Asien Wo Glück mehr wert ist, als Geld: Eine Reise durch das Königreich Bhutan

Das Königreich Bhutan gilt als Reiseziel der Extraklasse – und zwar nicht nur wegen den hohen Preisen
Das Königreich Bhutan gilt als Reiseziel der Extraklasse – und zwar nicht nur wegen den hohen Preisen
© Khoa Nguyen / Getty Images
Bhutan kennt man vor allem durch seine besondere Beziehung zum Glück. Doch das Königreich am Rande des Himalayas hat noch mehr zu bieten, oder? Wir haben bei dem Tourismusminister nachgefragt. 

Das Königreich Bhutan am östlichen Rand des Himalayas ist für die meisten Menschen ein ewiges Mysterium. Obwohl sich das Land langsam für den Tourismus öffnet, möchte man es dort anders machen, als in Nepal oder Indien. Die nahezu unberührte Natur besteht aus malerischen Bergen und Tälern – und liegt den knapp 800.000 Einwohnern sehr am Herzen. Genauso übrigens wie das Glück, das in dem buddhistischen Land deutlich mehr wert zu sein scheint, als Geld. Aber wie lebt und reist es sich durch diesen unentdeckten Fleck Erde? Dorji Dhradhul, der Tourismusminister des Landes, hat uns im Gespräch mit dem stern auf eine Reise durch seine Heimat mitgenommen.

"Bhutan ist eine Mischung aus lebendiger Kultur, atemberaubenden Landschaften und aufregenden Abenteueraktivitäten", wirbt der Minister für sein Land. Und je mehr er über den Ort spricht, an dem er aufgewachsen ist, desto klarer wird, wie wichtig dieser ihm ist. Die Drukpa, wie sich die Einheimischen nennen, sind generell sehr heimatverbunden. Nicht umsonst ist der Schutz der Umwelt gleich mehrfach in der Verfassung verankert. So ist zum Beispiel festgelegt, dass 60 Prozent der Landesfläche bewaldet sein muss, außerdem wird zunehmend in klimafreundliche Energie und Unterkünfte investiert. 

Das Umweltbewusstsein hat aber auch Auswirkungen auf den Tourismus: "Wir wollen, dass die Menschen Bhutan durch sein lebendiges und geschichtsträchtiges kulturelles und buddhistisches Erbe sowie durch Aktivitäten wie Wandern, Trekking, Vogelbeobachtung, Fischen (fangen und wieder freilassen), Wasserrafting und das Eintauchen in das lokale Leben der Menschen kennenlernen", erklärt Dhradhul. Das sei auch der Grund für die starke Regulierung der Besucherströme. Die findet in dem Königreich nicht etwa durch begrenzte Angebote statt, sondern wird über den Preis geregelt. 

Bhutan macht Urlaub richtig teuer 

Eine Reise nach Bhutan bietet viele Möglichkeiten, einmalige Einblicke in eine geheimnisvolle Welt – aber auch eine große Lücke im Geldbeutel. So müssen Touristen neben der Unterkunft und Verpflegung vor Ort eine Einreisegebühr in Höhe von 40 US-Dollar zahlen – und seit gut einem Jahr auch eine sogenannte "Gebühr für nachhaltige Entwicklung" in Höhe von rund 100 Euro pro Tag. Darin ist immerhin auch ein Guide erhalten, ohne den man das Königreich ohnehin nicht erkunden darf. 

Dorji Dhradhul ist seit Januar 2019 Generaldirektor des Ministeriums für Tourismus in Bhutan – und will sein Land für mehr Besucher zugänglich machen
Dorji Dhradhul ist seit Januar 2019 Generaldirektor des Ministeriums für Tourismus in Bhutan – und will sein Land für mehr Besucher zugänglich machen

Das mag im ersten Moment wenig verlockend klingen. Aber: "Mit dieser Strategie will Bhutan die negativen Auswirkungen des Tourismus, wie Umweltzerstörung, kulturelle Erosion und soziale Verwerfungen, minimieren", sagt  zumindest der Tourismusminister. Alles Dinge, unter denen etliche Reiseziele von Spanien bis nach Asien heutzutage leiden. Und wer Bhutan wirklich erleben möchte, der lässt sich auch von den Gebühren nicht abhalten. Im vergangenen Jahr haben immerhin 115.000 Besucher den Weg dorthin gefunden. 

Viel mehr sollen es auch in den nächsten Jahren nicht werden, wenn es nach dem Tourismusminister geht. Weniger aber eben auch nicht, denn die Menschen freuen sich über ausländische Besucher, denen sie ihre Kultur und die Besonderheiten ihrer Landschaft zeigen können. Eine Sache, die man von den Drukpa definitiv lernen kann, ist ihr Umgang mit Glück. Das wird in Bhutan nämlich gemessen, wie hierzulande das Bruttoinlandsprodukt. Man könnte also meinen – trotz der hohen Gebühren – ist in dem Königreich Glück mehr wert als Geld.

Was Glück in Bhutan wirklich bedeutet

Das sogenannte Bruttonationalglück besteht aus vier Säulen: Förderung einer nachhaltigen Entwicklung, Erhaltung und Förderung kultureller Werte, Erhaltung der natürlichen Umwelt und Schaffung einer guten Regierungsführung. "Das bedeutet aber nicht, dass Geld bei uns keine Rolle spielt. Es heißt lediglich, dass das allgemeine Wohlergehen der Bevölkerung ebenso wichtig ist, und dass es in der Verantwortung des Staates liegt, dafür zu sorgen, dass alle Bedingungen dafür gegeben sind", sagt Dhradhul.

Die Drupka schöpfen jede Menge Kraft aus ihrer Lebenswelt und der Kultur. Das kann man als Besucher an jeder Ecke des Königsreichs spüren. Sei es bei einem Besuch im Paro Taktsang, dem wohl bekanntesten bhutanischen Kloster an den Klippen des Himalayas. Oder bei einer Wanderung durch Bumthang, das Tal in Zentralbhutan, das wegen der unberührten Mischung aus prachtvollen Bergen und lieblichen Tälern auch als "Schweiz von Bhutan" bekannt ist. 

"Bei einem Ausflug in das Hochland von Merak und Sakteng in Trashigang können Reisende die einzigartige Lebensweise der Hochlandbewohner kennenlernen", ergänzt der Tourismusminister. Zu seinen Highlights bei einer Reise nach Bhutan gehören außerdem die historische Festung Punakha Dzong, die Gasa Hot Springs und das Kunsthandwerk von Khoma in Lhuentse. 

Gastfreundschaft und Wunschtouristen

Zwar gebe es mittlerweile einige Hotels in Bhutan, aber wer wirklich ein Gefühl für die Lebensweise der Einwohner bekommen möchte, der sollte sich bei einer Gastfamilie anmelden: "Auch wenn die Unterbringung in einer Gastfamilie nicht den Komfort von Hotels und Resorts bietet, können Sie an den täglichen Ritualen der bhutanischen Dorfbewohner teilhaben und sich zusammen mit anderen Bauern am Anbau und an der Ernte beteiligen, Obst und Gemüse der Saison pflücken und authentische bhutanische Gerichte essen, die nicht durch Restaurantrezepte verdorben sind." 

In Bhutan freuen sich die Bewohner über Gäste und heißen sie oft mit offenen Armen willkommen. Luxus darf man dort aber nicht erwarten – wer bei einem Bauern unterkommt, der bekommt zwar das schönste Zimmer, aber hat oftmals weder Internet noch warmes Wasser. Die Bhutanis sind kein reiches Volk. Trotzdem gibt es immer mehr Einheimische, die ihr Zuhause für Besucher öffnen. Das liegt auch daran, dass die Regierung lokale Tourismusprojekte fördert und damit die Einheimischen aktiv an der Gestaltung teilhaben lässt. "Dieser Ansatz fördert das Verantwortungsbewusstsein der Einheimischen und ermutigt sie, ihre natürliche Umgebung aktiv zu schützen und zu erhalten", sagt Dhradhul. 

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Bewohner Bhutans genaue Vorstellungen haben, wie die Touristen so sind, die ihr heiliges Land besuchen. Laut dem Tourismusminister wird neben dem Respekt der Kultur gegenüber, der eigentlich überall auf der Welt selbstverständlich sein sollte, auch gern gesehen, wenn man sich kleidungstechnisch anpasst: "Die Nationaltracht, Gho für Männer und Kira für Frauen, ist von großer kultureller Bedeutung für uns." Es gebe zwar keine Pflicht zum Tragen der Gewänder, aber es sei erwünscht. Ebenfalls wie das Einhalten von Bräuchen, wie beispielsweise diesem: "Wir umrunden religiöse Strukturen immer im Uhrzeigersinn." Die Phallus-Symbole, die in Bhutan etliche Bauwerke schmücken, sollte man außerdem nicht allzu sexuell deuten – sie dienen hier eher dem Schutz vor Schmach. 

Wer nach Bhutan reist, muss dafür tief in die Tasche greifen. Dafür bekommt er aber einen Einblick in eine Welt, in der vieles anders läuft. Die Umwelt hat einen höheren Stellenwert, als Konsum und Kaufkraft, Glück ist mindestens genauso wichtig wie Geld und ansonsten beschränkt man sich auf das einfache und friedliche Miteinander. Ja, Bhutan ist Luxus-Urlaub, aber eben ohne Oberflächlichkeiten. Dafür mit unberührter Natur und authentischen Begegnungen. Und dadurch vielleicht genau der Ort, von dem wir noch viel lernen können.

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