Fluggäste der Lufthansa, deren Reisen nicht über die Drehkreuze in Frankfurt oder München führen, wissen von der Änderung: Im Laufe des vorigen Jahres wurden alle dezentralen Flüge, sei es ab Düsseldorf, Berlin, Stuttgart oder Hamburg, auf die Tochtergesellschaft Germanwings übertragen.
In Hamburg begann der Umstellungsprozess bereits im Sommer 2013. Seitdem müssen sich die Passagiere der günstigsten Reiseklasse das Minimum an Gastfreundschaft in Form eines Snacks und Getränks an Bord erkaufen. Aber das sind für mich eher Kleinigkeiten. Bemerkenswerter finde ich drei Tatsachen: Endlich kann man auf den früher von Lufthansa beflogen Strecken auch bezahlbare One-Way-Tickets kaufen, wie es bei der Konkurrenz schon lange üblich ist. Zweitens lässt sich bei Germanwings die Bordkarte bereits 72 Stunden vor Abflug zu Hause ausdrucken oder aufs Smartphone beamen - und nicht erst 23 Stunden zuvor wie bei Lufthansa. Und drittens hat Germanwings das Fliegen unterm Strich billiger gemacht, nicht nur gefühlt: Auf einigen Routen kostete das Ticket nur 33 Euro.
Also alles bestens beim neuen Miteinander von Lufthansa und Germanwings? Mitnichten. Denn die Tücke steckt nicht nur im Detail, sondern im Alltag, bei ganz profanen Dingen wie Flugbuchung und Gepäckaufgabe - zwei Prozesse, die bei Fluggesellschaften eigentlich reibungslos funktionieren sollten. Doch der Reihe nach.
Schwierige Flugbuchung von Mutter und Tochter
Als ich vor wenigen Tagen auf lufthansa.com einen Gabelflug buchen wollte, uferte der Routinevorgang zu einem zeitaufreibenden Akt aus, der mich fast ins Reisebüro getrieben hätte - nur war es leider am Wochenende.
Auf der Homepage finde ich eine Verbindung mit Lufthansa von Hamburg via München zu meinem Ziel in Norditalien. Zurück nach Hamburg geht es wie gewünscht ab Spanien mit einer Nonstop-Verbindung und Germanwings-Flugnummer. Prima. Doch nach dem Log-in und der Eingabe der Zahlungsmodalitäten erfolgt keine Buchung, sondern eine technische Fehlermeldung. Ich probiere das Ganze zwei Stunden später noch einmal - leider mit demselben frustrierenden Ergebnis.
Also rufe ich das Callcenter für Hilfe bei der Onlinebuchung an. Nach der Warteschleife, die mich über alle neuen Premium-Errungenschaften der Lufthansa belehrt, spiele ich mit einer Dame am anderen Ende der Leitung ein drittes Mal Schritt für Schritt die Buchung durch. Sie verlangt nach meinem Passwort und der Kartenprüfnummer meiner Kreditkarte, die ich rausrücke - und mich über mich selbst wundern muss. Doch meine Datenoffenheit hilft mir nicht weiter: wieder Fehlanzeige an derselben Stelle. "Stimmt vielleicht mit Ihrer Kreditkarte etwas nicht?", kommt die befürchtete Frage. Nein. Sie vertröstet mich, müsse sich beraten und schickt mich in die Warteschleife.
Eine gefühlte Ewigkeit später meldet sie sich mit der Bitte, dass ich mich an die telefonische Buchungszentrale wenden soll. Dafür verrät sie mir einen längeren Code, damit ich nicht zusätzlich 30 Euro "Ticketausstellungsgebühr" bezahlen muss, die bei telefonischen Buchungen fällig wird.
Der Mitarbeiterin der nächsten Hotline gebe ich wieder meine Reisewünsche durch - und sie kann die Hin- und Rückflüge tatsächlich reservieren, wie sie mir drei Stunden zuvor auf der Website angezeigt wurden. Doch den Spezialcode möchte sie gar nicht hören. Mit den Schwierigkeiten der Buchungskombination von Lufthansa und Billigflugableger scheint sie recht vertraut zu sein. "Wir wissen, dass es ein Problem mit Germanwings gibt", sagt sie kurz.
Mehr als eineinhalb Jahre nach der ersten Umstellung kommen Mutter- und Tochter-Firma bei der Webbuchung nicht miteinander klar. Dabei hieß es erst Anfang des Jahres 2015 in einer Pressemitteilung von Lufthansa, nachdem die letzte Strecke nach Zürich am Flughafen Düsseldorf auf Germanwings übertragen war: "Eines der größten Strukturprojekte der Unternehmensgeschichte wurde damit erfolgreich und fristgerecht abgeschlossen."
Meine Buchungsbestätigung sollte ich übrigens sofort erhalten. Auch am nächsten Morgen wartete ich noch vergebens auf die E-Mail. Ich rief erneut im Callcenter an, hatte mir am Tag zuvor zum Glück die sechsstellige Buchungsnummer notiert. Dann klappte es mit der schriftlichen Bestätigung. Nach 13 Stunden war das Thema endlich durch.
Das Problem: Beide Fluggesellschaften arbeiten mit unterschiedlichen Computerreservierungssystemen: Lufthansa mit Amadeus, Germanwings mit Navitaire. Doch deren "hochkomplexes" Zusammenspiel, so ein Pressesprecher, bereitet den Informatikern noch immer Kopfschmerzen - und auch den Kunden. Nun sehe ich auch meine merkwürdige Kofferabgabe beim Flug in die Weihnachtsferien in ganz anderem Licht.
Schöne Bescherung am 24. Dezember
Es war am Vormittag von Heiligabend 2014. Da meine Weihnachtsgeschenke aus mehr als nur Gutscheinen bestanden, hatte ich neun Tage vor Abflug für 15 Euro ein Gepäckstück zu meinem Basic-Ticket nachträglich online dazugebucht und auch bezahlt. Nach dem erfolgten Online-Check-in ging ich am Hamburger Flughafen zur Gepäckabgabe von Germanwings und stellte das Bodenpersonal vor eine unerwartete Herausforderung. "Sie können ihren Koffer nicht aufgeben. Sie müssen erst zum Ticketschalter." Ach so, bin ich etwa der erste Passagier, der einen Koffer aufgeben möchte?
Auch dort nur großes Unverständnis: Ich händige meinen Buchungscode aus, ernte Kopfschütteln und soll zum Gepäckschalter gehen, die würden das klären. Doch auf ein endloses Hin und Her zwischen den Schaltern ist mir am Weihnachtstag nicht zumute. Schließlich kann ich die Dame zum Handeln überzeugen: Sie greift zum Telefon, redet mit Kollegen von Germanwings, mit weiteren am Gepäckschalter, und ich trotte anschließend mit meinem Koffer wieder zur Gepäckabgabeschlange.
Um es kurz zu machen: Der Koffer flog mit, den Weihnachtsabend verbrachte ich doch noch im Kreis meiner Familie. Allerdings war den Mitarbeitern am Check-in dabei nicht wohl in ihrer Haut: Sie könnten "meine Reservierung im System nicht einsehen", sagte mir entschuldigend der Herr am Tresen. "Wir sind nämlich Lufthanseaten, für den Check-in an Germanwings ausgeliehen und arbeiten mit einem ganz anderen Reservierungssystem." Wie bitte? Eine verkehrte Welt: War die neue Germanwings nicht angetreten, um per Outsourcing am Boden und in der Luft alles billiger zu erledigen?
Was für eine schöne Bescherung am Heiligabend. Bis zum nahtlosen Reisen, dem "seamless travel", wie es in der Marketing-Sprache der Airliner beworben wird, ist es noch ein langer Weg. Bald wird die Verwirrung noch größer: Ab sofort gesellt sich eine weitere Tochterfirma der Lufthansa dazu: Der Billigflieger Eurowings vermarktet die Flüge für Germanwings. Ich bin gespannt, wie reibungslos dann die Flugbuchung funktionieren wird.