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Von gratis bis gar nix Wie Fluggesellschaften mit dem Essen Konkurrenzkampf machen

Aufgetischt: Nur noch bei Langstreckenflügen sind Essen und Getränke im Flugpreis inbegriffen.
Aufgetischt: Nur noch bei Langstreckenflügen sind Essen und Getränke im Flugpreis inbegriffen.
© Getty Images
Nicht nur Billigflieger, auch British Airways teilt auf Europa-Strecken kein kostenloses Bordessen mehr aus. Mahlzeiten gibt es nur noch gegen Geld. Die Entwicklung geht hin zu besserer Qualität. Ein weiterer Trend erfreut die Passagiere.

Wenn nach dem Erreichen der Reiseflughöhe die Flugbegleiter ihre Trolleys durch den Gang schieben, klappen die Passagiere nicht mehr automatisch ihre Tischchen aus den Rücklehnen herunter. Sie wissen: Die Zeiten kulinarischer Höhenflüge über den Wolken sind längst vorbei. Für Getränke und Essen muss gezahlt werden. Die Billigflieger Easyjet, Ryanair und Eurowings haben es vorgemacht: Runter mit den Ticketpreisen, für Drinks und Bord-Snacks wird dagegen abkassiert.

Das Rezept der Zusatzeinnahmen, nämlich für jedes aufgegebene Gepäckstück und jeden vorab reservierten Sitzplatz Geld zu verlangen, wird von immer mehr Fluggesellschaften auch bei der Bordverpflegung angewendet. Aber die diätischen Sparmaßnahmen der Airlines haben die Talsohle durchschritten: Wer in sein Essen investiert, findet auf seinem Tablett bessere Qualität als bei der Gratiskost.

"Es gibt einen deutlichen Trend zu mehr Verkauf an Bord", sagt Robin Padgett, der Vorstandvorsitzende des Catering-Unternehmens Dnata aus Dubai, im Gespräch mit dem stern. "Neben den Zusatzerlösen geht es den großen Linienfluggesellschaften darum, dass ihre Kunden zufriedener sind". Das Kalkül dabei: Wenn man etwas in Massen verschenkt, muss es billig sein. Das kann durchaus nach hinten losgehen. Anders beim Verkauf der Bordverpflegung: "Wenn ein Fluggast es nicht will, kauft er es nicht", sagt Padgett. "Schon mit einem Flug weiß die Airline, was der Kunde mag und was nicht."

Nach seiner Meinung ist British Airways nur die erste der großen traditionellen Fluggesellschaften, die diesen Schritt in Europa gewagt haben. Weitere Airlines werden seiner Meinung diesen Weg einschlagen, wie es Eurowings bereits auf Kurz- und bei Langstreckenflügen mit dem Bordverkauf von Essen und unterschiedlichen Tarifen mit und ohne Menüs praktiziert.

Eine Tasse Tee für 2,75 Euro

Die Briten verlangen zum Beispiel für ein "Sandwich mit geräuchertem britischen Bacon", das warm serviert wird, umgerechnet 5,70 Euro und für einen Becher Breakfast Tea 2,75 Euro. Die Bezahlung kann nur per Karte erfolgen. Der Ferienflieger Condor berechnet 4,99 Euro für ein Pastagericht, das "Premiummenü" schlägt mit einem Preis ab 11,99 Euro zu Buche. Diese Menüs müssen bis 24 Stunden vor Abflug bestellt werden.

Flugzeugessen
Auf Vorbestellung und gegen Bezahlung: Premium-Essen an Bord von Condor auf der Langstrecke.
© Till Bartels

Die Entwicklung an Bord in den USA ist schon einen Schritt weiter. Die großen Airlines haben auf längeren Inlandsstrecken wie von New York nach San Francisco wieder kostenlose Snacks eingeführt. "Die wollen sich von anderen Mitbewerbern abheben", sagt Padgett. Die großen Drei - American, Delta und United Airlines - möchten sich von Billigfliegern wie South West und Jet Blue abgrenzen.

Arabische Gastfreundschaft

Immer noch besser gedeckt, sieht das Klapptischchen bei Langstreckenflügen aus. Mit Ausnahme der Newcomer wie Norwegian und Wow Air via Island sind Verpflegung und Getränke noch im Ticketpreis inbegriffen, auch das eine oder andere Gläschen Wein zum Essen.

Gerade Fluggesellschaften aus den Golf-Staaten setzten neben erhöhten Freigepäckregeln auf gute Verpflegung. Das hängt auch mit dem Verständnis von Gastfreundschaft und dem hohen Stellenwert von Essen in den Emiraten zusammen: "Wenn alles aufgegessen ist und auf dem Teller nichts übrig bleibt, dann war es ein schlechter Gastgeber", sagt Padgett. Gespart wird bei Emirates, Qatar Airways und Turkish Airlines anderswo, aber nicht an der Verpflegung.

Weltweit gibt es auch erheblich Unterschiede. So ist der Trend zu regionaler Küche an Bord zu beobachten, die Airlines wollen mit ihrem Essensangebot zeigen, wo ihre Wurzeln liegen, "praktisch eine Gegenbewegung zur Globalisierung", erklärt der Catering-Experte, dessen Firma mehr als 300.000 Flugzeugessen pro Tag an 62 Flughäfen weltweit ausliefert. Vor 20 Jahren wollten die Airlines noch international und kosmopolitisch auftreten, jetzt besinnen sie sich ihrer regionaler Identität.

Bring your own food

Auch hat die Bestellung von Sonderessen wie vegetarische, glutenfreie oder vegane Kost zugenommen. Früher war die Auswahl nur religiös und kulturell begründet, jetzt spielen auch Lifestyle-Motive eine Rolle. Auch sei der Konsum von Alkohol an Bord der Flugzeuge zurückgegangen, nennt der Chef von Dnata einen der global zu beobachtenden Trends.

In Europa ist auf Kurz- und Mittelstrecken ein weiteres Phänomen zu beobachten: Während des Flugs holen die Passagiere ihre mit an Bord gebrachten Speisen hervor. Plötzlich riecht es in der Kabine nach der Wurststulle vom Sitznachbarn.

In Asien wäre so ein Verhalten bei einem Flug mit einem Billigflieger undenkbar: Dort dürfen die Passagiere nur das verzehren, was auch im Bord erworben wurde. Dort passen die Flugbegleiter von Air Asia genau auf und zwingen einen, die kulinarischen Mitbringsel rasch wieder im Handgepäck verschwinden zu lassen.

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