Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat in dieser Woche den Genesenenstatus nach einer überstandenen Corona-Infektion von sechs auf drei Monate verkürzt. Das hat nicht nur viele Bürger:innen irritiert, sondern auch die Landesregierungen. "Es hat uns alle überrascht", kommentierte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner" die Entscheidung. Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) pflichtete ihm bei.
Markus Söder: Entscheidung stellt Genesene vor völlig neue Situation
Söder nannte die RKI-Entscheidung "ein bisschen unglücklich und wenig nachvollziehbar". Vor allem an einer schlüssigen Begründung habe es gehapert. "Tatsächlich stellt es viele Genesene vor eine völlig neuen Situation", so Söder. Der CSU-Chef mutmaßte, dass ein Motiv der Entscheidung gewesen sei, "dass sich alle nochmal boostern lassen". Das aber hätte man erklären müssen, kritisierte Söder. "So schien es vielen als nicht gerechtfertigt." Giffey richtete den Blick nach vorne. "Es ist nun so", sagte die neue Berliner Regierungschefin. Es sei nun wichtig, den Fokus auf die dritte Impfung zu legen.
Die Omikron-Welle steigt und steigt – so ist die Corona-Lage in Europa

Neu-Infektionen pro Tag: 54.000, Tendenz fallend
Impfquote: 77 Prozent
Die 14-Tage-Inzidenz in Belgien liegt aktuell über 3000. Seit Anfang Dezember gelten strenge Regeln, wie etwa eine Homeoffice-Pflicht für mindestens vier Tage pro Woche. Veranstaltungen mit mehr als 200 Menschen in Innenräumen sind verboten. Für andere Events gelten weiterhin Hygieneregeln, diese sollten von den lokalen Behörden verstärkt kontrolliert werden. Seit dem 10. Januar gibt es aber wieder Vollzeit-Präsenzunterricht in Kindergärten sowie in Grund- und Sekundarschulen, allerdings mit Maskenpflicht für alle Kinder ab 6 Jahren.
Quellen: "info-coronavirus.be", "Johns Hopkins University".
Verkürzter Genesenenstatus wissenschaftlich umstritten
Dass die Booster-Kampagne durch die Verkürzung des Genesenenstatus' "nochmal stimuliert" werde, nannte der Infektiologe am Klinikum Schwabing, Clemens Wendtner, in derselben Sendung einen "guten Nebeneffekt". Grundlage der RKI-Entscheidung sei aber, dass sich Delta-Genesene schon nach drei Monaten mit Omikron anstecken und Omikron-Genesene in ebenso kurzer Zeit mit einer anderen Corona-Variante anstecken könnte, erläuterte der Münchner Chefarzt. Auch der Mediziner kritisierte das Vorgehen des RKI. Die Entscheidung sei sehr schnell gefallen und "die Kommunikation nicht ganz glücklich gelaufen".
Die Entscheidung des RKI hatte für Verärgerung gesorgt, da der Genesenenstatus de facto nun nur noch zwei Monate gilt, da der Status formal ohnehin erst 28 Tage nach Abnahme eines positiven PCR-Tests offiziell bescheinigt wird. Nachweise von Anfang Oktober sind damit inzwischen unvermittelt abgelaufen. Wissenschaftlich gilt die Entscheidung als umstritten. Der Virologe Hendrik Streeck, Mitglied des Expertenrats der Bundesregierung, kritisierte in der Zeitung "Die Welt": "In der Schweiz wurde der Genesenen-Status jüngst aus guten Gründen auf zwölf Monate verlängert. Dass eben jener Status in Deutschland auf drei Monate verkürzt wird, ist aus meiner wissenschaftlichen Erkenntnis nicht erklärbar." Der Düsseldorfer Immunologe Jörg Timm erläuterte dem Bayerischen Rundfunk, dass die Schutzwirkung einer bereits durchgemachten Infektion (ebenso einer Impfung) bei Omikron deutlich reduziert sei, da sich die Antikörper bei der neuen Variante nicht so gut an das Virus binden.