das bringt ihm Punkte in Moskau, und er weiß, dass uns das provoziert. Und wenn Sie dann sagen, besser eine geordnete Insolvenz, sind Sie der "Baron aus Bayern". Alles wie 2005. Damals ging's gegen den "Professor aus Heidelberg", der den Krankenschwestern den steuerfreien Nachtzuschlag streichen wollte. Jetzt sollen Sie den gegelten Enkel geben, der die Opelaner eiskalt in die Pleite schicken wollte und der Kassiererin bei Karstadt den Job nimmt. Münte inszeniert Schröder zwo.
G: Schröder treibt ein Doppelspiel. Nebenher besorgt er das Geschäft von VW und kippt Fiat aus dem Opel-Deal, damit kein Autoriese entsteht, der den Niedersachsen gefährlich wird. Fiat wär's gewesen! Aber der Chefin war's egal. Sie hat nur an sich gedacht und an den Wahlkampf.
S: Und was wird nun aus Opel?
G: Wenn ich das wüsste. Opel startet mit einem negativen Kapitalkonto von 3,8 Milliarden Euro. Die Sberbank ist ein Spielzeug Putins. Der russische Autobauer GAZ schraubt auf dem technischen Niveau von 1960. Und Magna will nicht Opel retten, sondern sich selbst. Die stehen in der Autokrise doch auch mit dem Rücken an der Wand. Alle bedienen sich jetzt beim deutschen Steuerzahler. Keiner gibt was, alle nehmen nur. Ich bin fast verrückt geworden in den Verhandlungen.

Die Chefin hat eine Heidenangst. Bis zur Wahl wird dieses Land von Betriebsräten regiert

S: Und General Motors?
G: Die wollen einen Fuß in der Tür behalten. Und ihre Märkte sichern. Fiat, Opel und Chrysler zusammen, das wäre ein Konkurrent auf dem Weltmarkt geworden - in Nord- und Südamerika, in Europa, in China und Indien. Jetzt darf Opel nicht mal die großen Märkte in Asien beliefern. Diese Tür haben die Amerikaner verschlossen. Schröder für VW und die Russen, GM und Magna nur für sich selbst - und die Opel-Betriebsräte sind so blind, das nicht zu erkennen!
S: Wie unser spezieller Freund Roland Koch, der das auch noch mit Inbrunst verteidigt.
G: Das Risiko für den Steuerzahler ist gering, sagt er. Ich dachte, ich höre nicht recht. Er hat halt die Gelegenheit beim Schopfe ergriffen, mich zu deckeln und sich selbst wieder als den Wirtschaftsexperten der Union in Stellung zu bringen. Der treue Knappe der Kanzlerin …
S: Will halt noch was werden, der Buckler. In Berlin oder Brüssel. Dafür braucht er die Gunst der Dame.
G: Ich frage mich, wie sie das durchhalten will im Wahlkampf. Ordnungspolitisch ist sie eine Pusteblume. Die SPD wird weiter blasen. Erst Opel, dann Arcandor mit seinen Pleite-Kaufhäusern. Und dann gibt's kein Halten mehr. Porsche hat ja auch so einen verrückten Betriebsrat, diesen glatzköpfigen Thaiboxer Hück. Der zerreißt sich für seinen Chef Wiedeking - und für die SPD.

S: Umso wichtiger, dass Sie aufrecht bleiben. Sie sind jetzt der Held der Mittelständler. Die kriegen nix und werden von den Banken rasiert, bis sie nicht mehr Piep sagen können!
G: Dass die Banken so ungeschoren davonkommen, dass sie ihr Kasino wieder in Betrieb genommen haben und wir nur so tun, als hätten wir ihnen die Chips abgenommen, das ist eigentlich unerträglich. Aber mit Rücktritt droht man nur einmal. Beim zweiten Mal muss man's tun.
S: Holla, mein jugendlicher Held. Bloß keine Selbstmordfantasien! Der Grenzgang ist die Kunst der Politik. Das sagt Ihnen einer, der ein Diplom als Grenzgänger hat. Wenn Sie's wieder mal reißt, rufen Sie an. Die Wahl verlieren wollen wir nicht …
G: Bin ja nicht blöd, mein Grenzheld.

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