Roberto Vannacci Dieser Skandal-General will Italiens Regierungschefin Meloni rechts überholen

Italien: Roberto Vannacci Porträt
Gefahr für Italiens Demokratie? Roberto Vannacci gibt sich gern zivil und lässig in hellem Anzug und mit Rucksack
© Roberto Monaldo/ / Picture Alliance
Roberto Vannacci wettert in Italien als Autor gegen Homosexuelle und Feministinnen. Nun gründet er eine eigene Partei – und bringt Ministerpräsidentin Georgia Meloni in Bedrängnis.

Es wird wohl die erste Partei in der Geschichte sein, die nach einem Buchtitel benannt ist. Für ihren Gründer Roberto Vannacci scheint das durchaus nicht abwegig zu sein. Erstens ist der 56-Jährige selbst der Autor. Und zweitens machte sein Bestseller "Die verkehrte Welt" (Il mondo contrario) den Armeegeneral im Herbst 2023 schlagartig berühmt.

Das Pamphlet ist getränkt von Verschwörungstheorien und Attacken gegen alle, die nicht in das Weltbild des hochdekorierten Militärs passen: Feministinnen ("moderne Hexen"), Homosexuelle ("Abnormale"), Umweltschützer und Migranten, die Italien zugrunde richteten. Italiens Volleyballstar Paola Egonu, deren Eltern aus Nigeria stammen, spricht der Autor ab, das Italienertum – "l´italianità" verkörpern zu können. 

Aufschrei in Italien: Ein Buch kostete Roberto Vannacci seinen Job

Die Veröffentlichung löste in Italien einen Aufschrei aus. Sie kostete Vannacci auch den Job. Der General wurde für elf Monate vom Dienst suspendiert und sein Gehalt halbiert. Vannacci handelte sich zudem einen Gerichtsprozess wegen Verleumdung von Egonu ein, den er kürzlich gewonnen hat. Nichts kann den hochrangigen Militär, so scheint es, in seinem Kulturkampf aufhalten. Vannacci propagiert einen identitären Konservativismus und Ultra-Nationalismus. Und seine Bewegung erhält stetigen Zulauf.

Vannacci mit Anhängerin
Der General auf Stimmenfang bei einem Parteifest der rechtsnationalen Lega
© MICHELE MARAVIGLIA / Picture Alliance

Noch im Frühjahr zählten seine im Land verstreuten Fanclubs einige hundert Mitglieder, er hatte nur 3000 Follower in den sozialen Medien. Dann schickte ihn Italiens Vizepremier und Chef der Lega-Partei Matteo Salvini bei der Europawahl im Juni ins Rennen. Der parteilose Vannacci bekam auf Anhieb mit 530.000 die meisten Vorzugsstimmen bei dieser Wahl. Mit seiner scharfen Polemik erreichte er auch verunsicherte Menschen aus der Mitte der Gesellschaft – etwa, wenn er sagt, er beanspruche für sich das Recht, seinem Hass und seiner Geringschätzung auch öffentlich Ausdruck zu verleihen. 

Der nunmehr im Europaparlament sitzende Vannacci positioniert sich allerdings so weit rechts außen, dass seine Ernennung zum Vizepräsidenten der Fraktion "Patrioten für Europa", der auch der französische Rassemblement National, die österreichische FPÖ und die ungarische Fidesz-Partei angehören, von den Mitgliedern der Fraktion wieder zurückgezogen wurde.

Vannacci beim Lega-Fest
Vannacci mit Anhängern der Lega-Partei. Die könnten in Scharen zu ihm überlaufen
© Claudio Furlan / Picture Alliance

Nun will Vannacci in Italien seine eigene Partei gründen. Schon 8000 Menschen wollten Mitglied werden, heißt es, Tendenz steigend. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die vor allem außenpolitisch mit ihrem Bekenntnis zur EU und der Ukraine seit ihrem Amtsantritt vor zwei Jahren einen moderaten Kurs verfolgt, muss nun befürchten, dass Hardliner und Faschismus-Nostalgiker an der Basis ihrer rechtspopulistischen Partei "Brüder Italiens" zum General überlaufen. Doch es ist vor allem ihr Koalitionspartner, die rechtsnationale Lega unter Matteo Salvini, die Konkurrenz befürchten muss.

Und der Ziehvater Salvini? Wird ausgebuht

Die Lega ist nach schlechten Wahlergebnissen bei den Regionalwahlen in der Emilia Romagna und in Umbrien stark unter Druck. Im Inneren der Partei tobt ein Kampf um die Vorherrschaft. Salvini braucht Vannacci, dessen Erfolg verhinderte wohl, dass die Partei Salvini stürzte. Der General beteuert zwar, dass Salvini seine Konkurrenz nicht zu fürchten habe. Doch es scheint, als habe sich Vannacci längst von seinem Mentor losgesagt. Als Salvini unlängst beim Gründungsevent der Partei per Videostream zugeschaltet wurde, empfing ihn ungehaltenes Grummeln aus dem Saal.

500 Leute waren dafür zusammengekommen, Kameraden des ehemaligen Fallschirmjägers Vannacci, Anhänger von neofaschistischen Splittergruppen, radikale Lega-Parteigänger, hochrangige Militärs und auch einige Diplomaten. Der zugeschaltete Salvini beschwor den Zusammenhalt herauf, doch sein "Uniti si vince" (gemeinsam gewinnen wir) wurde von Buh-Rufen übertönt. Als Salvini dann in seiner Rede den israelischen Premierminister Netanjahu verteidigte, wurde er ausgepfiffen.

Vannacci verkündet selbstbewusst, dass im italienischen Parteienspektrum ein Platz frei sei für seine Bewegung. Bei dem Event zur Parteigründung stellte er sein Manifest vor. Es umfasst acht Punkte: Vaterland, Sicherheit, Souveränität, Identität, Verteidigung der Landesgrenzen, Familie, Traditionen und Arbeit. "Wir geben heute allen ein politisches Zuhause, die keines haben", rief Vannaccis rechte Hand Fabio Filimeni. Wie es sich für die Partei eines Generals gehört, ist auch der 63-Jährige ein Militär, wohlweislich aber im Rang niedriger als Vannacci: Filimeni ist Oberst.