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Kreuzfahrten Klein und fein: Neue Expeditionsschiffe mischen die Kreuzfahrtbranche auf

Kurs Antarktis: Zwei Pinguine und ein Kreuzfahrtschiff begegnen sich in der Wlhelmina-Bay
Kurs Antarktis: Zwei Pinguine und ein Kreuzfahrtschiff begegnen sich in der Wlhelmina-Bay
© Hurtigruten
Jahrelang ging der Trend zu immer größeren Schiffen mit immer neuen Superlativen. Doch jetzt gibt es eine Gegenbewegung: Einige Reedereien setzen auf kleine Schiffe, die große Häfen meiden und umweltverträglicher unterwegs sind – eine Übersicht.

Ausflug im Schlauchboot statt Stadtrundfahrt im Reisebus oder Anorak statt Smoking, so könnte das Motto einer Seereise mit einem Expeditionsschiff lauten, das in der Arktis oder Antarktis unterwegs ist. Im Gegensatz zu den großen Megalinern mit 6000 Passagieren, Kletterwand und pausenlosem Entertainment, wo das Schiff zum eigentlichen Reiseziel wird, steht bei den kleinen Expi-Schiffen noch die Route im Vordergrund.

Doch das Angebot für das Nischensegment blieb bisher überschaubar. Wenige internationale Anbieter teilten sich den Markt auf. "Jahrelang ist in dem Segment der Expeditionskreuzfahrt kaum etwas passiert", sagt Karl J. Pojer, Vorsitzender der Geschäftsführung von Hapag Lloyd Cruises im Gespräch mit dem stern. Er sieht einen enormen Nachholbedarf in den deutschsprachigen Ländern: "Laut Marktforschung ist das Potential drei Mal so groß wie das Angebot."

Experten-Vorträge statt Musical-Aufführungen

Hapag Lloyd Cruises mischt gerade mit einer neuen Generation von Expeditionsschiffen die Branche auf. Innerhalb weniger Monate hat die Hamburger Reederei die "Hanseatic Nature" und "Hanseatic Inspiration" in Dienst gestellt. Diese fast baugleichen Neubauten kombinieren das Naturerlebnis in abgelegenen Regionen wie zum Beispiel in der Inselwelt der Südsee, in den Polargebieten oder am Oberlauf des Amazonas mit Wissensvermittlung im luxuriösen Ambiente.

Denn statt lauten Musical-Aufführungen und Dinner-Shows stehen Vorträge von Experten wie Biologen oder Glaziologen im Mittelpunkt der Bordunterhaltung. "Die Stars an Bord sind unsere Lektoren", sagt Pojer.

Unverzichtbar bei diesen neuen Entdeckerschiffen sind auch Räumlichkeiten mit Mikroskopen, digitalen Bibliotheken, ob sie nun "Ocean Academy" oder "Science Center" wie an Bord der "Roald Amundsen" von Hurtigruten heißen. Die Norweger fahren mit ihren Postschiffen nicht nur an der Küste bis Spitzbergen zum 80. Breitengrad hinauf, sondern nehmen mit neu konzipierten Schiffen auch Kurs auf Alaska, Antarktika und die Nordwest-Passage.

Auch bei dem für 2020 avisierten Schwesternschiff, der "Fridtjof Nansen", setzt Hurtigruten auf Hybridantrieb: Überschüssige Elektroenergie wird in Batterien gespeichert, mit deren Hilfe das Schiff bei sehr langsamer Fahrt bis zu einer halben Stunde ausschließlich elektrisch und damit fast lautlos durchs Wasser gleiten kann.

Kreuzfahrt im Wandel

Die französische Reederei Ponant hat in den vergangenen zehn Jahren mehr als ein halbes Dutzend Schiffe in die Flotte aufgenommen, die außergewöhnliche Ziele auf allen Kontinenten ansteuern. Die schnittigen Neubauten haben Yachtcharakter und Platz für nur 260 Passagiere.

Die "Celebrity Flora" von Celebrity Cruises wurde für die Erkundung der Galapagos-Inseln konzipiert
Die "Celebrity Flora" von Celebrity Cruises wurde für die Erkundung der Galapagos-Inseln konzipiert
© Press Center Celebrity Cruises

rst im Juni kam die "Le Dumont-d'Urville" dazu, die im Heck über die Blue Eye Lounge verfügt, eine Bar mit großen Bullaugen und Blick in die Unterwasserwelt. Für 2021 plant die Reederei für ihre Polarkreuzfahrten einen Eisbrecher mit Hybridantrieb in Dienst zu stellen.

Noch kleiner und feiner gibt sich die in den Niederlanden gebaut "Celebrity Flora". Mit nur 100 Gästen unternimmt das Schiff einwöchige Kreuzfahrten zwischen den Galapagos-Inseln, die ihren Preis haben: Pro Person und Tag muss man ungefähr mit 1000 Euro rechnen.

Einen spektakulären Kurs haben die australische Scenic Luxury Cruises & Tours eingeschlagen, die bisher für Flusskreuzfahrtschiffe in Europa und Asien bekannt sind: Ihre 168 Meter lange "Scenic Eclipse" hat nicht nur Platz für 228 Passagiere, sondern auch für ein U-Boot und zwei Hubschrauber, mit denen die hinterletzten Ecken des Globus vorgedrungen wird.

Scenic Eclipse
Die "Scenic Eclipse" hat im August 2019 bereits ihre Jungfernfahrt absolviert
© Scenic Luxury Cruises & Tours

Den nicht gerade nachhaltigen Weg mit zwei Hubschraubern an Bord wird ab 2020 auch die "Crystal Endeavor" einschlagen. Die Luxusyacht wird gerade auf den MV Werften in Stralsund gebaut, ebenfalls mit einem ferngesteuertem Unterwasserfahrzeug zum Erkunden von gesunkenen Schiffswracks. Nach Angaben der Reederei ist das Schiff für den amerikanischen Markt gebaut, aber 40 Prozent aller Anfragen kommen aus China.

Hapag-Lloyd Cruises hatte sich bei der Planung ihrer neuen Hanseatic-Flotte bewusst gegen solches Luxusspielzeug ausgesprochen. Stattdessen kündigten die Hamburger an, ab Juli 2020 freiwillig auf den Einsatz von Schweröl zu verzichten und weltweit nur noch mit schwefelarmen Marine Gasöl zu fahren, was den Schwefelausstoß um 80 Prozent reduziert.

Ein Kreuzfahrtschiff fährt durch einen sehr engen Kanal mit behauenen Felswänden

Insgesamt werden in den nächsten Jahren knapp 20 kleine Kreuzfahrtschiffe vom Stapel laufen. In Summe wird das die Kapazitäten in dem Segment der Hochseereisen mit Expeditionscharakter um 6000 Plätze erhöhen – nicht mehr als die Kapazität eines einzelnen Schiffes, wie zum Beispiel der seit Ende 2018 fahrenden "Aida Nova" oder der "MSC Grandiosa", die am 9. November in Hamburg getauft werden soll.

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