Nach drei Monaten Das 9-Euro-Ticket läuft aus – und ohne günstiges Folgeangebot verpufft sein Erfolg

9-Euro-Ticket
In diesem Sommer sorgte das 9-Euro-Ticket für volle, teils übervolle, Regionalbahnen. Nach dem Ablauf der Aktion dürften sich die Züge und Busse im Nahverkehr wieder leeren
© IMAGO/Frank Sorge
Drei Monate lang konnten Menschen in Deutschland mit dem 9-Euro-Ticket günstig im ganzen Land unterwegs sein. Kommende Woche läuft das Angebot aus. Was hat es gebracht? Eine Befragung liefert Erkenntnisse. 

26 Millionen 9-Euro-Tickets hat die Deutsche Bahn allein über ihre eigenen Kanäle verkauft, wie sie am Sonntag bekannt gab. Wieviele Menschen das Angebot insgesamt genutzt haben, ist noch unklar, weil die Zahlen der regionalen Verkehrsverbünde noch fehlen. Auch dort wurden die Tickets verkauft oder an Zeitkartenbesitzer ausgegeben. Es dürften also noch ein paar Millionen dazu kommen. Das Angebot habe dafür gesorgt, dass Deutschland über den Nahverkehr spreche, lautete die freudige Twitter-Botschaft des Konzerns. Bei den eigenen Mitarbeitern bedankte sich das Unternehmen für den "Kraftakt" der Belegschaft, um den Sommer in vollen Zügen möglich zu machen.

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Dass die Beschäftigten der Bahn nach Darstellung ihrer Gewerkschaften erst einmal heilfroh sind, dass das Angebot kommende Woche ausläuft, ist ein anderes Thema. Zunächst einmal, so die frohe Kunde, hätten unzählige Menschen öffentliche Verkehrsmittel überhaupt erst für sich entdeckt. Ist das 9-Euro-Ticket also der Auftakt einer echten Mobilitätswende? Weg vom Pandemie-Gewinner Pkw und hin zum ÖPNV?

Wenn man sich die jüngste Befragung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) zum 9-Euro-Ticket ansieht, kommt man zu dem Schluss: eher nein. Das DLR-Institut für Verkehrsforschung befragte im Zeitraum von Ende Juni bis Mitte Juli 2022 rund 2.500 Personen. Die Ergebnisse wecken nicht gerade die Hoffnung, dass die Effekte nachhaltig sind.

Großer Zuspruch, aber wenig Lust zu bleiben

Zwar erfuhr das Angebot einen hohen Zuspruch und ist DLR-Projektleiterin Claudia Nobis zufolge "in der Mitte der Gesellschaft angekommen". Und immerhin: Etwas mehr als 60 Prozent gaben an, das Ticket sei ein guter Grund, das Auto stehen zu lassen. Allerdings gaben nur neun Prozent der befragten Ticketinhaber an, dass sie davon ausgehen, den ÖPNV auch nach Ablauf der Aktion häufiger zu nutzen.

Die Menschen, die das Ticket nutzen, hätten hinsichtlich Alter, Bildung, Beruf und Geschlecht zwar eher den gesellschaftlichen Durchschnitt repräsentiert als klassische Zeitkartennutzer, beim Wohnort sieht es allerdings anders aus. Die Nutzer des Aktionstickets leben demnach häufiger in größeren Städten. Wer kein Interesse am 9-Euro-Ticket hatte, war dagegen oft auf dem Land zu Hause, wo das Nahverkehrsangebot häufig deutlich schlechter und Besserung oft nicht in Sicht ist. 

Drei Viertel der Ticketinhaber nutzte es für Fahrten in einem Radius von bis zu 50 Kilometern um den eigenen Wohnort. Ein Viertel legte damit ausschließlich längere Entfernungen zurück. Hier dürfte es eine große Rolle gespielt haben, dass das günstige Ticket vor allem Menschen mit einem schmaleren Geldbeutel überhaupt erst zu Mobilität und bestimmten Reisen verhalf. Da passt es auch ins Bild, dass das Ticket von 60 Prozent der Befragten für Ausflüge und Freizeitaktivitäten am Wochenende genutzt wurde. Mit 18 Prozent nutzte ein vergleichsweise kleiner Anteil das Ticket für den Arbeitsweg. 

9-Euro-Ticket Nutzung
Nutzungszwecke des 9-Euro-Tickets
© Grafik: stern / Daten: DLR-Studie

Nach dem 9-Euro-Ticket: Gutes Folgeangebot ist wichtig

Dass es bundesweit gültig ist, ist neben dem Preis ein weiterer Vorteil des 9-Euro-Tickets. Rund 70 Prozent aller Befragten hielten es laut DLR-Befragung für ein sehr attraktives Angebot, das in seinen Bedingungen klar und einfach verständlich ist. Es erspart die Auseinandersetzung mit den teils sehr unterschiedlichen Tarifangeboten der einzelnen Verkehrsbetreiber und -verbände. In diesem Preis- und Gültigkeitsdschungel den Überblick zu behalten, kann ein Gordischer Knoten sein, der durch das Aktionsticket zumindest für drei Monate zerschlagen wurde. Viele Inhaber eines 9-Euro-Tickets sind zudem nicht bereit, nach Ablauf des Angebots Monatstickets zum normalen Preis zu kaufen. Die weitere ÖPNV-Nutzung machen sie stark vom Preisangebot abhängig. 

Fazit: Um die Leute auch nach dem 9-Euro-Ticket im öffentlichen Nahverkehr zu halten, bräuchte es demnach auch weiterhin ein gut ausgebautes, leicht verständliches und vor allem günstiges ÖPNV-Angebot. Und das ist leider momentan an vielen Orten nicht in Sicht. 

In der Galerie: Die denkmalgeschützte Standsteilbahn führt aus dem Schwarzatal bis Lichtenhain. Auf der Flachstrecke geht es weiter bis Cursdorf, täglich im Halbstundentakt. Das 9-Euro-Ticket ist auf der Thüringer Bergbahn gültig.

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