Saskia Diez ist 44 Jahre alt, Designerin und Unternehmerin – und eine von 40 Frauen, die sich im stern solidarisch für die Frauenquote aussprechen.
Warum bezeichnen Sie sich als Quotenfrau?
Da ich ein eigenes Unternehmen habe, gestalte ich das natürlich so, wie ich selbst das möchte und gut finde. Aber ich weiß, wie es sich anfühlt, als Quotenfrau gebucht zu werden, Lectures zu geben, Workshops, Teil einer Jury zu sein. Das ist manchmal unangenehm, zumindest solange, bis man ernst genommen wird, und manchmal auch hilfreich, weil man eben zu Wort kommt.
Warum finden Sie, dass Deutschland mehr gesetzliche Quoten braucht?
Ich bekomme oft Komplimente, die eine Art Erstaunen beinhalten darüber, wozu ich es gebracht habe, “obwohl” ich eine Frau bin und dazu noch Kinder habe. Ich werde in Interviews gerne gefragt, wie ich das alles denn miteinander vereinbare und wie ich das alles schaffe. Ich finde, das sind sehr berechtigte Fragen, aber so lange es so ist, dass diese Fragen nur Frauen gestellt werden, haben wir ein Problem mit der Gleichberechtigung.
Bitte vervollständigen Sie den Satz: In diesem Moment wusste ich, es geht nicht ohne Quote....
Ich war selbst oft ein wenig skeptisch eingestellt gegenüber dem Thema Frauenquote. Wer möchte schon an eine Position gelangen, weil er ein bestimmtes Geschlecht hat und nicht, weil man besonders geeignet und qualifiziert ist? Ich glaube auch, dass eine Quote auf keinen Fall das Ziel sein sollte – sondern nur ein nötiger Schritt hin zur Gleichberechtigung, in der eine Quote obsolet ist. Aber ohne Quote werden die herrschenden Strukturen kaum aufzubrechen sein.
Wer war warum Ihr Vorbild?
In der Anfangszeit meines Labels habe ich irgendwann mal “Die Kunst, Coco Chanel zu sein” gelesen und erfahren, wie sie irgendwann dahinter kam, dass ihr Unternehmen gar nicht lukrativ war, sondern dass es finanziert war von ihrem Liebhaber, dass sie im Grunde belächelt wurde, zwar liebevoll, aber dass sie eben nicht ernst genommen wurde und wie sie sich dann vornahm, auch finanziell erfolgreich zu werden. Das fand ich sehr inspirierend.
In welcher beruflichen Situation hat Ihnen Ihr Frausein geholfen?
Ich glaube, dass es viele Eigenschaften gibt, die als weiblich gelten, die sehr nützlich sind in meinem Beruf. Eine Sensibilität für Stimmungen, für den nächsten Schritt, für Dinge, die in der Luft liegen, Sinnlichkeit, Wärme. Das ist auch etwas, das Leute spüren, die Liebe, die in den Dingen steckt. Intuition, Weichheit, auch eine Verletzlichkeit im Zusammenspiel im Team, das sehr weiblich geprägt ist, von Zusammenhalt und gegenseitiger Unterstützung.

Und in welcher Situation hat es Sie behindert?
Bei Verhandlungen zum Beispiel, wenn es um Geld, um Konditionen geht. Es gibt immer noch eine Menge zweierlei Maß, das bei Männern und Frauen angelegt wird: Was einem zugesprochen und was einem zugetraut wird. Man muss oft mehr dafür tun, ernst genommen zu werden. Es sind manchmal sichtbarere und manchmal subtilere Unterschiede, ich wurde ein paar Mal von Geschäftspartnern Economy nach Asien geflogen, während für männliche Counterparts für den gleichen Job Businesstickets gezahlt wurden. Ich habe manchmal das Gefühl, unter Männern sind Verhandlungen eher etwas wie ein angesehener Sport, in gemischten Verhandlungen spielen dagegen Dinge wie Macht und Unterordnung eine Rolle.
Uns interessieren auch Ihre Erfahrungen und Ihre Meinung. Wie sieht es in Ihrem Job aus? Könnten Sie mehr Frauen oder Männer gebrauchen? Schreiben Sie uns unter quotenfrau@stern.de