Info Das Heilige Römische Reichim 12.-13. Jahrhundert

Die meisten haben weniger als 2000 Einwohner

Historische Situation

Das Heilige Römische Reich ist ein loser Staatenverbund, es verkörpert im 12. Jahrhundert die Einheit von weltlicher und kirchlicher Herrschaft. Die Kaiser erweitern ihren Machtbereich durch Diplomatie, Kolonisation, Kriege - und Heiraten. So etwa der aus dem schwäbischen Geschlecht der Staufer stammende Heinrich VI., der 1186 durch seine Ehe mit der normannischen Königstochter Konstanze das Königreich Sizilien hinzugewinnt. Im Reich wächst der Einfluss der Fürsten - eine der Grundlagen für den heutigen Föderalismus.

Bevölkerung

Um 800 leben im heutigen Deutschland etwa 5 Menschen pro Quadratkilometer, 1150 bereits 15, 1350 schon 25 (heute 230). Erst die Pest stoppt die Entwicklung: Die Bevölkerungszahl sinkt und stagniert bis Ende des 15. Jahrhunderts bei etwa 18 Einwohnern pro Quadratkilometer. Insgesamt etwa 4,5 Millionen.

Lebenserwartung

Aufgrund der hohen Kindersterblichkeit liegt die durchschnittliche Lebenserwartung bei 30 bis 40 Jahren. Männer werden oft 60 Jahre oder älter. Der Markgraf Albrecht I. von Brandenburg zum Beispiel stirbt um 1170 mit 70 Jahren.

Lebensverhältnisse

90 Prozent der Bevölkerung sind "Unfreie", sie müssen Abgaben an ihren Grundherrn leisten und dürfen nur mit dessen Einverständnis heiraten. Hunger und Krankheiten sind eine ständige Bedrohung. Soziale Stiftungen und Spitäler kümmern sich um Bedürftige.

Städte

Der Begriff "Stadt" taucht im 12. Jahrhundert erstmals auf, die Zeit der Stadtgründungen beginnt. Stadtluft macht frei: Wer sich ein Jahr dort aufgehalten hat, auf den hat sein Herr keinen Anspruch mehr. Um 1150 gibt es im Reich etwa 200 Städte. Köln ist mit 20 000 Einwohnern die größte, die meisten haben weniger als 2000.

Regierungsform

Der Kaiser wird von den mächtigen Fürsten des Reiches gewählt und vom Papst gekrönt. Seine Herrschaft beruht auf dem Feudalsystem: Er vergibt Land und Ämter (Lehen) an Fürsten und Adelige, die ihm im Gegenzug Treue und Gefolgschaft sowie Kriegsdienste leisten mussten. Der Kaiser reist mit seinem Gefolge von Pfalz zu Pfalz, er muss seine Macht vor Ort demonstrieren. Nur seine direkten Lehnsleute sind seine Untertanen. Ab dem 11. Jahrhundert wandelt sich dieser Personenverbandsstaat langsam zum Territorialstaat: Lehen werden erblich.

Bauwerke

Holz oder Fachwerk mit Lehm sind die Materialien der meisten Häuser. Nur Kirchen, Burgen oder etwa Rathäuser baut man aus Stein. Zu Beginn des Mittelalters noch mit kleinen Fenstern und dicken Mauern. Das größte dieser romanischen Bauwerke auf deutschem Boden ist der Dom von Speyer, der 1061 geweiht wird. Um 1200 wachsen die Bauwerke dann in die Höhe.

Sprache

Es gibt keine einheitliche Sprache, man spricht - und schreibt - regionale Mundart. Die Gelehrten des Vatikans unterscheiden Niederdeutsch (im Norden), Oberdeutsch (später "Hochdeutsch", in der Mitte und im Süden) und Böhmisch. Ab dem späten 14. Jahrhundert entwickelt sich langsam eine einheitliche hochdeutsche Schriftsprache.

Kulturelle Meilensteine

Um 1200 entstehen die ersten weltlichen Dichtungen in (mittelhoch-) deutscher Sprache. Im 14. Jahrhundert sind Renaissance (Rückbesinnung auf die Antike) und Humanismus Ausdruck eines kulturellen Aufschwungs. Der Mensch, so die revolutionäre Theorie, ist aus eigener Kraft in der Lage, das Leben grundlegend und dauerhaft zu verbessern. Die bekanntesten Vertreter sind Leonardo da Vinci, Niccoló Machiavelli oder Nikolaus von Kues (Cusanus) in Deutschland.

Ethnische Besonderheiten

Das Heilige Römische Reich vereint unter seinem Dach verschiedene kleine und mittelgroße Territorien, zum Beispiel die Grafschaft Tirol, die lothringischen Herzogtümer oder die Grafschaft Savoyen. Im Reich gibt es ein buntes Gemisch verschiedener Völker und Sprachen. Um 1300 gehört sogar die Provence mit dazu, im Osten das heutige Slowenien, Tschechien und ein Teil Polens. Im Süden reicht das Reich bis zum Kirchenstaat.

Technische Errungenschaften

Die Energieausnutzung wird immer besser: Wassermühlen mahlen nicht nur Getreide, sondern treiben auch Eisenhämmer und Sägewerke. Ab 1200 kommen Windmühlen hinzu, in Deutschland steht die erste in Köln auf dem alten Römerwall. Um 1100 bringen italienische Kaufleute das Papier von China nach Europa. Die ersten deutschen Papiermühlen entstehen um 1390 in Nürnberg. Das Handspinnrad mit Tretantrieb und der breite Zwei-Mann-Trittwebstuhl steigern die Textilproduktion erheblich. Zur Metallgewinnung setzt man mit Kohle befeuerte Hochöfen ein, Eisen wird jetzt verzinkt, um es gegen Rost zu schützen.

Waffen

Die Ritter und ihr militärisches Gefolge ziehen mit Kettenhemden oder Schuppenpanzer, Helmen und großen Schilden in die Schlacht. Das zweischneidige Schwert mit etwa ein Meter langer Klinge ist die Hauptwaffe der Ritter im 12. Jahrhundert. Soldaten haben Streitäxte, später auch Schwerter und Spieße. Als Fernwaffen dienen Armbrust, Pfeil und Bogen und die "Blide", eine riesige Steinschleuder, die Stadtmauern brechen kann. Die ersten Feuerwaffen tauchen um 1325 in Europa auf.

Landwirtschaft und Ernährung

Die Dreifelderwirtschaft mit Fruchtwechsel setzt sich durch. Seit dem 14. Jahrhundert wird außerdem mit Kalk gedüngt. Immer mehr Wälder werden gerodet; das heutige Landschaftsbild - abwechselnd Äcker, Weiden, Dörfer, Wälder - entsteht. Auf den Tisch kommen vor allem Getreidespeisen und Milchprodukte, das haltbare Sauerkraut und Obst. Brot wird zum Massenprodukt. Im späten Mittelalter verzehrt die Bevölkerung pro Kopf 100 Kilo Fleisch pro Jahr (heute 60), in den Städten gibt es sogar für Arbeiter und Knechte zwei Fleischmahlzeiten am Tag. Das Getränk der Bayern ist im 13. Jahrhundert noch nicht Bier, sondern Birnenmost. Ansonsten gibt es Wein und Met.

Handel

Neben dem Kleinhandel zur Versorgung der Städte gewinnt der Fernhandel an Bedeutung. Auf inzwischen festen Routen werden Tuche, Schmuck, Eisenwaren, Wein, Getreide, Salz und Schiffe exportiert. Importiert werden Gewürze, Pelze, Wachs, Teer, Holz. Die Kaufleute und Städte der Hanse kontrollieren den Handel im Nord- und Ostseeraum.

Zeugnisse der Epoche

Mittelalterliche Städte wie Regensburg oder Quedlinburg
Kaisergräber im Dom zu Speyer, im Magdeburger Dom oder im Dom von Bamberg
Die Reichsinsignien (Kaiserkrone, Reichsapfel und Zepter) in der Schatzkammer der Wiener Hofburg oder, als Replikat, auf der Burg Trifels in der Pfalz
Kaiserpfalzen, z. B. in Goslar, Kaiserswerth, Bad Wimpfen
Die Gutenberg-Bibel im Gutenberg-Museum Mainz
Folterinstrumente und Henkerswerkzeug im Kriminalmuseum in Rothenburg ob der Tauber
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Eva-Maria Schnurr

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