Die Konsequenzen des Ukraine-Krieges für Fluggesellschaften und Passagiere sind groß. Nicht nur russische Staatsbürger, die zurück in ihre Heimat reisen möchten, sind betroffen. In der Nacht zum Montag trat mit der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt die Sperrung des Luftraums für russische Flugzeuge über allen EU-Staaten in Kraft. Das gilt für Jets der Aeroflot wie auch für die Privatjets russischer Oligarchen. Bereits am Sonntagnachmittag hatte Deutschland russischen Maschinen den Überflug untersagt. Diese Regelung soll zunächst für die nächsten drei Monate gelten.
Moskau reagierte prompt, zog am Montag nach und hat wiederum seinen Luftraum für Flugzeuge aus mehr als 30 Nationen gesperrt. Neben Deutschland, Österreich, der Schweiz und weiteren europäischen Staaten sind auch kanadische Maschinen betroffen.
Dabei hatten viele Fluggesellschaften kurz nach Ausbruch des russischen Angriffskrieges nicht nur den Luftraum über der Ukraine, sondern auch über Russland gemieden. So befand sich ein Airbus A350 der Lufthansa am Samstagabend auf dem Weg von München nach Seoul schon über Russland, als die Piloten über der Region Perm eine 180-Grad-Kurve flogen und nach München zurückkehrten.
Neben den gekappten Verbindungen nach Moskau und St. Petersburg sind auch alle Flüge nach Fernost betroffen. Denn der Weg über Sibirien gilt als die schnellste Route zu Zielen in Fernost. Für die Überflugrechte und Flugüberwachung auf dieser Route verzeichneten die russischen Behörden gute Devisen-Einnahmen, die nun entfallen.
Umwege über Russland führen zu mehr Emissionen
Durch das Umfliegen des russischen Territoriums weiter südlich verlängern sich Flüge nach Japan, Korea, China und Singapur um bis zu zwei Stunden. Flug- und Einsatzpläne für Crews und Jets müssen kurzfristig geändert werden. Außerdem nimmt durch die Umwege der Kraftstoffverbrauch enorm zu, und die Emissionen steigen dementsprechend.

Besonders betroffen sind Airlines wie Finnair, die sich durch die nördliche Lage ihres Drehkreuzes in Helsinki auf Flüge nach Fernost spezialisiert haben. "Die negativen finanziellen Auswirkungen auf Finnair werden erheblich sein, insbesondere falls die Situation länger anhält", teilte die Fluggesellschaft am Montag mit. "Die meisten unserer Passagier- und Frachtflüge nach Asien werden dadurch wirtschaftlich nicht mehr darstellbar, geschweige denn wettbewerbsfähig bleiben."
Auch Frachtflüge, derzeit das ertragreichste Geschäft der Airlines, sind von den eingeleiteten Maßnahmen stark betroffen. Wegen des höheren Kerosinbedarfs können die Jets zwischen 5 und 20 Prozent weniger Fracht laden, was zu einem geringeren Platzangebot führe, heißt es bei Lufthansa Cargo. Daher sind auf der Südroute nach Asien zusätzliche Tankstopps fällig. Und auch die alte Polroute nach Japan, als die Jumbojets mit noch geringerer Reichweite via Anchorage in Alaska flogen, sind wieder im Gespräch.
Ungeachtet der momentanen Situation nutzen weiterhin chinesische Jets den russischen Luftraum auf ihren Flügen nach Europa. Die Maschinen von Air China, China Southern, China Eastern oder Hainan Airlines sind schneller und kostengünstiger im Vergleich zu westlichen Airlines unterwegs.
Diese Airlines profitieren
Auch Emirates fliegt weiterhin zweimal täglich mit dem Airbus A380 von Dubai nach Moskau und zurück und hält einmal am Tag die Verbindung nach St. Petersburg aufrecht.
Von der Krise profitiert auch Turkish Airlines, die ein dichtes Streckennetz nach Osteuropa und Russland unterhält. Ausschließlich mit Großraumflugzeugen geht es zum Beispiel auch diese Woche bis zu viermal am Tag nach Moskau-Wnukowo. So können sich Personen mit Umsteigen in Istanbul oder Dubai zwischen Westeuropa und Moskau noch relativ einfach hin- und herbewegen.

Tui-Hauptaktionär vom Reiseverbot betroffen
Noch vollkommen offen sind die Konsequenzen für das Reiseunternehmen Tui in Hannover. Der mit Abstand größte Aktionär und Unterstützer des durch die Pandemie finanziell stark gebeutelten Konzerns ist der russische Geschäftsmann Alexej Alexandrowitsch Mordaschow, dem 34 Prozent der Anteile gehören. Inzwischen steht der Oligarch auch auf der Liste mit den Namen reicher Russen, gegen die die EU Sanktionen (Durchführungsverordnung EU 2022/336 des Rates) verhängt hat.
Er trage die "Verantwortung für die Bereitstellung finanzieller und materieller Unterstützung und profitiert von russischen Entscheidungsträgern, die für die Annexion der Krim oder die Destabilisierung der Ukraine verantwortlich sind", heißt es in der Begründung. "Daher ist er für die Unterstützung von Handlungen oder politischen Maßnahmen verantwortlich, die die territoriale Unversehrtheit, die Souveränität und die Unabhängigkeit der Ukraine untergraben."